Der Traum von einem besseren Leben |
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Szene aus Die Mörderin, dem erfolgreichsten griechischen Kinofilm der letzten Jahre... | ||
(Foto: Griechische Filmwoche) |
Von Elke Eckert
Die Filmtage starten mit einem Klassiker von 1978. Das Drama Traum einer Leidenschaft von Jules Dassin transferiert die Tragödie um Medea, eine der bekanntesten Frauenfiguren der griechischen Mythologie, von der Antike in die Moderne. Maya soll die Medea in einem Theaterstück spielen und nimmt Kontakt zur inhaftierten Brenda auf, die aus Rache an ihrem Mann ihre Kinder ermordet hat. Maya möchte erfahren, wie man mit dieser Schuld umgeht, um Medea überzeugend darstellen zu können… Dassins Ehefrau Melina Mercouri, die nach dieser Hauptrolle ihre erfolgreiche Schauspielkarriere an den Haken hängte, um in die Politik zu gehen, verabschiedete sich mit einer eindringlichen Performance. Mit Ellen Burstyn ist auch die Rolle der Brenda starbesetzt. (Donnerstag, 14.11. um 19 Uhr, Rio Filmpalast, Eröffnung mit Sektempfang)
Der zweite Klassiker im Programm wurde 1969 gedreht und ist ebenfalls eine Adaption von Medea. Der italienische Regisseur Pier Paolo Pasolini bleibt näher am antiken Original von Euripides und bearbeitet die Tragödie um Verrat, Rache und Schuld, indem er zwei Welten aufeinanderprallen lässt – die archaisch-mystische und die rational-materialistische. Mit der charismatischen Maria Callas in der Titelrolle krönt Pasolini seine eigenwillige Inszenierung. (Donnerstag, 21.11. um 20.30 Uhr, Gasteig HP8)
Im Dokumentarfilm Mary, Marianna, Maria von Michalis Asthenidis und Basilis Louras geht es um die private Maria Callas, vor allem um ihre frühen Jahre in Griechenland während des Zweiten Weltkriegs. Durch bisher unveröffentlichte Ton- und seltene Archivaufnahmen, die durch Zeitzeugeninterviews ergänzt werden, erfährt man, wer sie bei ihren Anfängen in Athen förderte und was die legendäre Operndiva künstlerisch und persönlich prägte. Aber auch ihre Rückkehr nach Griechenland Ende der 1950er Jahre, nach weltweiten Tourneen und einer Ehe in Italien, ist Teil der Doku, die im vergangenen Jahr anlässlich des 100. Geburtstages der Callas in der Griechischen Nationaloper ihre Weltpremiere feierte. (Sonntag, 17.11. um 18 Uhr, Theatiner)
Die Mörderin, der erfolgreichste griechische Kinofilm der letzten Jahre, greift noch einmal das Motiv des Kindermords auf. Hier sind es allerdings ausschließlich Mädchen, die von der Hauptfigur Hadoula, einer Hebamme, getötet werden. Sie tut dies, um den Kindern das harte Leben zu ersparen, das sie selbst geführt hat – und deren Eltern die Mitgift, die im 19. Jahrhundert jeder jungen Frau mitgegeben werden musste und viele arme Familien in den Ruin trieb. – Eva Nathenas düsteres, gesellschaftskritisches Drama beruht auf einer Fortsetzungsgeschichte von 1903. Drehbuchautorin Katerina Bei ist in München zu Gast. (Freitag, 15.11. um 20.30 Uhr, Theatiner / Samstag, 23.11. um 18 Uhr, Gasteig HP8, Projektor) Beide Vorstellungen sind bereits ausverkauft, Restkarten können möglicherweise an der Abendkasse erworben werden.
Aus einer sozialen Notlage heraus handelten auch die griechischen Migrantinnen, die in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts nach Deutschland gingen, um dort Geld zu verdienen. Die sogenannten Gastarbeiterinnen mussten in einem Land zurechtkommen, dessen Sprache sie nicht sprachen. Und oft blieb ihnen keine andere Wahl, als ihre Töchter und Söhne bei den Großmüttern in der Heimat zurückzulassen. Der Dokumentarfilm The Mother of the Station ist eine Würdigung dieser starken Frauen, die ihren Kindern und Enkeln durch ihren Mut und ihren Fleiß ein besseres Leben ermöglicht haben. Regisseurin Kostoula Tomadaki schildert die Geschichte dieser Generation anhand einzelner, bewegender Schicksale. Deutschlandpremiere. (Freitag, 22.11. um 20.30 Uhr, Gasteig HP8)
Gleiche Zeit, anderes Ziel: In den 1970er Jahren gab es auch innerhalb der griechischen Landesgrenzen einen Ort, der einer größeren Gruppe von Frauen ein besseres und freieres Leben versprach: die Insel Lesbos. Lesbische Frauen aus aller Welt pilgerten in das Dorf Eressos, weil die antike Dichterin Sappho, die über die Liebe zu Frauen sang, dort geboren sein soll. Skeptisch beäugt von der konservativen einheimischen Bevölkerung lebten die Frauen zusammen am Strand, Nationalität und sozialer Status spielten keine Rolle. Regisseurin Tzeli Hadjidimitriou war eine von ihnen. In ihrem Dokumentarfilm Lesvia verdeutlicht sie durch ihre Tagebuchaufzeichnungen, Archivmaterial und Interviews vor Ort, wie sich das Verhältnis zwischen der lesbischen Community und den Insulanern über die Jahre entwickelt und verändert hat. Hadjidimitriou ist für ein Filmgespräch zu Gast. (Samstag, 16.11. um 19.45 Uhr, Theatiner)
Selbstorganisiert und solidarisch ist die Gemeinschaft, die sich in einer ehemaligen Druckerei zusammengefunden hat. Früher wurde dort eine Zeitung produziert, jetzt ist das Gebäude ein freies Theater und Raum für Kreative und offene Versammlungen. Alkistis Kafetzis Dokumentation Embros: A Free Self-Managed Theater appelliert an die Kraft des Kollektivs und den Widerstand in westlichen Gesellschaften, gerade in Zeiten eines erstarkenden Rechtsextremismus. (Dienstag, 19.11. um 18 Uhr, Gasteig HP8)
Für manche Urlauber sind Ferien in einem All-Inclusive-Hotel eine gelungene Abwechslung vom Alltag, für Animateurin Kalia ist ihr Job zermürbende Routine, die an die Substanz geht. Aber trotz aller Zumutungen rafft sie sich immer wieder auf, um die Lebensfreude auszustrahlen, die ihre junge Kollegin Eva noch hat. Bis ihr eines Tages alles zuviel wird… Regisseurin und Drehbuchautorin Sofia Exarchou macht die Monotonie und Melancholie in Kalias Leben durch ständige Wiederholungen auch für den Zuschauer spürbar, wodurch in ihrem ruhigen Drama Animal die Unruhe von Minute zu Minute wächst. Der Film erhielt viele Preise, unter anderem wurde Hauptdarstellerin Dimitra Vlagopoulou auf dem Internationalen Filmfestival von Thessaloniki als beste Schauspielerin ausgezeichnet. (Sonntag, 17.11. um 20.30 Uhr, Theatiner)
Eine einsame Villa auf einer Insel. Dort erwacht eine junge Frau und kann sich an kaum etwas erinnern. Ein Mann, der behauptet, ein Freund ihres Bruders zu sein, verspricht ihr, dass bald alles wieder gut werde, wenn sie sich keinen Stress macht. Leichter gesagt als getan, wenn der Einzige, dem sie wirklich vertraut, ein Goldfisch im Glas ist… Konstantinos Fragkoulis‘ Debütfilm In a Fishbowl ist ein atmosphärisch dichter Psychothriller, der einen unheilvollen Sog entwickelt. FSK 16. (Mittwoch, 20.11. um 18 Uhr, Gasteig HP8)
Weniger bedrohlich, aber auch irgendwie fremd, fühlt sich Eleftherias Leben an, als sie nach dem Tod ihrer Mutter ihre schwangere Schwester im hochsommerlichen Athen besucht. Dann lernt die Jugendliche den Studenten Angelos kennen und entdeckt mit ihm die Hauptstadt und ihre Sexualität… Das sinnliche Coming-of-Age-Drama Medium von Christina Ioakeimidi basiert auf einem Roman, für die junge Hauptdarstellerin war es die erste Rolle in einem Spielfilm. (Freitag, 15.11. um 18 Uhr, Theatiner / Mittwoch, 20.11. um 19.35 Uhr, Gasteig HP8, Projektor)
Sophia zieht wieder in ihr Elternhaus im Athener Vorort Polydroso ein, um bei ihrer kranken Mutter zu sein. Gemeinsame Rituale und geteilte Erinnerungen lassen ein starkes emotionales Band zwischen den beiden Frauen entstehen, das ihnen auch hilft, sich den Geistern der Vergangenheit zu stellen. – Regisseur und Drehbuchautor Alexandros Voulgaris unterteilt das stille, surreale Mutter-Tochter-Drama in drei Akte, mit Rückblenden und Animationen entsteht ein fast magischer
Mix.
(Freitag, 22.11. um 18 Uhr, Gasteig HP8)
Zwischenmenschlich geht es auch in den leichteren Filmen der Reihe zu. Die FSK 16-Romanze Der Sommer mit Carmen spielt in der queeren Community Athens. Die Szene trifft sich am Limanakia Beach, auch die jungen Filmemacher Nikitas und Demos verbringen dort viel Zeit, flirten und tauschen sich über Plotideen aus. Sie wollen ihre eigenen Geschichten auf die Leinwand bringen und vom letzten
Sommer erzählen… Zacharias Mavroeidis‘ Film war in Griechenland einer der Kinohits des vergangenen Jahres. Er springt zwischen verschiedenen Zeit- und Erzählebenen hin- und her, ist verspielt und vielschichtig, und thematisiert auf charmante Weise die Sehnsucht nach künstlerischer Selbstbestimmung.
(Samstag, 16.11. um 17.30 Uhr, Theatiner / Samstag, 23.11. um 20.30 Uhr, Gasteig HP8, Projektor)
Bei anderen weiß Fotis genau, was sie für ein gutes Leben brauchen. Aber wenn es um ihn selbst geht, ist der Lifecoach wie gelähmt. Als sogar die Arbeit unter seiner Apathie leidet, beschließt er, auf seine innere Stimme zu hören, die sich plötzlich meldet, um ihm und seinem Glück auf die Sprünge zu helfen… Theodoris Niarchos »Komödie lebt von absurd-komischen Dialogen, der überzeugenden Performance ihres Hauptdarstellers und prominent besetzten Nebenrollen. Hear Who’s Talking«s feiert in München seine Deutschlandpremiere.
(Dienstag, 19.11. um 20 Uhr, Gasteig HP8)
Ebenso das erste Mal in Deutschland zu sehen ist die Tragikomödie Santa’s Snow Candy. Jedes Jahr wieder verkleidet sich Herr Panagiotis als Weihnachtsmann, um den Kindern seines Bergdorfes eine Freude zu machen. Als die kleine Fani ins Waisenhaus kommen soll, weil ihre Mutter plötzlich gestorben ist, versteckt er sie kurzerhand bei sich zu Hause. Doch seine
naseweisen Enkel kommen ihm auf die Schliche. Um das Geheimnis vor den anderen Dorfbewohnern zu bewahren, werden der alte Herr und die Kinderschar zu einer eingeschworenen Gemeinschaft… Das Regiedebüt von Schauspieler Yannis Tsimitselis passt mit seiner herzerwärmenden Geschichte gut in die Vorweihnachtszeit und ist auch etwas für kleinere Zuschauer.
(Samstag, 23.11. um 11 Uhr, Gasteig HP8, Projektor)
Wie immer wird die Griechische Filmwoche durch ein Kurzfilmprogramm ergänzt. Die fünf Filme, die gezeigt werden, gehörten zu den Highlights des diesjährigen Thessaloniki International Short Film Festivals (TISS) und garantieren ein 120-minütiges Wechselbad der Gefühle, von spannend über skurril bis romantisch. (Donnerstag, 21.11. um 18 Uhr, Gasteig HP8)
Dieses Jahr gibt es auch ein Rahmenprogramm zum Filmfestival. Dabei handelt es sich zum einen um die Ausstellung Moderne Musen Griechenlands (von 12.11. bis 18.11., jeweils 14 Uhr bis 18 Uhr, im Habibi Kiosk), zum anderen um ein Konzert der Indie-Popband vanGoy im Werkraum der Münchner Kammerspiele und eine Party mit DJ Florian Keller im Conviva im Blauen Haus. (beides Samstag, 16.11., ab 20 Uhr und ab 22.30 Uhr). Interessierte können außerdem noch einen Vortrag über die Entstehung der deutschen Untertitel zum Kinohit Die Mörderin besuchen. (Samstag, 23.11. um 17 Uhr, Gasteig HP8)
Die Mörderin wird in München erstmals mit deutschen Untertiteln gezeigt. Außerdem im Original mit deutschen Untertiteln zu sehen sind Animal, Der Sommer mit Carmen, Lesvia und Medea. Der Eröffnungsfilm Traum einer Leidenschaft wird in der englischen Originalfassung mit griechischen Untertiteln gezeigt, die übrigen Filme in der Originalfassung mit englischen Untertiteln.