»Ich hoffe, dass es nicht nur um mich geht« |
Die Schauspielerin Nicolette Krebitz, 1971 in Berlin geboren, arbeitet nach einer Tanzausbildung und Schauspielschule seit 1990 vor allem in Kino und Fernsehen. Mit Jeans kommt jetzt ihre erste Regiearbeit ins Kino.
Mit Nicolette Krebitz sprach Rüdiger Suchsland.
artechock: Als Schauspielerin hast Du in der Branche ja Deinen Ruf weg: Du giltst als handwerklich hervorragend, super Ausstrahlung, pipapo – aber persönlich sollst Du etwas zickig sein...
Nicolette Krebitz: Quatsch. Das stimmt einfach nicht.
artechock: Hört man aber oft...
Krebitz: Trotzdem Quatsch. Ich bin nicht zickig, im Grunde hab ich einfach nur gearbeitet, genau und verantwortungsvoll. Am Anfang, als ich noch sehr jung war, haben mich manche Regisseure sicher auch nur wegen meiner braunen Kulleraugen besetzt, und wenn man dann plötzlich auch den Mund aufmacht, und seinen eigenen Kopf hat, kommt es schnell zu solchen Ansichten. Ich habe mit Autoren und Regisseuren oft um Texte gekämpft. Besonders im deutschen Fernsehen sind die geschriebenen Texte häufig ganz schrecklich, klingen wie aufgesagt. So redet aber keiner, so steht es nur in deutschen Drehbüchern. Und das mag ich nicht gern sprechen, da diskutiere ich dann schon. Aber nicht alle können mit solcher Kritik umgehen. Nun könnte ich umgekehrt auch etwas über störrische Redakteure und bornierte Regisseure erzählen – das ist mir aber zu doof.
artechock: Jetzt stehst Du plötzlich selber auf der anderen Seite...
Krebitz: Da bin ich noch ziemlich unreif: Ich finde es schon so toll, dass da wirklich zwei Schauspieler das spielen, was ich mir ausgedacht habe – und man sieht es dann in Wirklichkeit. Für mich ist das ein Riesengeschenk, wie Weihnachten. Ein Großteil meiner ersten beiden Filme – von Jeans und dem Kurzfilm Mon Cherie, der ein Teil des Episodenfilm 99 Euro geworden ist – entstand dann am Schneidetisch. Da ich auf digitalem Material gedreht habe, konnte ich experimentieren, und beim Dreh viel improvisieren.
artechock: Wie kam es dazu, dass Du selber überhaupt zur Regisseurin wurdest?
Krebitz: Ich habe schon länger mit dem Gedanken gespielt.
Am Film hat mich nie nur dran interessiert, dass ich darin vorkomme. Man kann als Filmschauspieler am Ende nur ein, zwei Filme im Jahr drehen, die man selbst wirklich gut findet. Und das füllt einen auf Dauer nicht aus. Ich kann als Schauspieler auch nicht den ganzen Tag ins Fitnesstudio rennen, meine Wohnung in allen möglichen Farben streichen... Also wollte ich etwas
Sinnvolleres tun.
artechock: Woran haben Sie sich in ihrer Arbeit orientiert?
Krebitz: Jeans ist ein spontanes Projekt gewesen, als ich begonnen habe, habe ich über vieles gar nicht so genau nachgedacht: Kann ich das, oder nicht? Ich finde, ich konnte es ganz oft nicht, an vielen Stellen, und es ist im Gesamtergebnis trotzdem sehr ok geworden. Gerade weil man die Spontaneität sieht. Aber: der Film ist mir nicht »passiert«.
artechock: In seiner Machart erinnert Jeans an den Autorenfilm: Rausgehen, Filmemachen, Wahrheit und Authentizität herzustellen aus dem Experiment. War das ein Vorbild?
Krebitz: Das Problem ist, dass dies so heute gar nicht möglich ist: Man kann das nur wiederholen, wieder so tun, als sei man wieder in den Sechziger Jahren. So theoretisch bin ich da gar nicht rangegangen. Ich wollte einfach diesen Film machen, und hatte gar keine andere Möglichkeit zu dem Zeitpunkt, als billig auf DV und spontan zu drehen. Deswegen war eskein Prinzip oder Konzept, sondern der Zwang der Verhältnisse. Das war halt so.
artechock: Warum heißt der Film eigentlich Jeans?
Krebitz: Ich hatte bei dem Titel natürlich außer an die Jeans,auch noch an das nette Wortspiel gedacht, an die Gene, die Jungs und Mädchen verbinden. Im Kleidungsstück „Jeans“ löst sich genau dieses Geschlechterverhältnis auf. Das ist ein Symbol, auch weil man als junger Mensch oft ein spezielles Verhältnis zu seiner Lieblingsjeans hat, immer eine perfekte sucht, aber noch nicht gefunden hat. Wie die Liebe. So wie es irgendwo die ideale Jeans gibt, gibt es auch irgendwo die wahre Liebe.
artechock: Was war Deine Hoffnung, hat sie sich erfüllt?
Krebitz: Jeans wurde in Berlin gedreht, mit jungen Leuten, die so reden, wie die eben reden, so aussehen, wie die eben aussehen. Ich habe mir nicht vorgenommen, einen Berlin-Film zu machen, oder zu sagen, wie es in Berlin ist zur Jahrtausendwende. Aber ich wollte etwas erhaschen vom... Zeitgeist vielleicht, ein schreckliches Wort. Aber ich hoffe, dass der Film offen ist, und dass es da nicht so um mich geht. Es geht auch um all diese Aspekte des Jungseins. Ich hoffe, der Film ist lustig.