Thailand 2003 · 118 min. Regie: Ekachai Uekrongtham Drehbuch: Ekachai Uekrongtham, Desmond Sim Kim Jin Kamera: Choochart Nantitanyatada Darsteller: Asanee Suwan, Sorapong Chatree, Orn-Anong Panyawong, Nukkid Boonthong u.a. |
In den letzten Jahren haben immerhin ein paar Filme des aufblühenden und überaus reichen thailändischen Kinos ihren Weg nach Deutschland gefunden. Zumeist sind diese ersten Begegnungen mit thailändischen Filmen noch den Klischees verpflichtet, die man von diesem Land im Kopf hat: Neben Tourismusstränden, historischen Kulissen und Sextourismus ist dies auch das »Thai-Boxen« genannte Kickboxen. Darum geht es auch hier, doch Ekachai Uekrongthams Film Beautiful Boxer erzählt eine sehr ungewöhnliche, ganz besondere Geschichte.
In deren Zentrum steht Nong Toom, ein Nomadenjunge. Für den brutalen MuayThai-Kampf, in Thailand »der« Volkssport, interessiert sich der sensible Junge aus armen Verhältnissen eigentlich nur, weil man damit sehr viel Geld verdienen kann. Außer zur Unterstützung seiner Familie braucht Nong Toom das Geld auch, um sich selbst zu helfen. Schon in frühen Jahren hat er gespürt, dass er anders ist. Er will eine Frau werden, und spart das Geld für eine Geschlechtsumwandlung.
Beautiful Boxer geht auf eine wahre Geschichte zurück. Er erzählt sie mit den klassischen Mitteln des Boxerdramas la Rocky, die auch die Archetypen aller Heldengeschichten sind: die Initiation, in der der Held seine Begabung erkennt, Ausbildung, Verbesserung und wachsender Erfolg, die Krise, in der das neue Selbstbild und das wahre Ich der Hauptfigur in Konflikt geraten, Überwindung der Krise durch einen »großen Kampf« und Erlösung durch Befreiung zum Ich. Dabei besitzt der Film viele leise Momente, er ist klug und eindringlich inszeniert, und lebt von einem großartigen Hauptdarsteller. Zudem zeigt er viel vom normalen Leben normaler Menschen in diesem Land.
Dabei bedient der Film bei all seinen Stärken, trotzdem auch ein Stück vom etwas verzerrten Bild, das man im Westen offenbar vom thailändischen Kino hat. Denn immer wieder finden in europäische Festivals Filme aus Thailand Eingang, in denen die klaren heterosexuellen Geschlechtergrenzen verschwimmen oder unklar werden, oder Homosexualität im Zentrum steht. So etwa wurde Iron Ladies über eine schwule Volleymannschaft auch bei uns mehrfach mit Erfolg gezeigt. Alle diese Filme haben auch in Thailand Erfolg – doch mehrheitlich ist das dortige Kino genauso heterosexuell dominiert, wie das deutsche.
Über seine konkrete Geschichte hinaus erzählt Beautiful Boxer aber noch viel mehr: Es ist ein Film über Selbstfindung und den Mut eines Menschen, seinen eigenen Weg zu gehen. Damit ist diese Geschichte durchaus repräsentativ für ein ganzes Land, das erst am Anfang seines eigenen Weges steht.