13.06.2013

Kämpfe um Ehre und Wahrheit

THE GRANDMASTER
Atemberaubender Kampf in Slow Motion – Wong Kar-wai führt die Martial Arts zu ästhetischen Höhenflügen:
The Grandmaster

Die ersten China Filmtage in München zeigen Das Martial-Arts-Genre in sieben Filmen

Von Dunja Bialas

Ein anspruchs­voller Gegen­ent­wurf zum durch­kom­mer­zia­li­sierten Asia-Filmfest, das im Herbst im Mathäser Multiplex abge­halten wird, sind die neu ins Leben gerufenen China Filmtage, die noch bis zum 16.06. im Kino Monopol Premiere haben. Das Team aus Studenten und Dozenten des Instituts für Sinologie der LMU München zeigen sieben Meis­ter­werke zum umfas­senden Genre der chine­si­schen »Martial Arts«. Dabei stellen sie grund­sätz­liche Fragen: Welche Tradi­tionen haben die Martial-Arts-Filme? Sind sie Trash oder Kult (was sich keines­wegs ausschließt) oder gehören sie zu einer tief in der Kultur­ge­schichte veran­kerten Tradition, die sich ihren Weg auf die Kino­lein­wand gebannt hat?

Um die histo­ri­sche Perspek­tive zu verfolgen, wurden Filme aus den 1970er Jahren und zeit­genös­si­sche Filme ausge­wählt, darunter auch The Grand­master, das neueste Werk von Groß­meister Wong Kar-wai, das als Vorpre­miere gezeigt wird (So., 16.06., 20:45 Uhr). Alle Filme wenden sich selbst der Historie zu, oftmals in epischem Ausmaß. So eröffnete am gestrigen Mittwoch King Hus A Touch of Zen von 1971, ein dreis­tün­diger Kampf um Ehre und Wahrheit zur Zeit der Ming-Dynastie, die fast drei­hun­dert Jahre bis tief in das 17. Jahr­hun­dert andauerte und einem rebel­li­schen Aufstand gegen die Mongo­len­herr­schaft folgte.

Weiter geht es mit der Qing-Dynastie, die wiederum fast drei­hun­dert Jahre, bis Anfang des 20. Jahr­hun­derts hielt. In The 36th Chamber of Shaolin, 1978 auf dem Höhepunkt der ersten Martial-Arts-Welle entstanden, rebel­liert ein begna­deter Kung-Fu-Kämpfer gegen die als kolonial empfun­dene Herr­schaft der Mandschus, die die Ming-Dynastie beerbt hatte. Die durch 35 Kloster-Kammern durch­de­kli­nierte Kampf­kunst des Kung Fu trug glei­cher­maßen für die Popu­la­rität des Genres als auch des Kampf­sports bei (Do., 13.06., 20:45 Uhr).

Weiter in die Vergan­gen­heit zurück geht die bei der Film­kritik umstrit­tene Hoch­glanz­bil­der­orgie Hero von Zhang Yimou aus dem Jahr 2002. Insze­niert wird die Zeit der Strei­tenden Reiche im 5. bis 3. Jahr­hun­dert vor Christus. Die atem­be­rau­bende Maggie Cheung ist eine von drei Atten­tä­tern, die durch unfairen Kampf bezwungen wurden. Es beginnt ein virtuos choreo­gra­phierter und in Farben und Bild­ein­stel­lungen auf ästhe­ti­schen Höhenflug gebrachter Kampf, was vor allem der Feier der östlichen Konzen­tra­tion dient. Die helden­hafte Vorge­schichte Chinas erscheint in Hero als ehren­hafter Sehn­suchts­ho­ri­zont, mit einer ihm inhä­renten Schönheit des Erhabenen. (Sa., 15.06., 20:45 Uhr)

Das Martial-Arts-Genre, das macht die Auswahl der China Filmtage deutlich, siedelt sich zwischen zwei glei­cher­maßen populären Polen an: Da ist die schwel­gende Über­bie­tungs­äs­t­hetik von Hero oder The Grand­master, mit der das Genre im Arthouse-Main­stream ankam und nicht nur starke weibliche Helden­fi­guren auf die Leinwand schickte, sondern zum ersten Mal auch eine starke weibliche Anhän­ger­schaft finden konnte. Auf der anderen Seite begegnet man der mit Sport­lich­keit ausge­führten Hau-drauf-Menta­lität von Bruce Lee & Co., die sich mit dem teils pseudo-philo­so­phi­schem Anspruch der Kampf­kunst verbindet und für das oftmals trashige Image, aber auch für den Kult um das Genre gesorgt hat (Fist of Fury, Fr., 14.06., 20:45 Uhr, The Way of the Dragon, Fr., 14.06., 22:45 Uhr, beide mit Bruce Lee, und Kung Fu Hustle, Sa., 15.06., 22:45 Uhr). Wer sich dem Genre nicht nur über die Filme nähern möchte, dem sei zusätz­lich ein Vortrag in der LMU empfohlen, der die Bewe­gungs­cho­reo­gra­phien unter Raum-Zeit-Perspek­tive betrachtet (Fr., 14.06., 16:00 Uhr, Vortrag »Ästhe­ti­sche RaumZeiten oder die Symbiose von Kino und Martial Arts« von Stefan Kramer, Geschwister-Scholl-Platz, Raum D 209).

China Filmtage – 12. bis 16. Juni 2013, Monopol, Schleißheimer Str. 127., München.