USA 1999 · 121 min. · FSK: ab 16 Regie: Sam Mendes Drehbuch: Alan Ball Kamera: Conrad L. Hall Darsteller: Kevin Spacey, Annette Bening, Thora Birch, Mena Suvari u.a. |
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Dieses junge Objekt der Begierde |
Filme sind nur eine andere Form von Tagträumen. Mit ihnen betreten wir die Reiche der eigenen Phantasie, Abgründe der Angst und Glückverheißungen, geheim und doch wohlbekannt. Beide genießen wir, beide fürchten wir. Meistens gleichzeitig, denn so gut können wir sie in der Regel gar nicht voneinander unterscheiden.
Wie wir alle erlebt auch Lester Burnham (Kevin Spacey) oft solche Tagträume. Da sieht er die Schönheit, die seinem Leben sonst fehlt, sieht Frauen, die auf Rosen gebettet sind, wie die verführerische Angela (Mena Suvari), die Schulfreundin seiner Tochter, eine blonde Schwester Lolitas.
Wir wir alle lebt Lester ein anderes Leben. »I am a gigantic looser« informiert er uns selbst schon recht früh, und wenn wir in den ersten Einstellungen des Films von oben hinabtauchen in seine Normalo-Existenz inmitten einer dieser schrecklichen Idyllen amerikanischer Vorstädte, die Peter Weirs milde Suburbia-Satire Die Truman Show noch in ein allzu wohlgefällig-warmes Licht tunkte, dann ahnen wir bereits ganz fern, was bevorsteht. Wir begleiten Lester durch seinen lieblosen Ehealltag, sein ödes Mittelklasse-Leben, sein Spießerdasein, und was dennoch für ihn einnimmt, ist, dass er sich wenigstens nichts vormacht.
Am Anfang steht der Tod. »In some ways, I am already dead« war Lesters allererster Satz, und noch früher fiel ein anderer, noch schrecklicherer: »Shall I kill your Daddy for you?« fragte eine Stimme aus dem Off ein junges Mädchen, und wir brauchen nicht sehr lange um sicher zu wissen, daß dieses Lesters Tochter ist.
Sam Mendes' allererster, bewundernswert perfekter und einfallsreicher Erstlingsfilm American Beauty hat einen scharfen Blick. Schonungslos wie zuletzt allenfalls Happiness und Fight Club zeigt er uns das ganze Elend, und er zeigt es so, dass wir uns irgendwo jedenfalls selbst wiederfinden, und dass wir trotzdem wunderbarerweise noch drüber lachen können – ein bißchen jedenfalls. Er zeigt uns viel Schönheit, Romantik, Komik und Tragik und mindestens eine der berührendsten Liebesszenen der letzten Jahre. Indem er eine existentialistische Poesie des Scheiterns vor uns ausbreitet, erzählt uns Mendes eine Geschichte vom Ende der Väter, auch unserer eigenen, die es nicht gestattet, sich wohlgefällig zurückzulehnen, weil wir fatalerweise nur zu gut uns selbst erkennen. So gelingt ihm, was großes Kino neben Tagträumen wie alle große Kunst auch immer sein muß: Opposition zum Bestehenden.
»I am just an ordinary guy with nothing to loose. It’s never too late« – Lester Burham ändert sein Leben, und »Schluß mit dem Mist!« denkt auch der Zuschauer spätestens am Ende. Und doch wissen wir, dass sich so schnell nichts ändern wird.
Kevin Spacey liefert eine seiner großartigsten Auftritte und auch ihm ist es zu verdanken, dass wir am Ende sicher sind, dass es zumindest einen Moment gibt, an dem wir Lester Burham ganz nahe sein werden. Irgendwann.