Provokant & sinnlich |
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Teetrinken mit Brigitta: Am Sonntag (1.2.) um 11 Uhr im Theatiner | ||
(Foto: Dagmar Knöpfel) |
Es ist mal wieder Zeit für ein FOMO. Fear of Missing Out, so nennen wir das Gefühl, wenn alles zu viel wird, zu viele Veranstaltungen (oder wie es heute immer heißt: Events), Partys, soziale Verpflichtungen. Dann lieber gleich zu Hause bleiben?
Unsere Antwort: Auf gar keinen Fall. Sondern: Hingehen!
Ins Werkstattkino zum Beispiel. Es verspricht uns in der kommenden Woche »alles von Wenzel Storch«. Wirklich alles! Denn Wenzel Storch, wie wir der Ankündigung des undergroundigsten Kinos Münchens entnehmen können, kommt tatsächlich auch. »Himself«! Wikipedia kennt ihn als katholischen Ministranten (prägende Erfahrung!) und berichtet von einem LSD-Trip, der ihm die grundlegende Idee für das Drehbuch zu Der Glanz dieser Tage eingebracht haben soll.
Über das Gesamtwerk des Braunschweiger Regisseurs hat Georg Seeßlen geschrieben: »gottverdammt prächtig, umwerfend komisch, elendiglich poetisch«.
Das Gesamtwerk besteht tatsächlich aus nur drei Langfilmen, die Storch ordentlich Renommee eingebracht haben ob seiner surrealen Ästhetik und kirchenverachtenden Tendenzen. Gehuldigt wird ihnen auch als Underground, der zu originell für das bürgerliche Arthouse-Publikum ist.
Gezeigt werden im Werkstattkino im Beisein von Wenzel Storch: Sommer der Liebe (1990-92) (auf 16mm!) über einen Mann, der Klöster zu Rock-Klöstern, also gewissermaßen Kathedralen der lauten Musik umwidmet. (Freitag, 31.1., 20:00 Uhr)
Sodann: Der Glanz dieser Tage (1989, 16mm). Ein »zusammenmontierter Film« (Filmdienst) über einen verheirateten Mann, der katholischer Priester werden will. Natürlich als Low-Budget-Inszenierung. (Freitag, 31.1., 22:15)
Schließlich: Die Reise ins Glück (2004, 35mm!). Diesmal geht es um einen Kapitän, der auf einer unbekannten Insel strandet. Dort gibt es einen despotischen Herrscher, der ihm das Inselglück vermiesen will. Alles in allem ein »trashiger« Fantasy-Abenteuerfilm, um noch einmal den unverdrossenen Filmdienst zu zitieren. (Samstag, 1.2. 18:00)
Außerdem: Gibt es eine Lesung bzw. Lecture mit Wenzel Storch, verbunden mit einer Art Diavortrag. Das Werkstattkino verspricht »Schmuddelbildchen«. (Samstag, 1.2. 20:00)
Ein Wiedersehen mit Brigitta feiert das Theatiner. Das gleichnamige Spielfilmdebüt der Münchner Regisseurin Dagmar Knöpfel feierte vor 30 Jahren im Theatiner Premiere. »Damals hatte Frau Kirchner den Mut, Brigitta zu zeigen – einen Film, der 1995 von mir im Eigenverleih herausgebracht wurde«, schreibt uns die Regisseurin und berichtet von Schlangen vor dem Kino in der Theatinerpassage.
»Wir waren alle überrascht, dass der stille, fast meditative Film, eine Verfilmung der gleichnamigen Erzählung von Adalbert Stifter, so viele Menschen anzog.« Wir können den Film sehr empfehlen, in dem Jahr, wo Stifter sage und schreibe 220 Jahre alt geworden wäre! Der Film ist überaus sinnlich, schreiben wir in unserer Kritik.
»Knöpfel hat mit den Bildern (Kamera: Miklós Gurbán, der auch für Béla Tarrs Die Werckmeisterschen Harmonien fotografiert hat) ein sinnliches Gleichnis geschaffen für Brigitta, die Titelfigur. Allein schon, wie der erste Blick auf das Margeriten-Feld fällt: Margerite – Brigitta, ein sprachlicher Fast-Reim, auf den sich auch visuell reimt, wenn Brigitta auf einem Pferd mitten aus der
Landschaft auftaucht. (…) Brigitta ist einer der berückendsten deutschen Filme, die man seit Edgar Reitz’ Die andere Heimat – Chronik einer Sehnsucht sehen konnte. Auch Dagmar Knöpfels Film ist wie getrieben von diesem Sehnsuchtsgefühl, das sich hier in einer fremden Heimat manifestiert,
in dem Ungarn, das der Maler durchwandert, um einen alten Freund zu besuchen, und wo er auch Brigitta finden wird.«
(Sonntag, 02.02. 11:00, Theatiner, zu Gast: Dagmar Knöpfel)
Weitere Februartipps folgen im Februar!