27.06.2013

»Alle meine Filme handeln von unserer Sterb­lich­keit«

Untote in WORLD WAR Z
Kino der Untoten: World War Z

Marc Forster über sein Vorbild Billy Wilder, Europäer in Hollywood, die Modernität des Zombie-Themas und seinen Film World War Z

Marc Forster wurde 1969 in Iller­tissen geboren. Als er neun Jahre alt wer, zog die Familie in die Schweiz. Nachdem Abitur zog Forster in die USA, besuchte Schau­spiel- und Film­schule, und machte bald Karriere als Regisseur. Mit seinem zweiten Film Monster’s Ball feierte er 2001 einen großen Erfolg – Haupt­dar­stel­lerin Halle Berry gewann den ersten Oscar für eine schwarze Darstel­lerin. Seitdem gehört Forster zur ersten Liga der Hollywood-Regis­seure. Nach Autoren­filmen wie Finding Neverland, Stay und Stranger Than Fiction dreht Forster zuletzt Block­buster: 2008 drehte er den James-Bond Quantum of Solace, jetzt kommt der Zombie-Film World War Z ins Kino.

Das Gespräch führte Rüdiger Suchsland.

artechock: Können Sie sich als Europäer, der in den USA lebt, noch eine europäi­sche Sensi­biltät bewahren?

Marc Forster: Heute vermischt sich alles mehr denn je. Ich glaube nicht, dass es eine europäi­sche Sensi­biltät gibt, die sich von der ameri­ka­ni­schen spezi­fisch unter­scheidet. Die wahre Differenz ist die zwischen Studio­filmen und Inde­pen­dent-Filmen.

artechock: World War Z ist ein Zombie­film. Bei Zombies können wir nicht anders, als an George A. Romero zu denken. Was glauben Sie, würde Romero zu Ihrem Film sagen?

Forster: Romero ist ein Meister. Ich möchte mich nicht mit seinem Können verglei­chen, oder mich als sein Erbe bezeichnen. Seine Zombies sind langsam. Meine sind rasend schnell. Aber ich glaube die Tatsache, dass mein Film auch sozi­al­po­li­tisch verstanden werden kann, würde ihm schon gefallen.

artechock: Was hat Sie denn an den Zombie-Filmen faszi­niert?

Forster: Max Brooks Buch­vor­lage ist sehr realis­tisch. Wir leben in einer Zeit der Unge­wiss­heit. Viele Leute haben Angst vor der Zukunft – auf die Umwelt bezogen, wie auf die Wirt­schaft. Das verbindet uns mit den 70er Jahren, als Romero Kons­um­kritik im Zombie-Genre verpackte.

artechock: Warum braucht es eigent­lich den phan­tas­ti­schen Film, um zeit­genös­si­sche Probleme zum Thena zu machen.

Forster: In Science-Fiction-Form ist es Enter­tain­ment, wäre es realis­tisch könnten wir es nicht ertragen.

artechock: Und wofür genau stehen denn die Zombies bei Ihnen?

Forster: Es gibt verschie­dene Metaphern: Zombies werden zu unserer Umwelt. Wir distan­zieren uns von unseren Mitmen­schen, verkrie­chen uns in unseren elek­tri­schen Geräten. Eine zweite Bedeutung ist die Bevöl­ke­rungs­explo­sion. Die Israel-Bilder waren für mich eine Metapher für die Hatz nach den letzten Ressourcen, voller Gier, ohne Respekt. Schon als Kind haben mich Schwärme faszi­niert – Schwärme von Vögeln und Fischen. Bei der Arbeit hatte ich diese Bilder im Kopf.

artechock: Wie macht man das alte Zombie-Thema inter­es­sant? Mir kam der Film vor, als hätten Sie viele neue Einfälle eingebaut...

Forster: Man muss ja etwas Neues bringen. Das ist ja auch der teuerste Zombie-Film aller Zeiten – Zombies auf epischer Breite. Meine eigenen Zombies zu kreieren, war mir wichtig. Ich habe mir Menschen mit epilep­ti­schen Anfällen und Poli­zei­hunde zum Vorbild genommen. Wir sind das sehr genau mit Tänzern und Bewe­gungs­künst­lern ange­gangen.

artechock: Wo sehen Sie sich als Regisseur? Haben Sie einen Karrie­re­plan? Was ist die authen­ti­sche Hand­schrift von Marc Forster?

Forster: Alle meine Filme handeln von unserer Sterb­lich­keit. Sie beziehen sich auf eine sehr emotio­nale Basis unseres Lebens. Es gibt viele Genres, die ich noch nie gemacht habe – ich sehe mich weniger in der Tradition deines Hitchcock, der immer das gleiche Genre gemacht hat, als in der eines Billy Wilder, der immer wieder die Tonart gewech­selt hat.

artechock: Woher kommt es, das gerade die Sterb­lich­keit Sie so faszi­niert?

Forster: Am Anfang kam es daher, dass ich einige nahe­ste­hende Menschen – Fami­li­en­mit­glieder und enge Freunde – verloren habe. So musste ich mich damit ausein­an­der­setzen. Man redet eigent­lich sehr selten über den Tod, außer man wird damit durch eine Krankheit oder einen Unfall konfron­tiert. Aber am Ende müssen wir alle sterben.
Ich bin trotzdem ein Optimist. In allen meinen Filmen gibt es immer einen Schimmer der Hoffnung.

artechock: Inde­pen­dent-Film oder Block­buster – was macht Ihnen mehr Spaß?

Forster: Es kommt darauf an. Bei Inde­pen­dent-Filmen habe ich mehr Kontrolle. Beim Block­buster gibt es Leute, die mitreden.

artechock: Hatten Sie Vorbilder für World War Z und für Brad Pitts Helden­figur?

Forster: Ja: Robert Redford in Drei Tage des Condor. Ein „Mann wie jeder andere“, der zufällig zum Helden wird. Darum kann man sich mit ihm so gut iden­ti­fi­zieren.

artechock: Wie arbeitet es sich mit Brad Pitt, der ja hier auch ihr Produzent war?

Forster: Während des Drehs konzen­triert er sich ganz auf seine Rolle als Schau­spieler. Brad Pitt ist als Block­bus­ter­dar­steller noch ein unbe­schrie­benes Blatt. Er hat nur Troja gemacht, ansonsten eher unkom­mer­zi­elle Filme.

artechock: Während der Dreh­ar­beiten gab es viele Hiobs­bot­schaften und negative Stimmung: Nachdrehs, Start­ver­schie­bung. Wie geht man damit um?

Forster: Wenn das gestimmt hätte, hätte ich schlaf­lose Nächte gehabt. Aber vieles hat einfach nicht gestimmt. Ob der Film nun gut oder schlecht ist, müssen die Zuschauer selbst beur­teilen – aber ich bin sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Ich habe das Budget und die Drehtage nicht über­schritten. Nur haben wir dann das Ende neu gedreht – das jetzige Ende entspricht mir mehr. Die Presse hat das drama­ti­siert. Fast alles ging reibungslos.

artechock: Wie häufig begegnen Ihnen im Film­ge­schäft Zombies?

Forster: Gar nicht so selten. Man muss aufpassen. [Lacht]