19.07.2001

Schau, schau, ein Schuh!

Michael Herbig im Indianerkostüm hinter der Kamera
Herr Herbig bei der Arbeit

Interview mit Michael »Bully« Herbig, Sky du Mont, Christian Tramitz und Rick Kavanian zu Der Schuh des Manitu

Jetzt reiten sie über deutsche Kino-Lein­wänder, Abahachi und Ranger auf der Suche nach dem Schuh des Manitu, der Abahachi dazu verhelfen soll, seinem Stamm den Traum von einem Stamm-Lokal zu erfüllen.
Artechock-Redakteur Thomas Willmann hat sich mit Michael „Bully“ Herbig (Regie, Buch & diverse Rollen), Sky du Mont (der böse Santa Maria), Christian Tramitz (Ranger) und Rick Kavanian (Co-Autor und „Dimitri“, helas!) an’s Lager­feuer gesetzt und ein Pow-Wow gehalten.

artechock: Für Sky du Mont und Christian Tramitz begann das Rollen­stu­dium schon sehr früh – beide haben bereits als Kinder Cowboy & Indianer gespielt.

Sky du Mont: Sehr gerne sogar. Ich hab' mir ne Feder ins Haar gesteckt und bin durch die Gegend getanzt. Ich hab immer die Indianer gespielt, weiß ich, weil die mir immer so leid taten – dass sie nieder­ge­met­zelt wurden. Ich hab so einen kleinen Robin Hood-Komplex – ich bin immer für den Schwächeren, was glaube ich die meisten haben. Nur Western selber hab' ich mir nicht angeguckt. Die haben mich nicht inter­es­siert, komi­scher­weise. Außer Spiel mir das Lied vom Tod und Hombre.

Christian Tramitz: Ich war immer Cowboy. Obwohl das nicht mehr so populär ist im Moment, nach Der mit dem Wolf tanzt. Aber ich war immer Cowboy. Und bin Cowboy geblieben, wie man sieht.

artechock: Wie prägend hingegen dann die Karl May-Filme wurden, das ist eher eine Gene­ra­tio­nen­frage – und entspre­chend unter­schied­lich tief sitzt das für viele Deutsche um die 30 noch immer trau­ma­ti­sche Erlebnis Winnetou III .

Sky du Mont: Ich weiß es gab Karl May-Filme. Ich weiß Pierre Briece spielte mit, Uschi Glas – mit Zöpfen, Ralf Wolter, aber ich hab' nie welche gesehen.

Rick Kavanian: Als Winnetou damals erschossen wurde, das ist mir damals gar nicht so bewusst gewesen. Da war ich noch zu jung. Ich bin ja der Jüngste von uns dreien. Mir wurde es ja dann histo­risch über­lie­fert. (Lacht) Ich hab da erst jetzt ein Post-Trauma entwi­ckelt...

Christian Tramitz: Natürlich, also im Fernsehen war das schon ein trau­ma­ti­sches Erlebnis. Ich hab’s relativ jung im Fernsehen gesehen und hab mir gedacht, au, des is aber wirklich... Es war ja auch – mit der ganzen Musik von Martin Böttcher und was weiß ich; da wurde natürlich schon richtig drauf­ge­drückt... Ich durfte es eigent­lich gar nicht sehen. Das war ja – total Gewalt, Indianer, tot – um Gottes­willen, schlimm! Da hat’s richtig gehagelt. Auch bei Schatz im Silbersee, da geht’s ja gut ab. Santer, der knallt ja da alles ab, was bei drei nicht auf den Bäumen ist, das haut der ja weg, ohne Schwie­rig­keiten. Das hat man als Kind gar nicht so bemerkt. Aber auch, muss ich wirklich sagen, wie extrem lang­weilig die Filme auch teilweise sind. Da merkt man schon, dass der Film sich total geändert hat. Stun­den­lang reiten die irgendwo neben­ein­ander her und schlei­chen sich irgendwo an – es passiert NICHTS eigent­lich. Oder sie finden irgend so ein Teil, und dann sagt er, »Ja, das war so ein Teil, von 'ner Post­kut­sche«... Also so kann man die Filme, glaube ich, nicht mehr machen. Für ihre Zeit aber waren die super, keine Frage!

Michael »Bully« Herbig: Ich saß bei Winnetous Tod zuhause vor dem Fernseher und war zutiefst scho­ckiert. Das war letzt­end­lich Auslöser meines Traumas. Ich war damals acht Jahre alt und habe dieses Erlebnis nie wirklich verar­beiten können. Ich wurde mit dem Problem allein­ge­lassen. Jedesmal, wenn ich dann einen Winnetou-Film gesehen habe, war ich zutiefst erschüt­tert, weil mir war klar: Der macht’s nicht mehr lang! Ich habe dann 20 Jahre recher­chiert, bis ich fest­ge­stellt habe, dass Winnetou und Old Shat­ter­hand erfundene Figuren waren. Und das war dann der zweite Schock. Dann bin ich also richtig in die Recherche einge­stiegen und bin auf Abahachi und Ranger gestoßen, und dann war uns wichtig, da eine authen­ti­sche Geschichte zu erzählen, eben nichts dazu­zu­er­finden, sondern den Wilden Westen so zu zeigen wie er wirklich war.Und insofern war mir das schon wichtig, dass das Format stimmt – sprich: Cine­ma­scope – , dass eine richtige Musik drin statt­findet, Orches­ter­musik, echte Pferde, echte Indianer, echte Sonne, echte Prärie und echte Griechen.

artechock: Nicht leicht, diese Ringen um absolute Authen­ti­zität

Christian Tramitz: Man muss da ja eine Adaption finden. Und zwar für diesen Südstaaten-Slang. In einem normalen Western gibt es diese soge­nannte Synchron­sprache. Da fallen dann so Sätze wie (vorge­tragen in perfektem Synchron-Sprech): »Der Mann hat ziemlich viel Blut verloren. Aber in Madison Bow ist ein Arzt, der flickt ihn wieder zusammen.« So haben die garan­tiert nicht geredet! Deswegen sind wir da ein bisschen authen­ti­scher, denn man muss ja was finden, um diesen Südstaaten-Slang zu über­tragen. Und da bietet sich dieses Breite, Baye­ri­sche, Langsame eigent­lich an.

Michael Herbig: Wir hätten auch Schwä­bisch oder Hessisch nehmen können...

Rick Kavanian: Ne, das wäre nicht südlich genug gewesen...

Michael Herbig: Italie­nisch war dann zu südlich, hätte keiner mehr verstanden. Also sind wir bei Bayerisch gelandet, leicht Bayerisch ange­haucht. Und insofern können wir so glaubhaft den Südstaa­tens­lang wieder­geben. Mir war auch sehr wichtig, mit Vorur­teilen aufzu­räumen. Wir haben das beim Dreh­buch­schreiben sehr oft disku­tiert: Wie weit dürfen wir gehen? Ist das Publikum schon reif für die Tatsache, dass es Homo­se­xua­lität im Wilden Westen gab? Aber wir haben gesagt: Okay, die Leute haben ein Recht darauf, das zu erfahren, und aus aktuellem Anlass muss ich sagen: Wir haben richtig gehandelt. Wenn sich Politiker heute hinstellen und sagen, ja ich bin schwul, und das ist gut so, sind die Menschen auch bereit zu erfahren: Ja, es gab im Wilden Westen Homo­se­xua­lität.

artechock: Die aber wohl­ge­merkt nicht zwischen Abahachi und Ranger zu finden ist!

Christian Tramitz: Ne, also des überhaupt nicht. Ich finde das überhaupt keine Frage. Selbst in der größten Not, Ranger da eine homo­ero­ti­sche Ader anzu­dichten, ist glaube ich... unmöglich.Was ich ganz gelungen finde ist wirklich dieses Ehe-ähnliche Verhältnis. Man merkt, sie können nicht ohne­ein­ander, sie können auch nicht mitein­ander so richtig. Aber trotzdem sind sie natürlich Bluts­brüder und superdick befreundet. Also, wenn’s ernst wird, da ist er schon traurig, der Ranger. Wenn’s dem Abahachi schlecht geht. Und umgekehrt auch.

artechock: Bei Karl May freilich geht’s anders zur Sache.

Christian Tramitz: Absolut. Hunder­pro­zentig. Also da sagt man, »Wenn die zwei net schwul san, dann woaß I a nimmer.« Diese Karl May-Filme aber, die sind ja eigent­lich relativ geschlechtslos. Da gibt es zwar mal Ntscho-Tschi oder so ähnlich, aber so richtig SEX glaub' ich hatten die nicht. Die haben wahr­schein­lich einmal im Zelt Händchen gehalten, so ganz kurz. Aber dann GLEICH wieder losge­lassen. (Lacht)

artechock: Die authen­ti­sche Darstel­lung des Wilden Westens brachte für jeden seine eigenen Heraus­for­de­rungen.

Michael Herbig: Es war für mich auch eine sehr schmerz­hafte Erfahrung, Reiten zu lernen. Kann aber auch sehr reizvoll sein, vom Pferd zu fallen. Also ich musste ohne Sattel reiten lernen. Wir hatten einen sehr, sehr guten ameri­ka­ni­schen Reit­lehrer, es ging ja schließ­lich um Western-Reiten. Ich hatte immer den nötigen Respekt. Irgend­wann hatten wir dann aber so viel Spaß dran, dass wir von Motiv zu Motiv nicht mehr gefahren, sondern geritten sind. Christian und ich haben uns irgend­wann gedacht, als wir da mit unseren Klamotten auf unseren Pferden saßen, mitten in der Prärie: Lass uns einfach der Sonne entge­gen­reiten und sehen was passiert. Aber dann ist mir wieder einge­fallen, dass wir ja einen Film machen müssen.

Rick Kavanian: Ich hab’s probiert auf dem Pferd, da bin ich runter­ge­fallen. Auf dem Esel bin ich auch runter­ge­fallen, aller­dings nicht so tief, da haben sie gesagt: Du bleibst jetzt auf dem Esel.

Michael Herbig: Wir haben ihn festeg­bunden. Das Problem mit Rick ist: Du kannst auf einer riesen Wiese stehen, mit einem einzigen Baum, und Rick läuf dagegen. Rick kriegt auch immer alles auf den Kopf, und Rick fällt überall rein. (Zu Rick:) Du ziehst das halt an.

Rick Kavanian: Das macht mich so komisch.

Michael Herbig: Aber deshalb passen wir auf Rick enorm viel auf. Und deswegen haben wir gesagt: Rick, pass auf, lieber kein Pferd. Und zu Fuß wäre auch blöd gewesen...

Rick Kavanian: Die Reitszene, wo ich Abahachi hinter­her­reite, da ist um uns kilo­me­ter­weit Nichts. Das war sehr gefähr­lich.

Michael Herbig: Es hätte jederzeit sein können, dass der Blitz einschlägt. (Lachen)

artechock: Christian Tramitz hatte zunächst mehr Respekt vor seiner ersten tragenden Kinorolle als vor den Pferden.

Christian Tramitz: Also es war ein Riesen­bammel am Anfang. Wenn man allein diese riesen Kamera sieht, Cine­ma­scope, da rutscht einem dann schon ein bisserl das Herz in die Hose. Das vergeht dann aber. Also so nach zwei Tagen ist es eigent­lich weg, da hat man sich da irgendwie einge­grooved, und dann fängt es auch an, Spaß zu machen. Aber am Anfang, uuuah! Man denkt, Oh Gott, Mensch, jetzt bist Du so und so groß auf so und so einer Leinwand, mach' nicht zuviel, was machst Du, wie bewegst Du Dich, stimmt des alles?

artechock: Alles aber Kinder­spiel im Vergleich zur Musi­cal­nummer – der aller­ersten für Christian Tramitz!

Christian Tramitz: Ja! Ich hoffe auch die letzte! Also dieser Paul Hayes, muss ich sagen, ist ein ganz toller Choreo­graph, der hat da Wunder­dinge bewirkt. Vor allem bei mir. Ich bin eher nicht so das große Bewe­gungs­ta­lent, zumal was das Tanzen anbelangt. Aber der hat das mit einer Engels­ge­duld... Wir haben wirklich eine Woche hart daran gear­beitet, und irgendwie... es geht, sagen wir mal.

artechock: Es geht immerhin gut genug, dass man das Vorbild „Fit as a Fiddle“ aus Singin' in the Rain noch wieder­erkennen kann.

Christian Tramitz: Genau, genau. Super erkannt. Diese Nummer, ich glaube, ich habe sie mir tausendmal ange­schaut... Das ist von einer solchen Klasse, da kommen wir natürlich nicht hin. Unglaub­lich. Wir wollten’s ja dann auch noch mit zwei Bögen machen, und dass der eine... – aber da hatten wir mit den Schritten schon so viel Schwie­rig­keiten, da haben wir gesagt »Das lassen wir jetzt mal weg...«

artechock: Diese Erfahrung verdankt Tramitz Bully, der sich dazu bekennt, ein „Riesen Muscial-Fan“ zu sein, mit all den Klas­si­kern daheim auf DVD. Und der sich auch sonst sehr um die Musik gekümmert hat.

Michael Herbig: Also ich habe wirklich Stunden, Tage damit verbracht mit dem Kompo­nisten, der übrigens auch die Musik bei Erkan & Stefan gemacht hat, mit ihm die Musik zu bespre­chen. Ich bin kein Musiker. Ich kann, wenn, dann nur Vortanzen oder Vorsummen oder ihm Beispiele nennen. Ich habe Musik von anderen Sound­tracks angelegt an die Szenen, damit er eine Orien­tie­rung hat, wie ich’s mir da vorstelle, und dann war das natürlich ein wahn­sin­niges Erlebnis, im Studio zu stehen, die Bilder zu sehen, die du gedreht hast, und ein Orchester zu haben, das dazu diese Musik spielt. Es gab eigent­lich keinen im Studio, der keine Gänsehaut bekommen hat, und das ist für mich nicht nur ein Jugend­traum, sondern das ist echt... So stell ich mir halt Kino vor, dass es mich irgendwie berührt, auch durch die Musik. Auch wenn’s Komödie ist.

artechock: Bully freilich musste nicht nur spielen, singen, tanzen, musi­zieren, reiten und Regie führen, er war zugleich auch noch Produzent des Films.

Christian Tramitz: Der saß manchmal abends an der Bar mit völlig ausdrucks­losem Gesicht. Das war für ihn ein absoluter Mörder-Stress, und es ist wirklich bewun­derns­wert, wie er das geschafft hat, also – unglaub­lich. Ich glaub, er hat irgend­wann vergessen, dass er ja auch Produzent ist. War halt dann einfach Regisseur in erster Linie und hat auch die Rolle noch super gespielt, also: Hut ab, kann ich nur sagen.

artechock: Komödie ist eben doch erstmal harte Arbeit...

Sky du Mont: Man muss vor allem Komik sehr ernst nehmen, so blöd das jetzt klingt. Beim Arbeiten zumindest sehr, sehr ernst nehmen, nur dann wird’s gut. Ich habe sehr viel Komödie gemacht, die wurde nur nie so beachtet, weil man mich ja immer sehen wollte im Blazer mit Gold­knöpfen und Seiden­schal und Cham­pa­gner­glas. Ich habe sogar sehr viel Komödie gemacht, und insofern lag mir das ganz nah. Ich habe ja sehr viel Theater gespielt, und daher habe ich Komö­di­e­n­er­fah­rung, aber das ist ja nicht so beachtet. Im Fernsehen habe ich drei, vier Komödien gemacht, mehr nicht. Für mich ist ein großes Vorbild, was Komik betrifft – was ich nie erreichen werde – aber für mich einer der größten Komiker meines Fachs war Cary Grant. Der ganz toternst sich nie ernst genommen hat und keine großen Verren­kungen gemacht hat, schon damals nicht, in den 30er Jahren – ja, das war große Komik. Als ich das Angebot bekommen habe, hatte ich das große Glück dass ich die „Bully­pa­rade“ anschauen konnte, und ich stand schon immer auf diese „Raum­schiff Enter­prise“-Geschichte („Unser Raum­schiff“ – die Red.), die fand ich ziemlich gut, sehr gut sogar. Und dann hab ich mir das ange­schaut und mir gedacht, dass ist ein Konzept, das gut funk­tio­niert. Weil es nichts Böses hat. Auch wenn es das Homo­se­xu­elle eigent­lich als Trans­por­teur für Komik benützt, so hat es nie etwas Böses. Das ist, glaub'ich, auch der Erfolg. Bösen Humor mag ich nicht. Also, wenn man sich über irgend­je­manden lustig macht, weil er stottert oder so... Aber wenn man etwas benutzt als Trans­por­teur, ohne jetzt böse zu sein, dann find ich das okay. Und das hat mir gut gefallen, und da habe ich mir gedacht »Hey, das könnte gut funk­tio­nieren«. Schwierig wird’s nur sein – die sind so gut aufein­ander einge­spielt, diese Leute, wie passt Du da rein? Und da habe ich mir gedacht, da musst Du mal schauen, wie ich das schaffe. Aber wir haben uns sehr gut verstanden, weil wir ja am A... der Welt waren, nämlich in einem Hotel, wo man eigent­lich gar nichts unter­nehmen konnte und nur Sandwiche essen konnte. Und insofern verbrachten wir unsere Abende in der Hotel­halle und haben uns sehr, sehr schnell sehr, sehr gut verstanden. Was wichtig ist für so einen Film, glaub' ich.

artechock: Die Arbeit am richtigen komö­di­an­ti­schen Timing geht nicht Hals über Kopf.

Christian Tramitz: Das kann sich auch ziehen. Wir haben sehr viel geprobt vorher, und wir hatten den Vorteil, das wir natürlich aufein­ander einge­spielt sind durch die „Bully­pa­rade“. Es gibt so ein bestimmtes Timing, das kann man eigent­lich nicht lernen, das funk­tio­niert zwischen Bully und mir oder zwischen Bully und Rick; das ist schon da, und diese Hürde kann man einfach mal über­springen, und das find ich gut, weil man am Drehort dann dieses Problem einfach nicht auch noch hat. Die Texte sitzen, das Timing sitzt... ich weiß, was er spielt; er weiß, was ich spiel, und das ist natürlich ein Riesen­vor­teil, das hat man nicht oft. Diesen klas­si­schen Satz, den man jetzt immer öfter hört, »das machen wir dann in der Post­pro­duc­tion«, den gab’s bei uns nicht. Wir mussten nur, was ein bisschen schade ist, synchro­ni­sieren, wegen sehr viel Wind. Aber da haben wir uns auch viel Zeit genommen und haben versucht so ganz nah wie möglich am Original zu bleiben. Und einiges konnte man retten.

artechock: Aber schon bevor’s überhaupt ans Drehen geht, kann viel Wasser die Isar... sorry, den Rio Grande, herun­ter­fließen.

Rick Kavanian: Es gab eine Idee, also die Storyline, wie man so schön sagt. Und so peu à peu haben wir das Buch entwi­ckelt und geschrieben, und ich glaube letzt­end­lich so die sechste oder siebte oder achte Fassung nach Über­ar­beiten und Über­ar­beiten haben wir dann gedreht. Und der Film sieht jetzt komplett anders aus als die erste Fassung! (Lacht)In dem Augen­blick, als wir dann die erste Schnitt­fas­sung gesehen haben, hat sie uns zwar gefallen, aber wir haben uns gedacht, da steckt noch mehr drin, das ist noch nicht alles. Wir haben dann auch Anfang diesen Jahres nochmal nach­ge­dreht. Und jetzt (mit der Stimme von „Unser Raum­schiff“-Schrotti) »ist des richtig gut!« Jetzt, denke ich, sind wir eigent­lich alle sehr glücklich über das, was dabei raus­ge­kommen ist. Aber es hat, wie gesagt, lange gedauert; das Drehbuch und, alles in allem, ich weiß gar nicht, wieviel Jahre vergangen sind, ich glaub zwei­ein­halb Jahre oder drei bis jetzt wirklich von der ersten Zeile, von der Idee, bis jetzt zum Kinostart.

Michael Herbig: Das Schöne dabei ist – du arbeitest einein­halb Jahre an so einem Buch, zwar nicht am Stück, holst es mal wieder aus der Schublade, änderst wieder was, schmeisst was raus, packst was rein, und du hast ein Buch in der neunten Dreh­buch­fas­sung. Du gehst an’s Set, alles ist vorbe­reitet, alles ist so, wie du’s bespro­chen hattest, und dann kommt dir eine Idee, und du schmeisst alles über den Haufen. Und dann aber Leute zu haben die sagen: Hey, Okay, lassen wir zu, finden wir geil, machen wir mit – das ist glaub ich ein ganz zentraler Punkt, warum der Film so ist, wie er aussieht, weil das eben zuge­lassen wird, dass Dinge, die einem spontan kommen auch statt­finden. Und da darf man einfach nicht drüber nach­denken, wer das noch lustig finden könnte, sondern musst in dem Moment, was du selber lustig findest, machen.

artechock: Die Kontrolle, wer das noch lustig findet, findet dann nachher bei Test­vor­füh­rungen statt.

Rick Kavanian: Wir hatten eine oder zwei – die Gott­sei­dank sehr gut ange­kommen sind. Und das ist dann natürlich auf jeden Fall eine Hilfe, eine Orien­tie­rung, so nach der ersten Schnitt­ver­sion zu sagen: Guck mal, der Gag funk­tio­niert, oder da waren wir zu Bilder-verliebt oder zu Gag-verliebt, das ist irgendwie einer für uns, der inter­es­siert das Publikum weniger. Und das ist eine sehr sehr wichtige Orien­tie­rungs­hilfe. Deswegen wehr ich mich, und wehren wir uns alle auch, gegen dieses vorwurfs­volle »Ach, die mussten Nach­drehen«. Das klingt immer so wie »Nach­sitzen«. Das war’s aber nicht. Wir haben das Ding gesehen und haben gesagt hey, komm, wir können noch mehr. Und das hat sich einfach gelohnt! Wir haben dann noch mal fünf, sechs Tage nachge... – jetzt hätt ich’s beinahe selber gesagt – weiter­ge­dreht, sag' ich mal, und jetzt ist es einfach so, dass wir alle das Ding sehen und sagen »Ja!, das wollen wir allen zeigen.« Das hoffen wir, dass das funk­tio­niert und dass die Leute ihren Spaß haben, und wir stehen da einfach volle Kanne dahinter. Vor allem für den Bully ist es halt... Der ist ja wirklich, durch die ganzen Funk­tionen, die er da über­nommen hat, wirklich von der ersten Sekunde bis zur letzten dran. Und da die nötige Distanz noch zu bewahren, das ist, glaub' ich, für ihn auch sehr schwer gewesen. Aber darum gibt’s eben diese Möglich­keiten von Test-Scree­nings und das anderen Leuten zu zeigen, die davon eine Ahnung haben, und dann einfach nochmal kurz zu sagen, hey komm, jetzt lassen wir noch mal eine Woche stehen, zwei Wochen stehen, machen was anderes, und dann schaust du’s nochmal an, und dann zeigst du’s nochmal einem Publikum – das ist schon ein sehr lang­wie­riger Prozess.Auch wenn der Vergleich jetzt ein bisschen hinkt, aber auch bei der „Bully­pa­rade“ ist man manchmal zu sehr in den Gag verliebt, oder man verliert einfach dadurch, dass man SO nah an der Sache ist, sehr leicht die Distanz und auch letzt­end­lich den breiten Lacher, weil man zu speziell wird, und manchmal findet man eine Sache urkomisch, und die Leute sitzen davor und sagen »Wo hätt ma'n jezd lacha müass'n?«

artechock: Die Darsteller können bestä­tigen, dass der Eindruck nicht täuscht, den man beim Sehen des Films bekommt: Dass alle mit Begeis­te­rung, Liebe und Verstand für die Sache bei selbiger waren und dabei einigen Spaß hatten.

Sky du Mont: Das hat es auch. Schön wenn der Eindruck entsteht. Es hat RIESEN-Spaß gemacht.Sehen Sie so: Der Michael Herbig hat einfach alles, alles rein­ge­steckt. Und er hat mit einer Präzision und einer Genau­ig­keit gear­beitet, die mich anfangs fast über­rascht hat. Er wollte es so haben, wie er es sich vorstellte. Und er hat nicht locker­ge­lassen – ohne jemals autoritär zu werden; es gab nie einen schlechten Ton in diesem Film, es gab nie ein lautes Wort – aber man wusste: Er lässt nicht locker, bis er den Ton bekommt, den er haben will. Und das halte ich für sein großes Verdienst. Weil: Komödie ist eine Sache des Dosierens, ganz feine Abstim­mungen. Und die hat er so lange gemacht bis er gedacht hat: Das isses.