Lust auf Wirklichkeit |
||
»Gegen heiße Luft«: Der fidele Peter Heller mit einem seiner Protagonisten. (Foto: Filmkraft) |
Von Dunja Bialas
Eine Hommage an den umtriebigen Münchner Filmemacher Peter Heller stellt jetzt in sechs Filmen sein Wirken vor. Sechs von sechzig, muss man hinzufügen, denn in vierzig Jahren Filmschaffen hat Peter Heller in jedem einzelnen Jahrzehnt bis zu 15 Filme gemacht, kraftvolle Bestandsaufnahmen von der Welt und dem Leben.
Die Hommage, vom Dokfest in seiner ganzjährigen Reihe »Dok around the clock« organisiert, zeigt im City Kino (28.5. bis 2.6., jeweils 21 Uhr) Peter Hellers vielleicht bekannteste Werke. Dschungelburger – Hackfleischordnung International, der 1986 entstand und die neue Bewegung und Partei der Grünen erahnen lässt, wurde mit dem Preis der Fipresci als bester Dokumentarfilm ausgezeichnet und zeigt erstmals die globalen Verzahnungen zwischen unserem Essen und dessen Produktion. Damit wir einen Burger essen können, wird woanders Urwald gerodet. Das wäre ein schöner Volten-Film für das (jetzt eingestellte) Kulinarische Kino von Berlinale-Dieter-Kosslick gewesen! (Dienstag, 28.5.)
Die Achtziger waren aber nicht nur das Jahrzehnt des ökologischen Erwachens. In ihm wurde auch der Feminismus richtig stark, nach seinen noch suchenden, sexuell befreienden Anfängen in den 1970er Jahren. Alice Schwarzer startete ihre PorNo-Kampagne erst 1987, Peter Heller machte zwei Jahre später einen irrisierenden Film über einen »Pornojäger«, der sich allerdings als ein weniger feministischer denn erzkatholischer Moralapostel entpuppt. Der Pornojäger – Eine Hatz zwischen Lust und Politik, wie der Film nach seinem Protagonisten heißt, zeigt so immer auch die Kehrseite des guten Anliegens. Denn hier wie dort, bei den Porno-Machern und –Guckern wie auch bei denen, die sie bekämpfen, ist eine eigenartige Sexfixiertheit festzustellen. »Eine bizarre Realsatire«, schrieb einst der »Spiegel«. Der Pornojäger jagt in Wien, Österreich, was eine schön deftige Ulrich-Seidl-Note erhält. (Mittwoch, 29.6.)
Mama General (Co-Regie: Sylvie Banuls) zeigt zehn Jahre später ein anderes Kapitel, mit dem Peter Heller sich seit den 1970er Jahren befasst hat. Mama General geht der Armut in diesem unseren reichen Lande nach und portraitiert in einer Langzeitperspektive eine Kölner Familie, die den Aufstieg aus einem Obdachlosenasyl geschafft hat. Eine Chronik aus dem Wirtschaftwunderland, die 1976 beginnt und Ende der 1990er Jahre endet, und die auch das Versagen unserer Gesellschaft zeigt. In diesem Zusammenhang sei auch auf den aktuellen Film Super Friede Liebe Love des Münchner Dokumentarfilmers Till Coester hingewiesen, der ein Münchner Wohnungslosenheim portraitiert (bundesweiter Kinostart: 20.6.). Es gibt sie also immer noch, die Armut aus reichem Hause. (Freitag, 31.5.)
Vor zwei Jahren hatten bereits die verdienstvollen Ethnologischen Filmtage von Peter Neugart dem Münchner Filmemacher eine umfassende Werkschau gewidmet. Darin ging es vor allem um dessen afrikanischen Schwerpunkt, Afrika ist Peter Hellers zweiter Kontinent. Von seinen über sechzig Filmen hat er ihm einen großen Teil gewidmet, und dabei nie den Blick verleugnet, den er als Weißer auf den schwarzen Kontinent hat, oder die Geschichte, die er als Erbe der Historie zwangsläufig mitbringt. Postkoloniales und die Kritik von »Entwicklungshilfe« zeigt er in seinem 2012 entstandenen Süßes Gift – Hilfe als Geschäft auf (Sonntag, 2.6.).
Einen Tag zuvor wird einer seiner populärsten Filme gezeigt: Plattln in Umtata (2007), in dem die »Biermösl Blosn« nach Südafrika reisen, um dort mit Alphorn, Tuba und Trompeten auf musikalischen Austausch mit dem rhythmischen Kontinent zu gehen, der sich als bester musikalischer Battle in den Straßenecken des schwarzen Teils von Kapstadt vollzieht. (Samstag, 1.6.)
Lust auf Wirklichkeit
Hommage Peter Heller28.5. bis 2.6.2019
City Kinos München, 21 Uhr
Zu allen Filmen gibt es Gespräche mit dem Regisseur Peter Heller und anderen Gästen. Moderation: Ludwig Sporrer