Ordinary Decent Criminal |
![]() |
|
Ordinary Decent CriminalDer Regisseur und seine Schauspieler |
Der in Dublin geborene, in England lebende Thaddeus O’Sullivan arbeitete zunächst sehr erfolgreich als Kameramann. Seit Anfang der 90er dreht er eigene Filme, mit Nothing Personal war er vor vier Jahren auf dem Münchner Filmfest zu Gast. Jetzt kommt sein neuer Film, Ein ganz gewöhnlicher Dieb (Ordinary Decent Criminal) ins Kino, in dem der diesjährige Oscargewinner Kevin Spacey die Hauptrolle spielt.
Rüdiger Suchsland sprach mit dem Regisseur.
artechock: Ein ganz gewöhnlicher Dieb erzählt die Geschichte einer realen Figur: Die des irischen Gangsters Martin Cahill, der in den 80er Jahren zum Volksheld wurde. Erst letztes Jahr hat John Boorman in The General Cahills Leben erzählt. Wärmen Sie da nicht eine längst bekannte Geschichte zum zweiten Mal wieder auf?
Thaddeus O’Sullivan: Nein, überhaupt nicht. Ich war mir von Anfang an sicher, dass ich etwas Eigenes erzählen wollte, und dass der Film meine Geschichte sein würde. Dass die Fakten um Martin Cahill allgemein bekannt waren, war mir bewußt. Es ging aber darum, aus diesen Fakten etwas zu schaffen, sie auch zu verwandeln. Mein Film dehnt die Geschichte aus, erweitert sie, spielt mit der historischen Wahrheit. Außerdem möchte ich betonen, dass mein Film gleichzeitig mit dem Boormans entstand. Wir wollten nur nicht zur selben Zeit ins Kino kommen.
artechock: Fürchten sie die Konkurrenz mit Boorman? Erzählen Sie doch einmal die Vorgeschichte des Drehs.
O’Sullivan: Ich habe ziemlich lange am Drehbuch gearbeitet. Ich wollte daraus von Anfang an einen fiktive Geschichte machen, während Boorman an einem dokumentarisch-authentischen Portrait interessiert war. Daher fürchte ich auch die Konkurrenz gar nicht. Dafür sind beide Filme zu verschieden. Schließlich handelt es sich um grundverschiedene Interpretationen des gleichen Stoffes. Und jeder merkt sofort, dass ich – bei allen Ähnlichkeiten – die reale Geschichte stark verändert habe. Aber das merkt man erst, wenn man beide Filme kennt. Dem Publikum ist so etwas schwer zu vermitteln. Da geht es mit Filmen ganz anders als auf dem Theater. Dort würde niemand darüber mäkeln, dass zwei verschiedene Inszenierungen von »Richard III« oder »Hamlet« miteinander wetteifern. Und leider wurde mein Film von der britischen Presse nicht gut behandelt.
artechock: Was waren die Vorwürfe?
O’Sullivan: Sie fanden das alles zu hollywoodmäßig, und haben dauernd Boorman und mich miteinander verglichen. Vor allem nahm man mir die Tatsache übel, dass ich die Hauptrolle mit einem Amerikaner besetzt habe.
artechock: Dabei ist doch die Verpflichtung von Kevin Spacey ein Glück für diesen Film...
O’Sullivan: Natürlich! Allerdings dürfen Sie nicht vergessen: Vor seinem Erfolg mit American Beauty war Spacey gar nicht so bekannt, und jedenfalls kein Darsteller der allein mit seinem Namen die Leute ins Kino zieht, wie Al Pacino oder Robert de Niro. Es war eine Freude mit Spacey zu arbeiten. Er hat großen Mut bewiesen, denn zum einen gefällt es natürlich nicht allen, wenn ein Amerikaner einen Iren in einem irischen Film spielt. Und zum zweiten ist die Rolle politisch bis zu einem gewissen Grad belastet: Der historische Cahill forderte nicht nur Polizei und Obrigkeit heraus, er legte sich auch mit der IRA an. Und da mein Film sich ganz auf die Seite seiner Figur schlägt, hört hier für viele der Spaß auf. Aber Kevin Spacey hat sich von diesen Dingen gar nicht beeindrucken lassen.