Deutschland 2021 · 114 min. · FSK: ab 6 Regie: Marcus H. Rosenmüller Drehbuch: Marcus Pfeiffer, Marcus Rosenmüller Kamera: Torsten Breuer Darsteller: Milan Peschel, Dimitri Abold, Sebastian Bezzel, Rick Kavanian, Sarah Mahita u.a. |
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Frei- oder Frühschimmer? | ||
(Foto: LEONINE) |
Ein Film zur rechten Zeit, keine Frage. Denn liest man die letzten Horrormeldungen über den Sanierungsstau in bayerischen Schwimmbädern, die Schließung kommunaler Bäder und die damit einhergehende steigende Quote an Badetoten, muss man sich wirklich fragen, ob die Politik nicht völlig verrückt geworden ist, eine der ältesten menschlichen Kulturtechniken oder wie es John von Düffel ausdrückte – eine Zweitsprache des Körpers – einfach so in den Sand zu setzen.
Aber vielleicht hilft ja Marcus H. Rosenmüllers Bademeisterkomödie ein wenig, die politische Moral ein wenig neu zu sondieren. Rosenmüller, der seit seinem Erfolg mit Wer früher stirbt ist länger tot (2006) sich immer wieder seiner bayerischen Heimat zugewendet hat und gelungene Gratwanderungen aus Heimatfilm, Komödie und tiefsinnigem Drama meisterte (zuletzt allerdings mit dem einmal nicht-bayrischen Torwart-Biopic Trautmann), geht es dieses Mal jedoch etwas härter an.
Statt der zärtlich komödiantischen Töne wie etwa in seinem hervorragenden Sommer in Orange (2011), holt sich Rosenmüller Milan Peschel als Bademeister Karl Kruse ins Boot, der mit brachialem Slapstick die Rolle des trotteligen, verschwurbelten, lebens- und liebesunfähigen Bademeisters einer fiktiven bayerischen Kleinstadt abgibt, den die drohende Schließung „seines“ Freibads hart mitnimmt. Im Fahrwasser von Ziemlich beste Freunde kommt dem „behinderten“ Bademeister jedoch der um seine Bleiberecht und nach einer Ausbildung suchende nigerianische Flüchtling und Nichtschwimmer Azubi Sali (Dimitri Abold) zu Hilfe. Und eine Wasserballmannschaft und ihre ebenfalls verschrobene Trainerin (Johanna Wokalek) gibt es auch noch und natürlich Lisa Dengler (Sarah Mahita), eine vom Schwimmsport und ihrem Vater Albert (Sebastian Bezzel) traumatisierte junge Frau.
So zusammengewürfelt und gleichzeitig vorhersehbar, wie es sich hier liest, sieht sich Rosenmüllers Film dann auch an. Mal derbester Klamauk, dann politisch motiviertes Flüchtlings- und Lokalpolitiksdrama und auch noch zweifach zärtelnde Liebesgeschichte, so treibt Rosenmüllers Film schwergängig dahin – statt sich irgendwann thematisch freizuschwimmen steht er mit jedem Schwimmzug dieser überfrachteten Geschichte mehr und mehr vor dem Ertrinken.
Dabei kann
guter Slapstick wie es etwa Adam Sandler gezeigt hat oder erst vor kurzem Kitao Sakurai in Bad Trip durchaus radikal, politisch und tiefsinnig sein. Und Schwimmbadfilme weit mehr als Trottelparaden sein und durchaus Tiefgang vertragen, man denke nur an Männer im Wasser, Swimming with Men oder Gilles Lelouches hervorragenden Ein Becken voller Männer.
Davon sehen wir hier nur wenig, ist der Slapstick weder gut getimed noch wirklich überzeugend, kichert man sich eher fremdschämend ins Fäustchen als schallend in den Kinosaal, werden Tiefsinn und emotionale Dichte – ansonsten eine Stärke in Rosenmüllers Filmen – versenkt, bevor sie überhaupt eine wenig Leben entwickelt haben.
Immerhin gelingen Rosenmüller auf den letzten Metern noch berührende Momente und ein erzählerischer Brückenschlag; ist es ihm hoch anzurechnen, das Flüchtlings-Topos in eine bayerische Kleinstadt zu transportieren und über einen komödiantischen Ansatz erfrischend aufzubrechen, ja überhaupt zu thematisieren. Im Bademeister-Jargon gibt es dafür zwar nicht den Freischimmer, aber immerhin den Frühschwimmer, das sogenannte Seepferdchen, das bekanntermaßen kein Nachweis des sicheren Schwimmens ist, also eine intensive Beobachtung des Schwimmers notwendig bleibt.