19.12.2002

»Ich hoffe, dass es nicht nur um mich geht«

Szenenbild JEANS

Die Schauspielerin Nicolette Krebitz über ihre ersten Erfahrungen als Regisseurin von Jeans

Die Schau­spie­lerin Nicolette Krebitz, 1971 in Berlin geboren, arbeitet nach einer Tanz­aus­bil­dung und Schau­spiel­schule seit 1990 vor allem in Kino und Fernsehen. Mit Jeans kommt jetzt ihre erste Regie­ar­beit ins Kino.
Mit Nicolette Krebitz sprach Rüdiger Suchsland.

artechock: Als Schau­spie­lerin hast Du in der Branche ja Deinen Ruf weg: Du giltst als hand­werk­lich hervor­ra­gend, super Ausstrah­lung, pipapo – aber persön­lich sollst Du etwas zickig sein...

Nicolette Krebitz: Quatsch. Das stimmt einfach nicht.

artechock: Hört man aber oft...

Krebitz: Trotzdem Quatsch. Ich bin nicht zickig, im Grunde hab ich einfach nur gear­beitet, genau und verant­wor­tungs­voll. Am Anfang, als ich noch sehr jung war, haben mich manche Regis­seure sicher auch nur wegen meiner braunen Kuller­augen besetzt, und wenn man dann plötzlich auch den Mund aufmacht, und seinen eigenen Kopf hat, kommt es schnell zu solchen Ansichten. Ich habe mit Autoren und Regis­seuren oft um Texte gekämpft. Besonders im deutschen Fernsehen sind die geschrie­benen Texte häufig ganz schreck­lich, klingen wie aufgesagt. So redet aber keiner, so steht es nur in deutschen Dreh­büchern. Und das mag ich nicht gern sprechen, da disku­tiere ich dann schon. Aber nicht alle können mit solcher Kritik umgehen. Nun könnte ich umgekehrt auch etwas über stör­ri­sche Redak­teure und bornierte Regis­seure erzählen – das ist mir aber zu doof.

artechock: Jetzt stehst Du plötzlich selber auf der anderen Seite...

Krebitz: Da bin ich noch ziemlich unreif: Ich finde es schon so toll, dass da wirklich zwei Schau­spieler das spielen, was ich mir ausge­dacht habe – und man sieht es dann in Wirk­lich­keit. Für mich ist das ein Riesen­ge­schenk, wie Weih­nachten. Ein Großteil meiner ersten beiden Filme – von Jeans und dem Kurzfilm Mon Cherie, der ein Teil des Episo­den­film 99 Euro geworden ist – entstand dann am Schnei­de­tisch. Da ich auf digitalem Material gedreht habe, konnte ich expe­ri­men­tieren, und beim Dreh viel impro­vi­sieren.

artechock: Wie kam es dazu, dass Du selber überhaupt zur Regis­seurin wurdest?

Krebitz: Ich habe schon länger mit dem Gedanken gespielt.
Am Film hat mich nie nur dran inter­es­siert, dass ich darin vorkomme. Man kann als Film­schau­spieler am Ende nur ein, zwei Filme im Jahr drehen, die man selbst wirklich gut findet. Und das füllt einen auf Dauer nicht aus. Ich kann als Schau­spieler auch nicht den ganzen Tag ins Fitnes­studio rennen, meine Wohnung in allen möglichen Farben streichen... Also wollte ich etwas Sinn­vol­leres tun.

artechock: Woran haben Sie sich in ihrer Arbeit orien­tiert?

Krebitz: Jeans ist ein spontanes Projekt gewesen, als ich begonnen habe, habe ich über vieles gar nicht so genau nach­ge­dacht: Kann ich das, oder nicht? Ich finde, ich konnte es ganz oft nicht, an vielen Stellen, und es ist im Gesamt­ergebnis trotzdem sehr ok geworden. Gerade weil man die Spon­ta­n­eität sieht. Aber: der Film ist mir nicht »passiert«.

artechock: In seiner Machart erinnert Jeans an den Autoren­film: Rausgehen, Filme­ma­chen, Wahrheit und Authen­ti­zität herzu­stellen aus dem Expe­ri­ment. War das ein Vorbild?

Krebitz: Das Problem ist, dass dies so heute gar nicht möglich ist: Man kann das nur wieder­holen, wieder so tun, als sei man wieder in den Sechziger Jahren. So theo­re­tisch bin ich da gar nicht range­gangen. Ich wollte einfach diesen Film machen, und hatte gar keine andere Möglich­keit zu dem Zeitpunkt, als billig auf DV und spontan zu drehen. Deswegen war eskein Prinzip oder Konzept, sondern der Zwang der Verhält­nisse. Das war halt so.

artechock: Warum heißt der Film eigent­lich Jeans?

Krebitz: Ich hatte bei dem Titel natürlich außer an die Jeans,auch noch an das nette Wortspiel gedacht, an die Gene, die Jungs und Mädchen verbinden. Im Klei­dungs­stück „Jeans“ löst sich genau dieses Geschlech­ter­ver­hältnis auf. Das ist ein Symbol, auch weil man als junger Mensch oft ein spezi­elles Verhältnis zu seiner Lieb­lings­jeans hat, immer eine perfekte sucht, aber noch nicht gefunden hat. Wie die Liebe. So wie es irgendwo die ideale Jeans gibt, gibt es auch irgendwo die wahre Liebe.

artechock: Was war Deine Hoffnung, hat sie sich erfüllt?

Krebitz: Jeans wurde in Berlin gedreht, mit jungen Leuten, die so reden, wie die eben reden, so aussehen, wie die eben aussehen. Ich habe mir nicht vorge­nommen, einen Berlin-Film zu machen, oder zu sagen, wie es in Berlin ist zur Jahr­tau­send­wende. Aber ich wollte etwas erhaschen vom... Zeitgeist viel­leicht, ein schreck­li­ches Wort. Aber ich hoffe, dass der Film offen ist, und dass es da nicht so um mich geht. Es geht auch um all diese Aspekte des Jungseins. Ich hoffe, der Film ist lustig.