USA 1996 · 114 min. · FSK: ab 12 Regie: Rob Cohen Drehbuch: Leslie Bohem Kamera: David Eggby Darsteller: Sylvester Stallone, Amy Brenneman, Stan Shaw, Viggo Mortensen u.a. |
Sylvester Stallone versucht mit Daylight erneut, seine abgeflaute Karriere wieder in Schwung zu bringen. Aufs neue gibt er den echten Helden, oder besser HELDEN, und greift, in Ermangelung böser Russen als Feinde, auf ein Genre zurück, das in den ‘70er Jahren äußerst populär war: den Katastrophenfilm – was ja auch prima zum Revival von Schlaghosen und Plateauschuhen paßt.
Am Abend eines normalen Werktages in New York verschließt eine verheerende Explosion (verursacht von drei Typen, die so unbeholfen auf böse Punks gestylt sind, wie man das sonst nur noch aus dem deutschen Fernsehspiel kennt) beide Enden eines unter Wasser verlaufenden Autotunnels.
Schade, das.
Noch mehr schade ist allerdings, daß der Film hier noch nicht enden kann, sondern daß dabei die genreübliche handvoll Überlebender eingeschlossen wird, die allesamt aus dem Großen Handbuch der Klischeefiguren entsprungen sind: eine dysfunktionale Familie, ein schwarzer Polizist (Stan Shaw), ein Turnschuhfabrikant (Viggo Mortensen), vier Strafgefangene und ein altes Ehepaar mit Hund. Und natürlich die junge, hübsche Möchtegern-Autorin (Amy Brenneman), die Stallone am Ende als Belohnung für seine Mühen zu dienen hat. Stallone spielt ein ehemaliges Mitglied des Emergency Medical Services, der seit seiner Entlassung aufgrund einer tödlichen (wenn auch aus edlen Motiven getroffenen) Fehlentscheidung als Chauffeur arbeitet – was dafür herzuhalten hat, daß HELDEN heutzutage kein Vietnamtrauma mehr haben dürfen.
Und wie das im Leben nun mal so ist, ist er nicht nur zufällig direkt vor Ort, sondern auch der einzige, der in der Lage ist, in den Tunnel einzudringen und die Eingeschlossenen zu befreien. Um zu beweisen, daß er ein HELD ist, rennt, klettert, springt, schwimmt, taucht und hangelt Stallone durch den Film, als wolle er eine Medaille im Zehnkampf gewinnen. Um zu beweisen, daß hinter dieser harten Schale nicht nur eine weiche Birne, sondern auch ein sensibles Herz steckt, darf er zwischendurch in eine rührende, kleine Glaubenskrise geraten. Und um zu beweisen, daß es immer noch Dinge in dieser Welt gibt, auf die man sich absolut verlassen kann, steht am Ende seine vollständige Rehabilitation.
Das Ganze ist immerhin leidlich bunt, laut und spannend, und wäre ja durchaus auf einer ähnlichen Ebene wie Independence Day amüsant – eine Überdosis an Klischees, gewürzt mit einer kräftigen Prise unfreiwilliger Komik kann für zwei Stunden einigermaßen unterhalten – wenn der Film nicht auch noch so unsäglich rassistisch und reaktionär wäre.
Wichtig ist dem Film vor allem die
symbolhafte Rettung der amerikanischen Familie und die Bereitstellung einer Frau für seinen HELDEN. Und um das zu garantieren, wird der Tunnel zu einer Art perfider Euthanasie-Maschine, die alle aus dem Weg räumt, die nicht dem Menschen-Ideal eines Pat Buchanan entsprechen. Wer sich gegen Stallone auflehnt, wer schwarz ist, oder wer zusehr mit den bösen, bösen Medien in Verbindung steht, wird prompt erschlagen, geröstet oder ertränkt. Und der Weg zur Rettung aus der Not verbirgt sich
logischerweise hinter einem großen, christlichen Kreuz.
Rob (Dragonheart) Cohen hat uns mit Daylight einen Katastrophenfilm beschert, der eher eine Filmkatastrophe ist und besser in den Hohlköpfen der Macher verschüttet geblieben wäre. Man sollte auf einen Besuch des Kinos für Daylight verzichten und sich statt dessen lieber zwei Stunden echtes Tageslicht gönnen.