02.05.2024

2 x Subsahara-Afrika

OMI NOBU - THE NEW MAN
Szene aus Omi Nobu – The New Man (Kapverden, 2023)
(Foto: 39. DOK.fest München 2024)

Our Land, our Freedom & Omi Nobu – The New Man – DOK.fest-Marathon, Teil 01

Von Hermann Barth

Our Land, our Freedom (DEU/KEN/POR/USA 2023 · R: Meena Nanji und Zippy Kimundu · DOK.horizonte Compe­ti­tion)
Wanjugu Kimathi ist die Tochter von Dedan Kimathi, dem legen­dären Führer der Kenyan Land and Freedom Army. In den 1950er Jahren kämpfte sie gegen die britische Kolo­ni­al­herr­schaft – die den »Mau-Mau-Aufstand« blutigst nieder­schlug. Dedan wurde 1957 hinge­richtet, sein Leichnam verscharrt. Tochter Wanjugu sucht noch immer nach seinen sterb­li­chen Über­resten, fordert die Rückgabe des von weißen Siedlern und schwarzen Kolla­bo­ra­teuren geraubten Landes – an der Spitze einer wach­senden Bewegung. Sehr zum Ärger von Poli­ti­kern in Nairobi und einem Agrar-Konzern, die bis heute von den grausamen Verbre­chen der briti­schen Kolo­ni­al­macht profi­tieren – und nicht davor zurück­schre­cken, Wanjugu mit legalen und illegalen Mitteln zu bedrohen.

Ein bewe­gendes Porträt, ein Film über Selbst­er­mäch­ti­gung im Kampf für Gerech­tig­keit und Freiheit – und für eine post-koloniale Erin­ne­rungs­ar­beit, die sich dem Verschweigen und den verhül­lenden Narra­tiven wider­setzt.
Meena Nanji ist Kenia­nerin mit asia­ti­schen Wurzeln. Für sie gab die Lektüre von Caroline Elkins Buch »The British Gulag« den Ausschlag, einen Film über die Unab­hän­gig­keits­be­we­gung zu drehen. Zippy Kimundu bear­beitet mit ihrem Film auch die Geschichte ihrer eigenen Familie und deren trau­ma­ti­sche Erfah­rungen während der Kolo­ni­al­zeit – und danach.

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Omi Nobu – The New Man (CPV 2023 · R: Carlos Yuri · DOK.horizonte Compe­ti­tion)
Quirino, in seinen Sieb­zi­gern, lebt seit fast 40 Jahren ganz allein in einem verlas­senen Dorf, hoch über einer der Steil­küsten im Westen der kapver­di­schen Insel Sao Nicolau. Ein Hahn, eine Schar Spatzen und ein Koffer­radio leisten ihm Gesell­schaft. Gebrech­lich zwar, aber ganz bei sich, weiß er über das Leben zu erzählen, das seine und im Allge­meinen. Soll er gehen, und die letzten Tage anderswo verbringen?
Drei Stimmen erzählen: Octavio, seine Schwester und Maria Silva »Bia Titoi«. Im Radio Dank­sa­gungen, Geburts­tags­wün­sche, Nach­richten. Fischfang. Gemü­se­anbau. Eine Zigarette. Der Blick auf die Brandung, die Wolken, den Mond. Kind­heits­er­in­ne­rungen. Ein Holzauto basteln, beim Schussern gewinnen, ein Pferd dres­sieren. Die Erzählung von Dürre und Regen, der Kata­strophe, dem Felssturz, der alle anderen fliehen ließ. Etwas kochen. Abends die Lampe entzünden. Sich erinnern an Musik, Tanzen, die Frauen. »Das Leben, ein Traum. Voller Trauer. Man weiß nie, was einem das Schicksal bestimmt.« Eine Rasur, ein frisches Hemd, ein Abschied – in Würde.
»Der neue Mensch« – nein, der Titel meint nicht die alten sozia­lis­ti­schen Utopien. Hier geht’s um die Einsicht ins Dasein, das Wissen um Stirb und Werde. Der Epilog – ein Text des kapver­di­schen Dichters (und Vorkämp­fers der Unab­hän­gig­keits­be­we­gung) Ovidio di Sousa Martins:

»Sterben und Aufer­stehen – Jahr für Jahr –
Aufrechten Schrittes stur voran
Trotzen wir Göttern und Menschen
Und fürchten nicht länger die Zeiten der Dürre
Wir, die wir den Ursprung der Dinge erkannt …«

Eine Elegie. Vier Jahre dauerte die Arbeit an diesem Film, einem Herzens­pro­jekt des kapver­di­schen Filme­ma­chers Carlos Yuri Ceuninck. Haupt­preis beim Festival FESPACO in Burkina Faso.