2 x Subsahara-Afrika |
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Szene aus Omi Nobu – The New Man (Kapverden, 2023) | ||
(Foto: 39. DOK.fest München 2024) |
Von Hermann Barth
Our Land, our Freedom (DEU/KEN/POR/USA 2023 · R: Meena Nanji und Zippy Kimundu · DOK.horizonte Competition)
Wanjugu Kimathi ist die Tochter von Dedan Kimathi, dem legendären Führer der Kenyan Land and Freedom Army. In den 1950er Jahren kämpfte sie gegen die britische Kolonialherrschaft – die den »Mau-Mau-Aufstand« blutigst niederschlug. Dedan wurde
1957 hingerichtet, sein Leichnam verscharrt. Tochter Wanjugu sucht noch immer nach seinen sterblichen Überresten, fordert die Rückgabe des von weißen Siedlern und schwarzen Kollaborateuren geraubten Landes – an der Spitze einer wachsenden Bewegung. Sehr zum Ärger von Politikern in Nairobi und einem Agrar-Konzern, die bis heute von den grausamen Verbrechen der britischen Kolonialmacht profitieren – und nicht davor zurückschrecken, Wanjugu mit legalen und illegalen
Mitteln zu bedrohen.
Ein bewegendes Porträt, ein Film über Selbstermächtigung im Kampf für Gerechtigkeit und Freiheit – und für eine post-koloniale Erinnerungsarbeit, die sich dem Verschweigen und den verhüllenden Narrativen widersetzt.
Meena Nanji ist Kenianerin mit asiatischen Wurzeln. Für sie gab die Lektüre von Caroline Elkins Buch »The British Gulag« den Ausschlag, einen Film über die Unabhängigkeitsbewegung zu drehen. Zippy Kimundu bearbeitet mit ihrem Film auch die
Geschichte ihrer eigenen Familie und deren traumatische Erfahrungen während der Kolonialzeit – und danach.
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Omi Nobu – The New Man (CPV 2023 · R: Carlos Yuri · DOK.horizonte Competition)
Quirino, in seinen Siebzigern, lebt seit fast 40 Jahren ganz allein in einem verlassenen Dorf, hoch über einer der Steilküsten im Westen der kapverdischen Insel Sao Nicolau. Ein Hahn, eine Schar Spatzen und ein Kofferradio leisten ihm Gesellschaft. Gebrechlich zwar, aber
ganz bei sich, weiß er über das Leben zu erzählen, das seine und im Allgemeinen. Soll er gehen, und die letzten Tage anderswo verbringen?
Drei Stimmen erzählen: Octavio, seine Schwester und Maria Silva »Bia Titoi«. Im Radio Danksagungen, Geburtstagswünsche, Nachrichten. Fischfang. Gemüseanbau. Eine Zigarette. Der Blick auf die Brandung, die Wolken, den Mond. Kindheitserinnerungen. Ein Holzauto basteln, beim Schussern gewinnen, ein Pferd dressieren. Die Erzählung von Dürre und
Regen, der Katastrophe, dem Felssturz, der alle anderen fliehen ließ. Etwas kochen. Abends die Lampe entzünden. Sich erinnern an Musik, Tanzen, die Frauen. »Das Leben, ein Traum. Voller Trauer. Man weiß nie, was einem das Schicksal bestimmt.« Eine Rasur, ein frisches Hemd, ein Abschied – in Würde.
»Der neue Mensch« – nein, der Titel meint nicht die alten sozialistischen Utopien. Hier geht’s um die Einsicht ins Dasein, das Wissen um Stirb und Werde. Der Epilog –
ein Text des kapverdischen Dichters (und Vorkämpfers der Unabhängigkeitsbewegung) Ovidio di Sousa Martins:
»Sterben und Auferstehen – Jahr für Jahr –
Aufrechten Schrittes stur voran
Trotzen wir Göttern und Menschen
Und fürchten nicht länger die Zeiten der Dürre
Wir, die wir den Ursprung der Dinge erkannt …«
Eine Elegie. Vier Jahre dauerte die Arbeit an diesem Film, einem Herzensprojekt des kapverdischen Filmemachers Carlos Yuri Ceuninck. Hauptpreis beim Festival FESPACO in Burkina Faso.