Gestatten: OSS 117 |
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Kennen Sie diesen Herrn? Es ist Jean Dujardin alias Agent OSS 117 |
Von Dunja Bialas
Normalerweise geben wir ja nicht so viel auf die Oscars. Aber diesmal war es schon etwas Besonderes: The Artist räumte ab und erhielt fünf Trophäen, unter anderem in der Kategorie »Bester Film«, »Beste Regie« und »Bester Hauptdarsteller«. Dass ein Stummfilm im Jahr 2012 derartige Begeisterungsstürme hervorrufen kann, ist schon erstaunlich. Das kann nicht allein mit dem Hinweis auf die neue Retro-Welle um Hugo Cabret und My Week with Marilyn begründet werden. The Artist ist mit einem überaus attraktiven Accessoire-Charakter ausgestattet: elegantes Schwarzweiß, Golden-Twenities-Frisuren, strahlendes Zahnweißlachen, flotte Tänze. Unter seiner glanzvollen Oberfläche birgt The Artist aber auch ein Geheimnis des Unwiderstehlichen, eine Anziehungskraft, der man sich kaum widersetzen kann.
Regisseur Michel Hazanavicius hat vor The Artist nur drei Filme gemacht, zwei davon sind Agentenparodien mit dem charismatischen Jean Dujardin als Agent OSS 117. Er spielt den Geheimagenten Hubert Bonisseur de la Bath, eine Figur, die sich der Schriftsteller Jean Bruce ausgedacht hat. De la Bath steht im Dienste des historischen »OSS«, dem Office of Strategic Services, dem US-Nachrichtendienst der letzten Kriegsjahre, wo er mit trickreichen Mitteln Spionage abwehrt und Sabotage verhindert. Es gab zahlreiche Folgen der Romanserie, die Bruce 1949 begonnen hat und die so erfolgreich war, dass nach seinem Tod zuerst seine Frau und später seine Kinder sich weitere Herausforderungen für den Super-Agenten ausdachten. Erst 1996 erschien das letzte als Buch veröffentlichte Agenten-Abenteuer.
Es gab auch eine intensive Zeit der Verfilmungen. Ab 1956 entstanden die ersten Filme mit Agent OSS 117 – die James-Bond-Filme, an die die OSS-117-Reihe natürlich erinnert, entstanden übrigens erst ab 1962 (Agent 007 selbst erblickte das Licht der Welt 1952, drei Jahre später als Agent OSS 117). Die OSS-117-Filme waren so beliebt, dass bis in die 70er Jahre hinein fast jedes Jahr ein neues Agentenabenteuer in die Kinos kam, von Cinéma-de-Papa-Regisseuren wie Jean Sacha (1957), Michel Boisrond (1966), André Hunebelle (1968) oder Pierre Kalfon (1970), die eine Vorliebe für runde Kurven, flotte Sprüche und finstere Spione teilten.
Hazanavicius brachte 2006, also zehn Jahre nach dem Erscheinen des letzten Romans, seine erste Agentparodie in die französischen Kinos, drei Jahre später folgte der zweite Film. Seinen Filmen ist die große Lust anzumerken, mit der er sich der Aufgabe stellt, eine vergangene Zeit nachzuempfinden. In Ausstattung, Mimik, Gestik und Dialogen ahmt er bis in die letzte Nuance die Zeit nach, in der die Handlung spielt. Dies zieht sich bis in die Filmgestalt hinein, wie das grobe Schwarzweiß, wenn es um die Kriegsjahre der 40er geht, oder die Farben von Eastmancolor für die 50er Jahre.
Hinzukommt ein unglaublicher Sinn für einen Witz, bei dem aus jeder Nebensächlichkeit ein Running Gag werden kann. In den besten Momenten erinnern die schlagfertigen, immer zur Pointe kommenden Dialoge an Lubitsch. Hazanavicius, das zeigen seine Agentenfilme, ist ein Meister in Sachen Retro-Touch, Nachahmung und Übertreibung, und nicht erst seit The Artist.
Das Münchner Werkstattkino bietet nun die Gelegenheit, beide Agentenparodien zu sehen, im französischen Original mit deutschen Untertiteln:
Do., 8. – So., 11.3., 20.30 Uhr:OSS 117 – Der Spion, der sich liebte (Le Caire, nid d’espions)
Mo., 12. – Mi., 14.3., 20.30 Uhr:OSS 117 – Er selbst ist sich genug (Rio ne répond plus)