Arlington Road

USA 1999 · 119 min. · FSK: ab 12
Regie: Mark Pellington
Drehbuch:
Kamera: Bobby Bukowski
Darsteller: Jeff Bridges, Tim Robbins, Joan Cusack, Hope Davis u.a.

Im Faradayschen Käfig

Mark Pelling­tons Film über die Schrecken der Nach­bar­schaft

Ein trau­ma­ti­scher Beginn: Verschwommen, grob­körnig, wie in einem Albtraum oder der Erin­ne­rung an etwas fern Zurück­lie­gendes, sieht man einen viel­leicht 12jährigen Jungen laufen. Er läuft, nein: eigent­lich stolpert er über eine asphal­tierte Straße, in irgend­einer durch­schnitt­li­chen Vorort­ge­gend. »Mach schon, sei kein Feigling« – Man hört Stimmen, deren Herkunft unklar ist. Erst allmäh­lich bemerkt man das Blut, das auf die Turn­schuhe des Jungen tropft. Es dauert lange, bis wir das ganze Bild sehen, und erkennen, daß dies kein Traum ist, und bis – fast im selben Moment – der zufällig vorbei­fah­rende Michael Faraday (Jeff Bridges) den Jungen ins Kran­ken­haus bringt, und ihm so das Leben rettet.

So vers­tö­rend, wie der Film beginnt, setzt er sich fort, in gefähr­lich ruhigen Fahr­was­sern, die jederzeit ins Schreck­liche umkippen können. Der gerettete Junge entpuppt sich als Sohn von Faradays Nachbarn Oliver Lang. Faraday, der an der Univer­sität Geschichte lehrt und kürzlich seine Frau, eine FBI-Agentin, bei einem Terror­an­schlag verlor, freundet sich mit den frisch Hinzu­ge­zo­genen an.

Aber mit der Nähe keimt bald auch Verdacht: Ein paar kleine Merk­wür­dig­keiten, ein unwich­tiger Schwindel summieren sich zu der Ahnung, daß etwas mit dieser muster­gül­tigen Durch­schnitts­fa­milie – grandios gespielt von Tim Robbins und Joan Cusack – nicht stimmt.
Es dauert fast bis zum Ende, bis die Zuschauer sicher sein können, was das Geheimnis ist, das hinter Faradays Ahnung steckt. Handelt es sich bei den vermeint­li­chen braven Bürgern tatsäch­lich um rechts­ex­treme Terro­risten, oder ist Faraday nur ein Para­noiker, der mit dem Verlust seiner Frau nicht fertig wird ? Nicht zufällig heißt er im Film nach dem Käfig, in dem ein Mensch vor allen Blitz­schlägen – dem klas­si­schen Eingriff Gottes in die Welt – sicher und zugleich gefangen ist.

Mit Arlington Road ist Mark Pellington in seinem ersten großen Film ein ausge­zeich­neter Thriller gelungen, der eine Thematik aufgreift und mit durchaus eigener Note versieht, die zuletzt in einer ganzen Reihe von US-Filmen behandelt wurde: Auch Enemy of the State (Der Staats­feind Nr.1) und The Siege (Ausnah­me­zu­stand) handelten vom Vertrau­ens­ver­lust in die Insti­tu­tionen des US-Systems.
Arlington Road ist spannend, aber mehr auf Psycho­logie, als auf Action setzend und vor allem gut beob­achtet. Ein intel­li­genter, wichtiger Film, der voller Zeichen ist. Auch im Titel: in Arlington befindet sich das Grabmal des Unbe­kannten Soldaten.