Deutschland 2004 · 83 min. · FSK: ab 12 Regie: Hanns Christian Müller Drehbuch: Hanns Christian Müller, Gerhard Polt, Hans Weth Kamera: Fred Schuler Darsteller: Gerhard Polt, Gisela Schneeberger, Moritz Bleibtreu, Rufus Beck u.a. |
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Toll trieben es die alten Germanen |
»Die Germanen, des warn halt die Grattler, so wie die, die da heute rübermachen.« – zu spät kommen sollte man nicht zu Germanikus, denn wenn Gerhard Polt gleich am Anfang seines neuesten Films, dem ersten seit zwölf Jahren, noch mit Strickjacke gewärmt in einem zeitgenössischen Durchschnittsbüro sitzt, und seine sehr persönliche Version vom Untergang des Römischen Reiches zum Besten gibt, dann ist er ganz in seinem Element: Anhand von Römertopf, »Tacitos-Tacos« und Erlebnissen aus dem Italienurlaub wird kurz und knapp die Geschichte des Abendlandes skizziert – eine genial-abgründige Miniatur des alltäglichen Spießertums, wie man es bereits aus Polts früheren Kinofilmen Kehraus (1983) und Man spricht deutsh (1988) kennt.
Im Prinzip könnte man bald danach allerdings auch schon wieder gehen. Denn kurz darauf beginnt, als Traumerzählung eingeführt, dann eine Zeitreise, die den Kabarettisten und seine Zuschauer nach »Sumpfing in Süd-Germanien« führt. Der von Polt gespielte Hermann, ein fauler und auch sonst ziemlich nichtsnutziger Drückeberger zieht als einziger seines Dorfes nicht mit in den Völkerwanderungs-Kampf. Kurz nach der Rückkehr der schwer geschlagenen Überlebenden wird er dann selbst nach Rom entführt, und dort als Sklave verkauft. Über die Zuneigung seiner neuen Herrin Tusnelda (Gisela Schneeberger) steigt Hermann schnell zum Gladiatorentrainer und einige Zeit später zum Römischen Kaiser auf. Fazit: »Man hat’s ja nicht einfach als Germane im Ausland.«
Aber auch dem Kinozuschauer wird es nicht leicht gemacht. Denn in Polts Rom ist zwar alles, wie hier, nur unendlich langweiliger: Die Witze erweisen sich zu über 80 Prozent als Rohrkrepierer, die Pointen sind so schal, wie abgestandener Met. Immer wieder fühlt man sich an den quälend-ranzigen Pennälerhumor eines altsprachigen Gymnasiums erinnert, dessen Verständnis überdies nur den Teilnehmern des Latein-Leistungskurses vorbehalten war. Aber selbst das wäre zuviel des Lobes. Denn humanistische Bildung ist keineswegs vonnöten. Eher sollte, wer mitlachen möchte, vor dem Kartenkauf zwei weingefüllte »Römer« zu sich nehmen. Denn fast drängt sich der Eindruck auf, als wäre die anvisierte Zielgruppe des Films genau jene Klientel, deren derben Schenkelklopfhumor Polt vor einigen Jahren noch so herzerfrischend bissig parodiert hat.
Aber man muss ihn auch ein wenig in Schutz nehmen. Denn an Polt liegt es nicht allein, wenn Germanikus auf ganzer Linie enttäuscht. Der Drehort Cinecitta tat dem Bayern wohl kaum gut, und vielleicht haben diesmal auch einfach zu viele (Produktions-)Köche den Brei verdorben. Zu hektisch und lieblos hastet die Regie von Polts Stammregisseur Hanns Christian Müller durch die Story, bis zum Ende entwickeln Bilder und Story keinen Rhythmus, keine Struktur, werden nur mehr oder weniger stur abgespult. Auch der erfahrene Kameramann Fred Schuler, der immerhin schon für Scorsese und De Palma, sowie in Deutschland regelmäßig für Karmakar gearbeitet hat, wirkt uninspiriert. Und Anke Engelke und Moritz Bleibtreu in Nebenrollen – durchaus komische Talente – machen die Sache eher noch schlimmer. An der Grenze zur Peinlichkeit liegt der Auftritt von Tom Gerhardt, der einen todesgeilen Frühchristen mimt, der es nicht erwarten kann, endlich zum Märtyrer zu werden. Man hat dergleichen, nur zehnmal besser, vor 25 Jahren schon in Das Leben des Brian gesehen. Nur in den wenigen Szenen, in denen sich Polt und Schneeberger einmal Zeit lassen, in denen so etwas wie Atmosphäre und Chemie sich aufbaut, ahnt man, was im Prinzip auch hier möglich gewesen wäre, wie Germanikus zu einer Komödie versteckter Humanität hätte reifen können.
Doch war es offenkundig schon eine prinzipielle Fehlentscheidung, mit Polt einen Stoff anzuvisieren, der fast jeden Gegenwartsbezug von vornherein ausschließt, kaum etwas andere noch zulässt, als die indirekte Parodie und das – hier sehr grobe – Spiel mit Filmverweisen. Das spürt man noch einmal, wenn sich am Ende des Films die Gegenwartsklammer wieder schließt. Zwar lassen sich die groben Scherze über den Papst und das Spiel mit einer kleinen Plastiknonne mit aufziehbarem, rollenden Unterteil kaum als geschmackvoll bezeichnen. Aber immerhin können sie provozieren – was sich vom Rest des Films nicht sagen lässt.