Kroatien/Serbien 2013 · 97 min. · FSK: ab 12 Regie: Vinko Bresan Drehbuch: Mate Matisic, Vinko Bresan Kamera: Mirko Pivcevic Darsteller: Kresimir Mikic, Drazen Kühn, Marija Skaricic, Niksa Butijer, Lazar Ristovski u.a. |
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Dass in den Ländern des ehemaligen Jugoslawiens der jahrelange Krieg tiefe Narben hinterlassen hat, zeigte unlängst das bosnische Drama Djeca – Kinder von Sarajevo (2012). Im direkten Vergleich zu diesem schwermütigen Film erscheint die Tragikomödie Gott verhüte! zunächst fast federleicht. Doch das neueste Werk des kroatischen Filmemachers Vinko Bresan verbirgt unter seiner stoisch-skurrilen Oberfläche tiefe Abgründe, die nur danach drängen, sich ihren Weg an die Oberfläche zu bahnen. Eine in Verknöcherung erstarrte Katholische Kirche und eine allgemeine Ablehnung gegenüber allem Fremden oder Andersartigen geben sich hier die Hand. Diese unheilvolle Allianz treibt dunkle Blüten, die das zu Beginn recht unbekümmerte Treiben langsam, aber sicher zu einer Tragödie umkippen lassen...
Der junge Geistliche Fabian (Krešimir Mikić) zieht in ein Dorf auf einer kleinen dalmatinischen Insel, um dort die Nachfolge des alten Dorfpfarrers anzutreten. Doch dem zurückhaltenden Fabian fällt es schwer, eine ähnlich herzliche Beziehung zu seiner Gemeinde aufzubauen, wie sie sein äußerst beliebter Vorgänger hatte. Der alte Pfarrer sang im Chor, spielte Boule und Fußball in der Seniorenmannschaft. Fabian hingegen ist weder musikalisch, noch sportlich. So sinnt er darüber nach, wie auch er seinen Beitrag für die Gemeinde leisten kann. Unverhoffter Weise entdeckt Fabian seine persönliche Berufung, als der Kioskbesitzer Petar (Nikša Butijer) bei ihm beichtet. Petar besitzt auf der Insel das Kondomverkaufs-Monopol und fühlt sich als guter Katholik für die vielen bereits vor ihrer Geburt getöteten Kinder verantwortlich. Fabian hat eine plötzliche Eingebung, wie Petar seiner göttlichen Strafe entkommen kann: Ab sofort werden alle Kondomspitzen vor dem Verkauf mit Nadeln durchstochen!
Das kleine auf einer Insel liegende Dorf in Gott verhüte! wirkt wie ein Sinnbild für eine weitestgehend von der Welt abgeschiedenen Gesellschaft, das sich neuen Einflüssen nach Möglichkeit verweigert. Dies ist ein fast archaischer Ort aus Stein, in dem Stillstand herrscht und der wie aus der Zeit herausgefallen erscheint. Die blendend-heiße dalmatinische Sonne führt zu einer brütenden Hitze, welche die allgemein herrschende Lethargie zusätzlich verstärkt. Hier ist im Prinzip alles so, wie es schon immer war und so soll es auch bleiben. In diesem Punkte sind sich die hohen Vertreter der Katholischen Kirche und der Großteil der Kirchengemeinde einig, auch wenn die Bevölkerung es mit Dingen, wie dem göttlichen Vermehrungsgebot nicht so ernst nimmt.
Regisseur Vinko Bresan verbindet in Gott verhüte! subtile Ironie mit blanken Irrsinn. Leichte Skurrilität verwandelt sich unverhofft in groben Klamauk. Aber deutlich anders als der für seine wilden Balkan-Komödien berühmte bosnische Regisseur Emir Kusturica (Schwarze Katze, weißer Kater), setzt dessen kroatischer Kollege insgesamt auf eine angenehme Zurückhaltung. Doch dieser Stoizismus lässt das oft groteske Geschehen nur umso surrealer erscheinen. Hinter der gefälligen Fassade eines harmlosen Spaßes verbirgt sich eine ätzende Gesellschafts- und Kirchenkritik. Die Handlung verliert zwar ausgerechnet in ihrem tragischen letzten Drittel deutlich an Dringlichkeit. Doch darüber stülpt sich eine finstere Rahmenhandlung, die in eine fiese Pointe mündet, die keinen Zweifel darüber lässt, dass hier wahrhaftig nicht alles so lustig und so harmlos ist, wie es zunächst erscheinen mag.