Frankreich 2023 · 120 min. · FSK: ab 12 Regie: Olivier Nakache, Éric Toledano Drehbuch: Olivier Nakache, Éric Toledano Kamera: Mélodie Preel Darsteller: Pio Marmaï, Jonathan Cohen, Noémie Merlant, Mathieu Amalric, Luàna Bajrami u.a. |
||
Die Aktivisten-Dödel vom Dienst... | ||
(Foto: Weltkino Filmverleih) |
Wenn man über Éric Toledano und Olivier Nakache schreibt, geht das natürlich kaum, ohne einen ihrer größten Erfolge zu erwähnen, Ziemlich beste Freunde (2011). Aber auch spätere Arbeiten wie Das Leben ist ein Fest (2017), Alles außer gewöhnlich (2019) oder das französische Remake der israelischen Serie In Therapie (2020-21) zeigen ein politisches, die Wunden der gesellschaftlichen Gegenwart sezierendes Kino, das es in Deutschland bis auf wenige Ausnahmen kaum gibt.
Bis auf In Therapie arbeiten Toledano und Nakache gerne mit Komödienelementen – auch das ein in Deutschland eher verpöntes Instrument bei politischen Filmen –, um die sozialen Spitzen so tief und dabei so schmerzfrei wie möglich in das Fleisch einer verfaulenden Gesellschaft zu treiben. Auch in Black Friday for Future ist das nicht anders, werden die Charaktere des hochverschuldeten Albert (Jonathan Cohen) und Bruno (Pio Marmaï) sehr schnell über die Grenzen normalgesellschaftlicher Verlierer-Standards strapaziert. Und auch Henri (Mathieu Amalric), der Leiter einer Schuldnerberatung, wo Albert und Bruno schließlich aufschlagen, um an einem Kurs teilzunehmen, offenbart schon sehr schnell auch seine dunkel-grotesken Abgründe.
Hier setzt dann auch die Konfrontationstherapie ein, die Black Friday for Future vor allem zeigen möchte. Denn über den Selbsthilfekurs bei Henri treffen Albert und Bruno auf eine Gruppe von Fridays-For-Future-Aktivisten, die Umweltsünden genauso bekämpfen wie den außer Rand und Band geratenen Black-Friday-Kauf-Fetischismus, dem Albert und Bruno bis dahin unreflektiert gefrönt haben. Um das trotz Schulden auch weiterhin »under cover« tun zu können, schließen sie sich den Aktivisten an, ohne dabei zu bedenken, dass ihre konsequente Strategie einer Doppelmoral durch Liebe und andere Nebensächlichkeiten ins Wanken geraten könnte.
Toledano und Nakache nehmen sich ausreichend Zeit, um die fragile und höchst poröse Infrastruktur der Klimaaktivisten zu charakterisieren und die Motivation der Gruppe und ihrer einzelnen Bestandteile darzustellen und über die Systemsprenger Albert und Bruno schließlich zu demaskieren. Der Gedanke, dass selbst hinter dem größten moralischen Ethos immer wieder das genaue Gegenteil lauert, ist natürlich nichts Neues, man denke nur an die Strukturen der RAF oder an die Basiskämpfe der frühen Grünen, doch muss gerade dieses Narrativ immer neu erzählt werden, um zu verstehen, dass es letztendlich Menschen sind, die hinter jeder Idee stehen, egal wie neu sie ist.
Dieser Gedanke wird auch in Black Friday for Future klar formuliert, doch anders als in früheren Arbeiten des Regieduos bleiben die beiden Hauptdarsteller letztendlich nur schemenhafte Prototypen einer Idee; ist ihre persönliche Geschichte zu wenig auserzählt, um wirklich Gefühle für sie entwickeln zu können und dann auch der Geschichte die Tragik abzunehmen, die eigentlich in ihr steckt. Stattdessen drehen Toledano und Nakache ein wenig zu stark am Blödelrad, was in Ordnung wäre, wenn die Slapstick-Elemente und Blödeleien auch funktionieren würden. Was selten der Fall ist, da die dazu benutzten Stereotypen schlichtweg schon zu abgedroschen sind und vielleicht auch das Kernthema von der Realität schon eingeholt worden ist, denkt man etwa an die Auseinandersetzungen der Fridays-for-Future-Bewegung, nachdem Greta Thunberg sich im gegenwärtigen Nahostkonflikt pro-palästinensisch positioniert hatte.
Sicherlich hätte der Geschichte auch ein wenig mehr Ernst gutgetan, so wie in Catherine Corsinis In den besten Händen (2021), der mit subtilen tragikomischen Elementen deutlich mehr und aufregender über aktivistische Blasen und die Verwerfungen in der französischen Gesellschaft erzählt.