Nach der Sennen-Balladee ist dies der zweite Film einer Bauern-Trilogie, in der sich Langjahr mit der bedrohten Existenz des Bauern am Ende des 20. Jahrhunderts, im Zeitalter der Massenproduktion auseinandersetzt. Der neue Film stellt das Überleben der Landwirtschaft in den Mittelpunkt, in einer Zeit des Übergangs von einer staatlich gelenkten Plan- zur Marktwirtschaft. Es ist die Zeit der
explosiven Liberalisierung des weltweiten Handels mit Waren. Trotz des Protestes vieler Bauern wurden die neuen GATT-Verträge vom Schweizer Bundesrat unterzeichnet und vom Parlament genehmigt. Somit wurde die Schweiz 1995 Mitglied der Welthandelsorganisation WTO. Um in dieser neuen Marktsituation überleben zu können, setzen die meisten Bauern auf den technischen Fortschritt und die Hochzucht. Doch viele Betriebe und Höfe können da nicht mithalten, geben auf und werden
versteigert.
Mit seinen apokalyptischen Visionen der volltechnisierten Agro-Industrie ist Bauernkrieg das Gegenstück zu der fast »ursprünglich«, idyllisch wirkenden Sennenballade. Die schockierenden Bilder aus einer Tiermehlfabrik lassen den unheimlichen Eindruck entstehen, die unwürdige Resteverwertung sei ein Schicksal, das Tier und Mensch zugleich betrifft.
Following Alpen Ballad, this is the second film in Langjahr’s farming trilogy in which he addresses the endangered existence of farming communities in the age of mass production at the end of the 20th century. His new film focuses on the survival of agriculture in an era of transition from the state-controlled planned economy to the free market, at a time of the explosive liberalisation of global trade in commodities. Despite the protests of many farmers, the new GATT
accords have been signed by the Swiss Federal Council and Parliament, paving the way for Switzerland to join the World Trade Organization. Most farmers see increased mechanisation and intensive agriculture as the only way to survive in the face of this transformed market. Yet many farms give up as they are unable to keep pace and have to be sold off. In many ways, Peasants’ War with its apocalyptic visions of fully mechanised agro-industry represents the complete opposite
of the »original«, almost idyllic image contained in Alpen Ballad.
Shocking footage from an animal feed factory arouses the uncanny impression that this undignified exploitation of animal remains is a fate which affects animals and humans alike.
»Es geht mir nicht in erster Linie um eine objektive Darstellung der wirtschaftlichen, sozialen und politischen Situation des Bauern in der Schweiz. Vielmehr verdichte ich meine Reise mit der Kamera zu einem Filmerlebnis, zu einem Bild, das in seiner inneren Zusammensetzung ›Bauernseele‹ widerspiegelt, in der sich der einzelne Zuschauer erkennt und so mit der eigenen Situation, mit dem ›eigenen Bauern‹ konfrontiert ist.«
Erich Langjahr
Über den Film:
»Was der Übergang ›von einer staatlich gelenkten Plan- zur Marktwirtschaft‹ für die Bauern und ihre Produktion bedeutet, führt Langjahr vor: den beklemmenden Einzug einer seelenlosen Agrarindustrie, angesichts deren Effizienzstrebens ein Begriff wie die ›Würde der Kreatur‹ zum Anachronismus wird. Vieles von dem, was Langjahr einfängt, würde sich hervorragend für schockierende Fernsehfeatures eignen.
Besamungsbullen,
die wie Models für Werbefotos posieren, Knochenmühlen in einer ›Tierverwertungsanstalt‹, Gen-Banken und Zwangsversteigerungen fügt er hingegen zu einer bedrängenden Studie, die die plakative Oberfläche durchdringt und nicht nur komplexe Probleme greifbar macht, sondern wesentlich tiefgehendere Fragen nach den Grenzen der westlichen Lebensweise aufwirft. Daß eine solche Arbeit nicht aus einigen schnellen Drehs erwächst, sondern viel Zeit, Geduld und noch mehr
Hingabe verlangt, macht sie so selten.«
Josef Lederle in film-dienst 25/98
»Erich Langjahr kommt in seinem Film ohne jeden Kommentar aus. Dadurch verschont er uns auch vor einer entlastenden Moral, die uns helfen könnte, uns auf der richtigen Seite zu wissen. Sein Kommentar bedarf nicht der Sprache, ist er doch latenter Subtext subtil montierter Sequenzen. Seine Bilder lassen sich Zeit und erinnern dadurch an die Umständlichkeit bäuerlicher Kultur und Erzählweise. Gleichwertig sind die einzelnen Sequenzen aneinandergereiht, immer richtet sich die
Kamera auf scheinbar Banales. Was für ein wohltuender Gegensatz zu den Reportagen des Fernsehens, die alles, gerade daß es angerissen wurde, mit Hilfe eines Kommentars zusammenkleben müssen. Neben wenigen anderen Dokumentarfilmern zeigt auch Langjahr, daß gut gemachte Dokumentarfilme bestes Kino sein könen; und politisch dazu. Solche Filme benötigen sehr viel Zeit, aber sie ersetzen Tausende anderer Filme.«
Bernhard Kathan in der Wiener Zeitung
BIO-FILMOGRAPHIE
Erich Langjahr
Geboren 1944 in Baar/Schweiz. Seit 1971 selbständiger Filmschaffender.
Filme:
1973 BAHNHOF
1973 DER FLUSS
1973 JUSTICE
1974 CANARIA REPORT
1975 USA-TIME
1976 SIEG DER ORDNUNG
1978 MORGARTEN FINDET STATT
1980 ACHTUNG KINDER PUMM
1981 MADE IN SWITZERLAND
1982 DO IT YOURSELF
1983 O.K.
1986 EX VOTO
1990 MÄNNER IM RING
1992 UNTER DEM BODEN
1993 PORTRAIT DE COUREUR
CYCLISTE
1996 SENNEN-BALLADE
1998 BAUERNKRIEG