»Autoren sind unsichtbar. Alles andere ist sichtbar.« |
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Kilmer und Downey in Kiss Kiss, Bang Bang |
Anfang der 90er-Jahre war Shane Black der bestbezahlte Drehbuchautor Hollywoods. Nach den Scripts für Filme wie Lethal Weapon, Last Boy Scout und Last Man
Standing verschwand Black 1997 in der Versenkung. Jetzt kommt er mit seiner ersten Regiearbeit zurück.
Mit dem Regisseur und Autor sprach Rüdiger Suchsland.
artechock: Am Anfang hat keiner das Drehbuch zu »Kiss Kiss Bang Bang« gemocht. Warum eigentlich?
Shane Black: Die Studios haben es nicht verstanden, sich oft auch gar nicht die Mühe gemacht, es zu lesen. Wenn ich jetzt vielleicht nur als Autor gekommen wäre, und einen guten Regisseur dabei gehabt hätte, hätte es womöglich anders ausgesehen. Aber selbst als ich Robert Downey Jr. und Val Kilmer mit im Boot hatte, hat es nicht funktioniert.
artechock: Allerdings ist dies nun auch eine für Hollywoodverhältnisse apokalyptische Kombination: Robert Downey Jr. nach seiner Drogensucht und Haftaufenthalt…
Black: Das mag ein bisschen riskant scheinen…
artechock: …und Val Kilmer, das sogenannte Kassengift…
Black: Ja, er hatte mit manchem ein bisschen Pech. Darum finde ich ja das tollste an diesem Film, dass es nicht um Robert Downey Jr. und Val Kilmer geht, sondern um zwei tolle Schauspieler, die man noch nie zusammen arbeiten sah. Ich hoffe, dass die Reaktion der Leute ist, zu sagen: Ja, stimmt, das hab ich mir so nie vorstellen können, aber es funktioniert ganz gut.
artechock: Ist die Existenz eines Drehbuchautors in Hollywood wirklich ein so miserabler Job, wie es immer von außen aussieht? Man wird verachtet, dauernd wird etwas umgeschrieben, und am Ende steht nicht einmal der eigene Name drauf?
Black: Es war mal ein guter Job für mich. [Lacht] Denn ich hatte gute Aufträge. Meine Scripts waren erfolgreich. Ich konnte alles ziemlich leicht verkaufen. Diese Fähigkeit scheine ich ganz einfach verloren zu haben. Vielleicht gelingt es mir, den Kredit zurückzubekommen, ich hoffe das jedenfalls. Wenn Sie einen Regisseur haben, und etwas ändern wollen, dann kostet das Millionen. Stars sind Primadonnen und Prinzen, die machen viel Ärger.
Aber der Autor liefert nur einen Stapel Papier ab. Man sieht die Anstrengung nicht. Wenn man es nicht mag, heißt es: »Setzt noch einen dran.« Diese Arbeit ist privat, unverstanden und ganz gewiss unterschätzt. Autoren sind unsichtbar. Alles andere in Hollywood ist sichtbar. »Heuert einen neuen Autor, feuert den alten.« Das ist das Motto. Über Papier kann man sich lange streiten.
Damit will ich nicht sagen, dass dies sich nicht ändern könnte. Autoren sollten argumentieren, ihr Script
verteidigen, sollten nicht so schnell aufgeben, sondern zu dem stehen, was sie gemacht haben. Menschen reagieren auf Leidenschaft, wenn einer leidenschaftlich für etwas kämpft, lassen sie sich überzeugen. Aber sie jammern immer, versuchen gar nicht zu kriegen, was sie wollen.
artechock: War das früher besser, als noch Leute wie Raymond Chandler für Hollywood geschrieben haben?
Black: Nein. Es war genau das gleiche. Genau die gleichen Probleme. Chandlers Portrait von Hollywood ist ganz ähnlich. Autoren sind der am leichtesten ersetzbare Teil des ganzen Prozesses. Und das ist eine Schande: schauen Sie sich heutige Filme an: Sie sehen toll aus. Selbst schlechte Filme haben ein tolles Production Design, eine super Technik. Alles ist da – außer einem Script. Um das schert sich keiner. Die brillantesten Leute kommen zusammen, um ein furchtbares Script zu verfilmen. Während es doch so sein sollte, dass das Script so toll ist, dass man der Story selbst dann noch folgen kann, wenn der Rest nichts taugt. Es ist eine Schande.
artechock: Woran liegt das?
Black: Das ist eine Frage des Timings. Filme werden in Hollywood entweder sehr schnell gemacht, oder gar nicht. Die Leute sind so verzweifelt auf der Suche nach einem Erfolgsrezept, dass sie sagen: Ok, wir haben Mel Gibson, wir müssen den Film machen. Das Script haben wir zwar noch nicht gelesen, aber wir haben die Stars, also egal, wir müssen anfangen. Das ist heute anders. So war es nicht immer.
artechock: Mainstream-Filme sind heute erstaunlich schlecht…
Black: In den 70-ern bis in die frühen 80-er standen die Leute ein paar Stunden Schlange, um einen neuen Blockbuster zu sehen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich zwei Stunden in der Schlange stehen würde, um Lara Croft II zu sehen. Wenn etwas auch nur ok ist, flippen die Leute aus. Weil sie hungrig sind. Filme wie Alien oder Goodfellas waren unglaublich stark. Heute muss man die kleinen Filme sehen, wenn man so etwas erleben will.
artechock: Glauben Sie, dass das breite Publikum genug Hintergrundwissen besitzt? Kennt es die alten Filme, auf die Sie sich in Kiss Kiss, Bang Bang beziehen?
Black: Keine Ahnung. Das finden wir jetzt raus.