Deutschland/Polen 2008 · 98 min. · FSK: ab 12 Regie: Malgoska Szumowska Drehbuch: Malgoska Szumowska Kamera: Michal Englert Darsteller: Julia Jentsch, Maciej Stuhr, Malgorzata Hajewska, Peter Gantzler, Andrzej Hudziak u.a. |
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Ätherisch: Julia Jentsch |
33 Szenen aus dem Lrben erzählt genau davon: Szenen aus einem Leben, die chronologisch und nicht immer untereinander unterteilt erzählt werden. Im Zentrum steht eine junge Frau, Julia (Julia Jentsch), um sie herum entsteht elliptisch das Bild einer mehrfach dysfunktionalen Familie: Wohlhabende, bürgerliche, dem Westeuropäer etwas altmodisch anmutende Verhältnisse, in denen alle erfolgreiche Künstler sind: Die Mutter Romanautorin, der Vater Filmemacher, Julias Mann ist Komponist, sie selbst Malerin. Alle sind sie Egozentriker, sie reden nicht viel miteinander, und das ist auch nicht weiter schlimm. Es wird erst dann wichtig, behauptet der Film, wenn existentielle Krisen ausbrechen. Das geschieht, als Julias Mutter an Krebs erkrankt, eine Chemotherapie beginnt, und jeder außer ihr selber weiß, dass sie stirbt. Der Vater trinkt, und kurz nach der Mutter stirbt auch er. Auch Julias Ehe wird dieses Jahr nicht unbeschädigt überstehen und am Ende des Films steht der verständliche, aber dennoch regressive Märchen-Wunsch: »Ich möchte so gern wieder ein Kind sein!«
Unter diesem Aspekt wird die Story ganz interessant, wird sie zum subtilen Portrait einer polnischen Gesellschaft, die sich bisweilen nach der Unschuld der historischen Kindheit zurücksehnt, nach der Wärme früherer Zeiten, der Einfachheit des Kommunismus, sowie nach dem Heldentum antikommunistischen Widerstands, auch nach dem großbürgerlichen Alteuropa der Vorkriegszeiten, in denen Künstler noch als Lebenslehrer geachtet wurden.
Krankheit und Krebs ist in diesem Film allerdings noch einmal mehr die gute alte Metapher, die schon vor 20 Jahren von Susan Sontag als ein Weg entlarvt wurde, dem Zufall des Schicksals einen – moralischen – Sinn zu geben. Hier, so wird dem Zuschauer nahe gelegt, hätten alle mal früher miteinander reden sollen, so erscheint die Krankheit nun als Gottesurteil über die Schuld der verdrängten Auseinandersetzung.
Viel Distanz hat die polnische Regisseurin Malgorzata Szumowska nicht zu ihrem Stoff: Sie ist 33, ihr Vater und ihre Mutter starben kurz hintereinander. Und gäbe es nur dieses Geschichte und ihr etwas zu selbstgefälliges Suhlen im Unglück, dann müsste man ärger ins Gericht gehen mit diesem Film. Zum Glück aber ist Szumowska zwar keine gute Drehbuchautorin, aber eine gute Filmemacherin, und darum bleibt 33 Szenen aus dem Lrben sehenswert: Auch das ist altmodisches Kino, aber stringent, erkennbar genau, voller Stilwillen, elegisch. Ein rares Beispiel des polnischen Kinos, von dem man seit den Glanzzeiten von Wajda und Kieslowski wenig gehört hat. Also ein Film, der auch dort, wo er nicht überzeugt, interessant bleibt.