And the King Said, What a Fantastic Machine

Dänemark/Schweden 2023 · 92 min. · FSK: ab 12
Regie: Axel Danielson, Maximilien Van Aertryck
Drehbuch: ,
Kamera: Axel Danielson, Maximilien Van Aertryck
Schnitt: Mikel Cee Karlsson, Axel Danielson, Maximilien Van Aertryck
Filmszene »And the King Said, What a Fantastic Machine«
Überzeugende, manchmal entlarvende Antworten...
(Foto: Little Dream/Central)

Du sollst dir kein Bildnis machen

Axel Danielsons und Maximilian Van Aertrycks Dokumentarfilm ist ein Parforceritt durch die ambivalente Geschichte der stehenden und der bewegten Bilder

Heut­zu­tage kann man es sich kaum noch vorstellen. Als die Foto­grafie im 19. Jahr­hun­dert erfunden wurde, gab es Stimmen, die ernsthaft hofften, dass die neue Tech­no­logie der Wahrheit dienen und die Welt zu einem besseren Ort machen würde. Einem Ort, in dem jede Lüge entlarvt werden kann, indem man sie mit einem Foto oder einem Film, der die „Wahrheit“ zeigt, widerlegt. Wenn jemand behauptet, er springe aus dem Stand 10 Meter hoch, könnte eine „objektive“ Aufnahme ihn umgehend als Hoch­stapler entlarven oder als Lügner.

Doch die Realität entlarvte so einen Opti­mismus als gefähr­liche Naivität. Foto­ap­parat und Film­ka­mera dienten nur in Ausnah­me­fällen der Wahr­heits­fin­dung. Vielmehr wurden stehende und bewegte Bilder dazu genutzt, um Illu­sionen zu erzeugen. Entweder, um Menschen von einer tristen Realität abzu­lenken. Oder um ihre Wahr­neh­mung zu mani­pu­lieren, damit sie eine Lüge für die Wahrheit halten.

Zu den ersten – noch harmlosen – Profi­teuren gehörten Schau­steller. Auf Jahr­märkten führten sie die Aufnahme einer gewal­tigen, damp­fenden Loko­mo­tive vor, die von der Leinwand auf das Publikum zuraste. Furcht­same Zuschauer suchten panisch schreiend das Weite. Mutigere blieben sitzen und genossen den irren Nerven­kitzel, in wenigen Sekunden von eisernen Rädern über­fahren und zermalmt zu werden, ohne wirklich in einer Gefahr zu schweben.

Inzwi­schen sind Fotos oder Filme nichts Beson­deres mehr. Im Gegenteil. Sie scheinen Bestand­teil unseres Lebens zu sein wie die Luft, die wir zum Atmen brauchen. Doch wie ist aus einer optischen Erfindung von ein paar Tüftlern ein Massen­me­dium geworden, ohne das wir scheinbar nicht mehr leben können? Das uns beherrscht und unter dessen Miss­brauch wir physisch und psychisch leiden, so dass man von einer selbst­zer­stö­re­ri­schen Sucht nach Bildern sprechen muss?

Für diese und weitere wichtige Fragen präsen­tiert diese Doku­men­ta­tion über­zeu­gende, manchmal entlar­vende Antworten. Sie sind spannend, scho­ckie­rend, komisch, traurig, jedoch immer höchst amüsant. Denn, wie sollte es anders sein, als Doku­men­tar­film zeigt und analy­siert er die Macht der Bilder auch wieder nur mit mächtigen, verfüh­re­ri­schen Bildern. Egal, wie kritisch der Off-Kommentar sie einordnet. Bilder sind verfüh­re­ri­scher, über­zeu­gender und einpräg­samer als gespro­chene oder geschrie­bene Worte.

Bei dieser Zeitreise durch die Geschichte der Massen­me­dien, kommt einem vieles bekannt vor. Skan­dal­fotos oder -Clips, die einmal Empörungs­stürme verur­sacht haben, lösen heut­zu­tage nur noch Schul­ter­zu­cken aus. Weil wir längst schlim­mere Fotos oder Filmclips gewöhnt sind. Doch diese irrsin­nige Reizü­ber­flu­tung kann die Faszi­na­tion der Menschen für Bilder nicht schmälern. Und auch nicht das Wissen um die Gefahren, die von ihnen ausgehen. Für unsere psychi­sche Gesund­heit, für unsere Bezie­hungen und für unsere Demo­kratie. Kein Wunder, dass man sich beim Zusehen irgend­wann fühlt wie ein Todge­weihter, der höchst amüsiert die Vorbe­rei­tungen für seine eigene Hinrich­tung beob­achtet.

Das Ende des Films erinnert an die Voyager Golden Record. Eine Daten­platte, die im Jahr 1977 mit der Raumsonde Voyager 1 ins Universum gestartet ist. Für den Fall, dass Aliens sie finden, aber mit der Technik nicht klar­kommen, wurde eine Gebrauchs­an­wei­sung beigelegt. Wenn sie dieser Anleitung folgen, bekommen sie die Möglich­keit, die Mensch­heit kennen zu lernen. Oder, um genau zu sein, Töne zu hören und Bilder zu sehen, die die Menschen von sich und ihrer Umwelt aufge­nommen haben. Zeigen diese Aufnahmen die ganze Wahrheit? Eher nicht. Sie zeigen einen kleinen Ausschnitt, damit die Aliens ein gutes Bild von uns Menschen bekommen.