USA 1997 · 116 min. · FSK: ab 16 Regie: Gary Fleder Drehbuch: David Klass, James Patterson Kamera: Aaron Schneider Darsteller: Morgan Freeman, Ashley Judd, Cary Elwes, Tony Goldwyn u.a. |
Vergessen wir den deutschen Titel, der so dumm gewählt ist, daß er Kiss the Girls vermutlich den Garaus an der Kinokasse machen wird. Davon abgesehen hat ein Film, bei dem es um einen Serienkiller geht, wenn er auch nur leidlich gut ist, ausgezeichnete Chancen auf einen Kassenerfolg. Serienkiller fesseln uns über die bloße Lust am Horror und das Vergnügen an der Whodunit-Auflösung hinaus.
Kiss the Girls, um das gleich am Anfang zu sagen ist ein sehr spannender Film, ein gutgemachter Thriller, der den Durchschitt seines Genres klar überagt. Ein beachtlicher Film, der den Gang ins Kino lohnt. Trotzdem ist Kiss the Girls doch kein großer Film.
Denn allzusehr bewegt er sich im Schatten der Genre-Klassiker aus den 90er Jahren, vor allem von Seven, Copycat, und vor allem Silence Of The Lambs. Dies beginnt schon mit dem Hauptdarsteller, Morgen Freeman, dessen Rolle des väterlichen, stoischen und gebildeten Detektivs -wie die gesamte düstere, bedeutungsschwangere Atmosphäre des Films- fast eins zu eins aus Se7en entlehnt wirkt. Dieser Alex Cross stammt eigentlich aus der Großstadt Washington, reist aber in die Wälder von North Carolina, um seine verschwundene Nichte zu suchen. Schnell stellt sich heraus, daß sie von Casanova entführt wurde, einem Sammler junger Mädchen, die er ermordet, nachdem er sie zuvor über Wochen und Monate in einem düsteren Verlies gefangengehalten und gequält hat.
Doch es gibt eine Zeugin, die Ärztin Kate McTiernan (Ashley Judd), die als neuntes Opfer dem
Täter in einer halsbrecherischen Flucht entkommen kann. Über ihre vagen Erinnerungen gelingt schließlich die komplizierte Aufklärung des noch komplizierteren Verbrechens. Das alles geschieht ohne falsche Rücksicht auf Realismus, allein im Hinblick darauf, den Zuschauer zu thrillen und ab und an auch zu foppen. Alles wäre gut, wenn Regisseur Gary Fleder nun auf die manchmal überdeutlichen Anspielungen auf die Filmgeschichte verzichte hätte. Sie sind zu grob und zu beliebig, um
zu überzeugen. So stören sie nur. Kiss the Girls wäre besser, wenn Fleder einfach nur seine Story verfilmt hätte. Und noch besser, wenn er sich noch deutlicher zu der Künstlichkeit seiner Geschichten und Anspielungen bekannt und diese konsequent zu Ende geführt hätte, (wie dies in den genannten Meisterwerken geschah).
So bleibt ein guter Film, einige ausgezeichnete Momente, zwei hervorragende Hauptdarsteller, und das Gefühl, daß hier einer gleichzeitig zu viel gewollt, und sich zu wenig getraut hat. Auch dies ist ja nicht das Schlechteste, was sich über einen Film sagen läßt.
P.S. von Thomas: Wollte nur schnell anmerken, daß der (übrigens ideologisch ein wenig arg konservativ geratene) Film mit seinem Schluß dem Begriff »Cum-shot« eine ganz neue Bedeutung verleiht.