Von Borgern, Büchern, die lebendig werden, Gespenstern und dem Weihnachtsmann |
||
Zum Eintauchen schön: Arrietty – Die wundersame Welt der Borger |
Von Dunja Bialas
Kinder gruseln sich gerne, haben eine unbändige Lust an dem Rätselhaften, an Geistern und Gespenstern. Sich unsichtbar machen. Durch Schlüssellöcher schlüpfen. Unbemerkt in die Welt der Erwachsenen eintauchen und alles auf den Kopf stellen. Das wär ein Spaß!
Die Winterfilmtage, die alljährlich in der Vorweihnachtszeit Filme für Kinder zeigen, haben ein wunderbar gruselig, verrätselnd und verzauberndes Programm aus acht Filmen zusammengestellt, die ein Muss für alle kleinen und nicht mehr ganz so kleinen Menschen ist. Und das schönste dabei ist: Auch Erwachsene haben bei den ausgewählten Filmen ihren Spaß!
Mit dabei sind Spukgestalten, die man hierzulande schon lange kennt, wie das kleine Gespenst, das Otfried Preussler sich ausgedacht hat, und das schon in unserer eigenen Kindheit mit der Stimme von Hans Clarin auf abgenudelten Hörspielkassetten heulte und seufzte. Aktuell läuft eine Realfilmfassung Das kleine Gespenst im Kino, mit den sichallmählich abnutzenden »bei den Großeltern auf dem Dachboden«-Setting: alles schön altmodisch, sepiafarben, die Kinder sind frech, die Erwachsenen blöd, und alles bleibt schön harmlos. Die Winterfilmtage hingegen, die von den erfahrenen Kinderfilmexpertinnen Katrin Hoffmann (Kinderfilmfest) und Christel Strobel (Kinderkino im Olympiadorf) veranstaltet werden, haben in der großen Kinderfilmtruhe gekramt und echte Schätze herausgezogen. So ist das kleine Gespenst, dass sie zeigen, ein herrlich anarchischer Plumpaquatsch, ohne pädagogischem Zeigefinger und Parabel auf die Erwachsenenwelt – einfach nur ein Riesenspaß, für Kinder ab 6 Jahren. (Das kleine Gespenst, Mo., 16.12., 15 Uhr)
Für die größeren Kinder gibt es echten Grusel zu sehen, als geniale Stop-Motion-Puppen-Animation. Coraline von Henry Selick (Nightmare Before Christmas) ist die durch und durch beängstigende Geschichte eines Mädchens, die durch eine kleine Tür in dem Haus, in dem sie gerade eingezogen ist, in eine Parallelwelt gerät. Ihre Eltern, die sonst immer keine Zeit für sie haben (ja, man fühlt sich ertappt), sind hier echte Bilderbucheltern. Es gibt immer was Gutes zu essen, viele Geschenke und überhaupt ungebremste Aufmerksamkeit. Nur leider – die Eltern haben Knöpfe statt Augen! Coraline ist eine wunderbare Hinführung in das Zombie-Genre, und die Altersempfehlung, die die Winterfilmtage aussprechen, ist genau richtig: Ab 10 Jahren hat man den nötigen Durchblick, um sich mit Freuden auf die Achterbahnfahrt von Verzauberung, Ängsten, Mitfiebern und Erleichterung einzulassen und auch den tieferen Sinn dieses Films zu begreifen. Händedrücken erlaubt! (Mi., 18.12., 15 Uhr)
Oder Arrietty! Am liebsten würde man selbst in die »wundersame Welt der Borger« eintauchen, so schön ist sie gezeichnet. Das japanische Anime beruht auf einem britischen Kinderbuchklassiker aus den 50er Jahren, und erzählt von der Phantasie und Not kleiner, etwa 10 cm großer Wesen, die bei den Menschen leben und sich von ihnen Dinge »borgen«, daher ihr Name. Niemals aber würden sie von ihnen stehlen! Nur können das die Menschen bestimmt nicht verstehen, deshalb müssen sie sich auch vor ihnen verstecken. Arrietty ist eine mutige kleine Borgerin, die genau versteht, dass sie mit Sho, dem Jungen aus dem Haus, einen Verbündeten gefunden hat. Ein Film über Mut und Zusammenhalt, mit einer großartigen Liebe zum Detail. (Do., 19.12., 15 Uhr, ab 6 Jahren)
Bücher werden lebendig. Cornelia Funke hat mit ihrer »Tintenherz«-Trilogie, inspiriert von Michael Endes »Unendlicher Geschichte«, den kindlichen Nerv getroffen, am liebsten ganz in Geschichten einzutauchen, und wenn das schon nicht möglich ist, dann wenigstens die Phantasiegestalten in die eigenen Welt zu holen. Leon passiert noch einmal etwas anderes. Er geht zwar schon zur Schule, kann aber noch nicht lesen. Als seine Eltern alte Kinderbücher verkaufen wollen, werden die kleinen Heldinnen und Helden der Geschichten lebendig. Leon muss ihnen helfen, damit sie bleiben können! (Leon und die magischen Worte, Fr., 20.12., 15 Uhr, ab 6 Jahren)
Cornelia Funke ist die deutsche J.K. Rowling, wenn auch nicht ganz so reich. Sie hat Bücher in Serie geschrieben (man denke an die »Wilden Hühner«-Bände), die sehr unterschiedlich sind und manchmal auch nervig. Anders ist das mit »Herr der Diebe«, das gerne als Schullektüre für die 6. Klasse eingesetzt wird. Prosper und Bo schließen sich in dem verwunschenen Vendig einer Bande von Waisenkinder an und entdecken ein magisches Karrussell, das einen älter oder jünger werden lassen kann. Übrigens ein Buch, das meine Tochter freiwillig gelesen hat, als die Zeit für die Schullektüre am Ende des Jahres nicht mehr ausreichte. Dies für alle als Tipp, die bei der einmaligen Vorstellung des Films am Vormittag leider nicht können – weil sie in die Schule müssen. (Fr., 20.12., 9 Uhr)
»Winterfilmtage – Phantastische Welten«, 16.12.-21.12. 2013, Vortragssaal der Bibliothek im Gasteig.