Mennan Yapo zum Thema Schicksal |
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Sandra Bullock in Die Vorahnung |
Mit Mennan Yapo sprach Nani Fux
artechock: Mennan, Dein erster Film Lautlos basiert bereits auf einer schicksalhaften Begegnung. In Die Vorahnung kämpft jetzt Sandra Bullock als Linda gegen ein ihr zunächst vorbestimmt scheinendes Unheil. In wiefern hat das Schicksal seine Hand im Spiel gehabt bei diesem Film?
Mennan Yapo: Das war tatsächlich schicksalhaft. Ich hatte schon vor Jahren die Idee, einen Film über eine Woche zu machen, in der die Tage durcheinander geraten – aber ich hatte dazu keine Story. Als das Drehbuch kam, dachte ich, das gibt’s nicht. Das war unglaublich.
artechock: Glaubst Du an ein Schicksal in Form einer höheren Macht?
Yapo: Schwierige Frage. Ich glaube, es gibt allein schon durch Deine Gene eine gewisse Form der Vorbestimmung, Raster und Muster, in denen Du Dich unbewusst bewegst. Trotzdem glaube ich auch, dass jeder seines Glückes Schmid ist. Dazu muss man aber seinem Herzen folgen und zunächst einmal erkennen, was einem wirklich wichtig ist, gewissermaßen vorbestimmt. Das findest Du nur heraus, wenn Du Dich aus dem Strudel der Ereignisse herausnimmst, Dich hinsetzt und Dich mit Dir selbst zu auseinandersetzt. Ich glaube, die Lösungen liegen immer in einem selbst, und das ist auch die Erfahrung, die die Protagonistin von DIE VORAHNUNG machen muss.
artechock: Mich hat die Geschichte an Ödipus erinnert: die Unentrinnbarkeit des Schicksals, und das wir ein Unglück selbst heraufbeschwören, indem wir versuchen, es zu verhindern.
Yapo: Das stimmt in sofern, als Du zugleich Lösung, Weg und Teil des Problems bist. Ich habe versucht in Die Vorahnung zu zeigen, dass alles mit allem verknüpft ist. Der Film gibt keine eindeutige Antwort darauf, in welchem Maß Linda das Unglück mit ausgelöst hat, und eine Mitschuld daran trägt. Alles ist mit allem und jeder ist mit jedem verbunden. An dieses Prinzip glaube ich – auch weltweit.
artechock: Es gibt also keine einfachen Ursachen und Wirkungen.
Yapo: Ich habe in meinem Film versucht, von einer kausalen Logik wegzukommen und stattdessen eine emotionale Logik zu entwickeln. Das war mir wichtig. Aktionen und Reaktionen wirken synaptisch, also gleichzeitig in ganz unterschiedliche Richtungen und beeinflussen so das gesamte Netzwerk. Ich wollte dem Zuschauer darum auch nicht vorschreiben, was er denken soll. Der Film versucht, die verschiedenen Türen und Möglichkeiten aufzuzeigen, so dass der Zuschauer sich selbst entscheiden muss. Das ist natürlich superschwer, aber wir haben es versucht.
artechock: Wie passen Schicksalsschläge, wie sie die Protagonistin treffen, in Deine Weltbild?
Yapo: Ich glaube, die sind immer auch immer eine Chance und sollten einen dazu bewegen zu reflektieren und in sich zu schauen. Es ist immer wahnsinnig einfach, allem Möglichen die Schuld zu geben, wenn etwas schief läuft. Ich glaube, dass das Leben aus einer unendlichen Reihe von Prüfungen und Herausforderungen besteht, die man in irgendeiner Weise mit verursacht und denen man sich stellen muss. Ich versuche i einer solchen Situation herauszufinden, wie ich auf diesen Weg geraten bin. Ich will mir nicht anmaßen zu sagen, dass das für alle gilt, aber das ist meine persönliche Einstellung.
artechock: Das heißt auch dass man die Verantwortung nicht nach außen abgibt.
Yapo: Genau.
artechock: Meint das Schicksal es gut mit dir?
Yapo: Ich habe keine Ahnung. Momentan danke ich allen Göttern. Ehrlich gesagt habe sogar jede Sekunde in den schwierigen Phasen genossen. Einfach nur, weil ich mir gedacht habe: „Es ist geil, ich lebe, ich mache Filme.“ Das große Geschenk des Schicksals ist für mich nicht die Chance, einen großen Film zu drehen, sondern dass ich weiß, wohin mein Weg gehen soll.
artechock: Was steht als nächstes auf Deiner Liste?
Yapo: Wir arbeiten daran eine Filmproduktion zu gründen. Und dann würde ich gern auch einmal die allergrößte Herausforderung des Lebens annehmen, nämlich Familie und Kinder. Da Regie zu führen ist vermutlich noch viel schwieriger als irgendeinen Film zu drehen.
artechock: Und mit dem Casting ist das im wahren Leben auch nicht immer ganz so einfach.
Yapo: (lacht) Das Casting gestaltet sich schwierig, genau. Daran arbeite ich seit fast 20 Jahren.