»Alle meine Filme handeln von unserer Sterblichkeit« |
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Kino der Untoten: World War Z |
Marc Forster wurde 1969 in Illertissen geboren. Als er neun Jahre alt wer, zog die Familie in die Schweiz. Nachdem Abitur zog Forster in die USA, besuchte Schauspiel- und Filmschule, und machte bald Karriere als Regisseur. Mit seinem zweiten Film Monster’s Ball feierte er 2001 einen großen Erfolg – Hauptdarstellerin Halle Berry gewann den ersten Oscar für eine schwarze Darstellerin. Seitdem gehört Forster zur ersten Liga der Hollywood-Regisseure. Nach Autorenfilmen wie Finding Neverland, Stay und Stranger Than Fiction dreht Forster zuletzt Blockbuster: 2008 drehte er den James-Bond Quantum of Solace, jetzt kommt der Zombie-Film World War Z ins Kino.
Das Gespräch führte Rüdiger Suchsland.
artechock: Können Sie sich als Europäer, der in den USA lebt, noch eine europäische Sensibiltät bewahren?
Marc Forster: Heute vermischt sich alles mehr denn je. Ich glaube nicht, dass es eine europäische Sensibiltät gibt, die sich von der amerikanischen spezifisch unterscheidet. Die wahre Differenz ist die zwischen Studiofilmen und Independent-Filmen.
artechock: World War Z ist ein Zombiefilm. Bei Zombies können wir nicht anders, als an George A. Romero zu denken. Was glauben Sie, würde Romero zu Ihrem Film sagen?
Forster: Romero ist ein Meister. Ich möchte mich nicht mit seinem Können vergleichen, oder mich als sein Erbe bezeichnen. Seine Zombies sind langsam. Meine sind rasend schnell. Aber ich glaube die Tatsache, dass mein Film auch sozialpolitisch verstanden werden kann, würde ihm schon gefallen.
artechock: Was hat Sie denn an den Zombie-Filmen fasziniert?
Forster: Max Brooks Buchvorlage ist sehr realistisch. Wir leben in einer Zeit der Ungewissheit. Viele Leute haben Angst vor der Zukunft – auf die Umwelt bezogen, wie auf die Wirtschaft. Das verbindet uns mit den 70er Jahren, als Romero Konsumkritik im Zombie-Genre verpackte.
artechock: Warum braucht es eigentlich den phantastischen Film, um zeitgenössische Probleme zum Thena zu machen.
Forster: In Science-Fiction-Form ist es Entertainment, wäre es realistisch könnten wir es nicht ertragen.
artechock: Und wofür genau stehen denn die Zombies bei Ihnen?
Forster: Es gibt verschiedene Metaphern: Zombies werden zu unserer Umwelt. Wir distanzieren uns von unseren Mitmenschen, verkriechen uns in unseren elektrischen Geräten. Eine zweite Bedeutung ist die Bevölkerungsexplosion. Die Israel-Bilder waren für mich eine Metapher für die Hatz nach den letzten Ressourcen, voller Gier, ohne Respekt. Schon als Kind haben mich Schwärme fasziniert – Schwärme von Vögeln und Fischen. Bei der Arbeit hatte ich diese Bilder im Kopf.
artechock: Wie macht man das alte Zombie-Thema interessant? Mir kam der Film vor, als hätten Sie viele neue Einfälle eingebaut...
Forster: Man muss ja etwas Neues bringen. Das ist ja auch der teuerste Zombie-Film aller Zeiten – Zombies auf epischer Breite. Meine eigenen Zombies zu kreieren, war mir wichtig. Ich habe mir Menschen mit epileptischen Anfällen und Polizeihunde zum Vorbild genommen. Wir sind das sehr genau mit Tänzern und Bewegungskünstlern angegangen.
artechock: Wo sehen Sie sich als Regisseur? Haben Sie einen Karriereplan? Was ist die authentische Handschrift von Marc Forster?
Forster: Alle meine Filme handeln von unserer Sterblichkeit. Sie beziehen sich auf eine sehr emotionale Basis unseres Lebens. Es gibt viele Genres, die ich noch nie gemacht habe – ich sehe mich weniger in der Tradition deines Hitchcock, der immer das gleiche Genre gemacht hat, als in der eines Billy Wilder, der immer wieder die Tonart gewechselt hat.
artechock: Woher kommt es, das gerade die Sterblichkeit Sie so fasziniert?
Forster: Am Anfang kam es daher, dass ich einige nahestehende Menschen – Familienmitglieder und enge Freunde – verloren habe. So musste ich mich damit auseinandersetzen. Man redet eigentlich sehr selten über den Tod, außer man wird damit durch eine Krankheit oder einen Unfall konfrontiert. Aber am Ende müssen wir alle sterben.
Ich bin trotzdem ein Optimist. In allen meinen Filmen gibt es immer einen Schimmer der
Hoffnung.
artechock: Independent-Film oder Blockbuster – was macht Ihnen mehr Spaß?
Forster: Es kommt darauf an. Bei Independent-Filmen habe ich mehr Kontrolle. Beim Blockbuster gibt es Leute, die mitreden.
artechock: Hatten Sie Vorbilder für World War Z und für Brad Pitts Heldenfigur?
Forster: Ja: Robert Redford in Drei Tage des Condor. Ein „Mann wie jeder andere“, der zufällig zum Helden wird. Darum kann man sich mit ihm so gut identifizieren.
artechock: Wie arbeitet es sich mit Brad Pitt, der ja hier auch ihr Produzent war?
Forster: Während des Drehs konzentriert er sich ganz auf seine Rolle als Schauspieler. Brad Pitt ist als Blockbusterdarsteller noch ein unbeschriebenes Blatt. Er hat nur Troja gemacht, ansonsten eher unkommerzielle Filme.
artechock: Während der Dreharbeiten gab es viele Hiobsbotschaften und negative Stimmung: Nachdrehs, Startverschiebung. Wie geht man damit um?
Forster: Wenn das gestimmt hätte, hätte ich schlaflose Nächte gehabt. Aber vieles hat einfach nicht gestimmt. Ob der Film nun gut oder schlecht ist, müssen die Zuschauer selbst beurteilen – aber ich bin sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Ich habe das Budget und die Drehtage nicht überschritten. Nur haben wir dann das Ende neu gedreht – das jetzige Ende entspricht mir mehr. Die Presse hat das dramatisiert. Fast alles ging reibungslos.
artechock: Wie häufig begegnen Ihnen im Filmgeschäft Zombies?
Forster: Gar nicht so selten. Man muss aufpassen. [Lacht]