Unsere Nachbarn, die Polen |
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ALL THAT I LOVE: Zum Beispiel nicht das Militär, sondern den Punk |
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Polen ist unser Nachbarland, das vergisst man gerne mal in München, wo ja vor allem die Italiener und Österreicher als Nachbarn gelten, die Schweizer nehmen da schon eine eher unnahbare, unnachbarschaftliche Position ein. Und in Richtung Osten drängt sich unvermeidlich Tschechien in die Route von München nach Warschau. Polen ist also aus bayerischer Perspektive recht weit entfernt. Ganz anders in Berlin und Umgebung, wo direkt an Polen gegrenzt wird, wo zweisprachige Ortschilder den Wechsel vom Deutschen übers Sorbische ins Polnische erlebbare geographische Sprachverwandlung sind.
Seit nunmehr fünf Jahren gibt es FilmPolska in Berlin, ein Festival für den jungen polnischen Film. Jetzt findet es zum ersten Mal seinen Weg in die bayerische Provinz, fernab von Polen, und ist an fünf Tagen im Münchner Gabriel Filmtheater zu Gast. Veranstalter ist ein Verein mit dem passenden Namen »Ahoj Nachbarn«, der eine Auswahl an Filmen zusammengestellt hat, die Polen den Münchner näher bringen soll. Der Schwerpunkt liegt dabei ganz auf junge, hierzulande zwangsläufig noch unbekannte polnische Filmemachern, die »noch am Anfang ihrer Karriere stehen und doch die Filmszene unseres Nachbarlandes ganz entscheidend prägen«, so FilmPolska.
Dementsprechend jung und frisch sind die gezeigten Filme. Ob die Nähe zu Punkbands wie in dem Eröffnungsfilm All That I Love (Eröffnung am Mittwoch, 23.11. um 19.30 Uhr), Jungs im Teenager-Alter (Mother Teresa of Cats, Donnerstag, 24.11., 18.30 Uhr), eine junge Familie (The Christening, Freitag, 25.11., 18.30 Uhr) oder mit einem anti-kriegerisch gemeinten »Fuck Off«-Tattoo auf der Stirn wie in dem Film Made in Poland (Samstag, 26.11., 18.30 Uhr) – sie sind geprägt vom nonkonformen Stürmen und Drängen der ersten in der unabhängigen Republik aufgewachsenen Generation, zeugen von in der Realität verankerten Träumen, wagen sich im Genrekino und haben allesamt die Schwere und den Symbolismus der Kino-Väter Wajda und Kieslowski hinter sich gelassen.
Dass die junge Generation Polens vieles leichter nehmen kann und will als die vorhergehende Generation, zeigen auch die Dokumentarfilme des Programms. Rabbit à la Berlin ist ein im Stil der alten DDR-Tierdokumentarfilme gedrehter Kommentar auf den Fall der Berliner Mauer – aus der Sicht der Todesstreifen-Wildkaninchen, die sich plötzlich ungeahnten Freiheiten ausgesetzt finden (Dokumentarfilmprogramm am Samstag, 26.11. um 16 Uhr). – db
FilmPolska, München, Gabriel Filmtheater, 23.11.-27.11.2011 Das Programm mit allen Filmen, Spieldaten und Sonderveranstaltungen findet sich auf der Website von FilmPolska München. Der Eintritt ist 7 bzw. 5 Euro (ermäßigt), einen Festivalpass gibt es für 30 Euro.