Deutschland 2000 · 95 min. Regie: Axel Engstfeld, Herbert Habersack Drehbuch: Axel Engstfeld, Herbert Habersack Kamera: Wolfgang Thaler |
»Wir wurden in den Kampf geschickt, mit nichts als unseren Mützen in den Händen«, erzählt Michail Kalaschnikow von seiner ersten Berührung mit dem Krieg. Als er kurz darauf verwundet im Lazarett liegt, zeichnet er in erbettelten Schulheften den ersten Entwurf für ein legendäres Sturmgewehr: die AK 47.
Seit jenen Tagen sind über 70 Millionen Exemplare der berühmten Waffe und ihrer Nachfolgemodelle gebaut worden. Das Gewehr, das Kalaschnikow für den Kampf gegen die Deutschen ersann, wurde erst 1947 fertiggestellt – zu spät für den Zweiten Weltkrieg. Stattdessen exportierten die Sowjets sie als durchschlagendste Waffe des Klassenkampfs in alle Welt: von Kuba bis Vietnam.
Beispiellose Karriere einer todbringenden Erfindung, die nicht nur robust und zuverlässig, sondern zudem einfach zu handhaben und außerordentlich billig ist.
Kalaschnikow selbst hat der Erfolg seiner Erfindung nicht reich gemacht. »Hätte ich für jedes Gewehr 50 Kopeken erhalten, würde ich Euch heute allen Euren Sold auszahlen«, sagt er bei einem Vortrag zu den respektvoll lauschenden Soldaten. Er selbst erhält eine kleine Rente – und selbst die bleibt oft genug aus. Stattdessen hat man ihm einst den Stalinorden verliehen – eine Auszeichnung mit zynischem Beigeschmack, denn unter Stalin wurde Kalaschnikows Familie als Großbauern gebrandmarkt und in die sibirische Verbannung geschickt.
Axel Engstfeld und Herbert Habersack zeichnen ein sensibles Porträt des berüchtigten Waffenschmieds, der so gar nichts von einem russischen Rambo an sich hat. Kalaschnikow erweist sich als nachdenklicher Mensch, dem seine Erfindung wenig Glück gebracht hat. »Wir haben das Werk des Teufels getan«, zitiert er Robert Oppenheimers Ausspruch nach dem Abwurf der ersten Atombombe.
Auch die AK 47 dient längst nicht mehr der Verteidigung des russischen Vaterlandes. Die Filmemacher folgen ihren Spuren auf den Waffenmärkten der Welt. Kalaschnikows findet man heute in den Händen sudanesischer Kindersoldaten, amerikanischen Gangster und afghanischen Freiheitskämpfer, die mit ihrer Hilfe einst die Russen aus dem Land vertrieben.
Als Querschläger der Geschichte bezeichnet Kalaschnikow diese fatale Entwicklung. Dass er mit ansehen muss, wie Bürger mit seiner Erfindung ihre Mitbürger töten, schmerzt ihn wie ein alter Granatsplitter, der zu tief im Fleisch sitzt, um ihn zu ziehen.
»Als Kind wollte ich ein Perpetuum Mobile bauen«, erzählt Kalaschnikow. Doch an der Front habe er begriffen, dass es nur eine permanente Bewegung in der Welt gibt, und die werde von Waffen diktiert. Sein Sohn Viktor jedenfalls setzt die Familientradition fort. Auch er ist ein erfolgreicher Waffenkonstrukteur.