Man soll seine LeserInnen ja pfleglich behandeln, und das
sollten Sie von uns auch gewohnt sein. Aber diesmal müssen wir Sie
doch ein klein wenig schelten: Unlängst haben wir an dieser Stelle
gemutmaßt, FELICIA'S JOURNEY (zu Deutsch FELICIA, MEIN ENGEL), den
neuesten Film von Atom Egoyan, müssten wir Ihnen wohl nicht noch
ausdrücklich empfehlen, da gingen Sie gewiss sowieso hinein. Nun,
danach zu schließen, wie kurz der in München nur lief, haben Sie
uns da schwer enttäuscht. Aber es ist ja noch nicht aller Tage
Abend, es gibt ja noch das liebe, gute Werkstattkino. Als seien
seine Verdienste nicht ohnehin schon zahlreich genug, bietet es
Ihnen, verehrte LeserInnen, die Gelegenheit, alles wieder gut zu
machen. Noch einmal haben Sie eine Woche Gelegenheit, sich von
Meister Egoyan mal wieder aufs wunderschönste ein wenig deprimieren
zu lassen. Doch, doch, keine Widerrede, das muss immer mal wieder
sein. Also, hurtig hinein, damit unsere Hochachtung vor Ihnen dann
wieder in ungebrochener Gänze erstrahlen kann. (Und wenn Sie
schon dabei sind, beim Aufarbeiten von Vernachlässigtem, dann
können Sie im Neuen Arena am Wochenende auch gleich noch
nachprüfen, ob denn Meister Polanski in THE NINTH GATE nicht doch
bisher unentdeckte Tiefen versteckt hat - wir haben da so unsere
starken Vermutungen...) (FELICIA'S JOURNEY (OmU): Werkstattkino, Fr.-Di. 22:30 THE NINTH GATE (OF): Neues
Arena, Do.-Sa. 22:45)
Film ist Kunst. Das steht für uns außer Frage. Und zwar bei
weitem nicht nur da, wo "Filmkunst" draufsteht. Vereinzelt soll
sich's aber noch nicht ganz rumgesprochen haben, und so ist's
löblich, dass das Filmmuseum immer wieder mal die Brücke schlägt zu
dem, was im Münchner Kulturbetrieb offiziell unter Kunst mit großem
K sortiert ist. Diesmal werden (um uns jetzt mal ein bisserl in
Kulturbetriebs-Sprech zu üben) Synergien genutzt mit dem
Ausstellungsprojekt "Die verletzte Diva". Wenn Sie zu dem etwas
wissen wollen, dann verweisen wir Sie ganz furchtbar synergetisch
an die sachkundigen Menschen von artechock-kunst, die da bestimmt liebend gerne Auskunft
geben. Wir führen hier nur ein wenig etwas aus zu den Filmen, die
begleitend zur Ausstellung im Filmmuseum laufen. Da ist so
richtige Kunst mit dabei wie Matthew Barneys am selben Ort bereits
mehrmals ausverkaufter CREMASTER 4. (Wobei wir persönlich da ja am
Vorfilm, SCORPIO RISING vom berühmt-berüchtigten "Hollywood
Babylon"-Autoren und Vorzeige-Satanisten Kenneth Anger, ungleich
mehr interessiert sind.) Oder Romuald Karmakars Abfilmung der
Flatz-Performance DEMONTAGE IX. Kunstfilme gibt's auch, DIVA
DOLOROSA zum B., oder FREAK ORLANDO. Wenn wir aber zur Auswahl
raten sollten an diesem vollgepackten Wochenende, dann würden wir
doch mehr jene Sachen empfehlen, die sich des Kinos weniger
schämen. Die allenfalls Filmkunst sind, wie Paul Schraders MISHIMA
(hinter dem wir selbst geraume Zeit schon her sind), oder David
Cronenbergs großartig verstörender CRASH. Oder die im Kontext des
klassischen Hollywood-Unterhaltungskinos ihre Kunst ohne großen
Trara einfach eingeschmuggelt haben: FLESH AND THE DEVIL und THE
SCARLET EMPRESS, mit der Garbo und der Dietrich, respektive. Denn
es kann nie schaden, sich solch große Diven erst auch mal
unverletzt anzuschauen. (Die verletzte Diva - Körper/Kult:
Filmmuseum, Fr.-Mo., Titel und Zeiten siehe Programm)
Weil wir gerade bei Kunst sind: Das kommt, wie alle Sachsen
wissen, von Gönnen. Und kaum einer beherrscht die Kunst, sich was
zu Gönnen, so sehr als wie der Herr Oehmann. Doch, glauben Sie's
uns, der kann das. Erst neulich z. Beispiel, da hat er sich... aber
lassen wir das, Sie müssen unserer Auskunft da einfach so
vertrauen. Wenn Sie das Gönnen noch nicht so recht drauf haben,
dann nehmen Sie sich ein Vorbild an diesem Meister. Tun Sie's ihm
gleich, und folgen Sie einfach diese Woche seinem klassischen
Rat: "Samstags Fußball, Sonntag Lindenstraße."
Viel Spaß dabei wünscht
Die
Artechock-Redaktion
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