USA 2010 · 119 min. · FSK: ab 12 Regie: Michel Gondry Drehbuch: Evan Goldberg, Seth Rogen Kamera: John Schwartzman Darsteller: Seth Rogen, Cameron Diaz, Edward Furlong, Christoph Waltz, Jay Chou u.a. |
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3D in superflach – Dieser Film tut nur so, als wäre er von Gondry |
»Green Hornet« ist natürlich nicht nur jener Tarnname, unter dem Millionenerbe Britt Reid nachts in Los Angeles Verbrecher jagt, er verweist auch ganz unverstellt auf die Greenhorn-Natur seines Trägers. Denn Britt ist ein grüner Junge und ausgemachter Taugenichts. Bis zum Tod seines Vaters, eines Pressetycoons, war er nur ein Partygänger, der jede Nacht einen anderen Drink und eine andere Schöne ausprobierte, und auch jetzt erlebt man ihn als einen verantwortungsscheuen Postpubertierenden, der sein Imperium vor allem als Spielzeug benutzt, um die von ihm erfundene »Grüne Hornisse« zum Star zu pushen, und nebenbei mit dem Erbe seines Vaters Schindluder zu treiben. Aber auch als Superheld ist Britt eine Niete. Hätte er nicht seinen chinesischen Diener Kato, der Kampfkunst-Experte ist, und ein genialer Tüftler, dessen Erfindungen die von James Bonds Q leicht in den Schatten stellen, hätten ihn schon die ersten Gangster in die Flucht geschlagen.
Gute Gründe also, warum The Green Hornet unter Amerikas Superhelden der unbekannteste bis heute eines der geheimen Kapitel aus der Geschichte der Popkultur geblieben ist. Mediengeschichtlich ist er aber womöglich einer der interessantesten: Zunächst in den großen »Radio Days« der 30er Jahre – der Geburtsstunde vieler amerikanischer Superhelden wie »Superman«, »Supergirl« und »Batman« – eine populäre Hörspielserie, drehte Universal nach dieser Vorlage in den 40ern zwei Handvoll »Serials«, B-Movies der mittleren Länge von gut 30 Minuten, die zusammen mit den Wochenschauen als Vorfilm liefen. Mitte der 60er drehte ABC dann eine TV-Serie in 26 Folgen, die für den europäischen Markt wiederum zu zwei Spielfilmen zusammengeschnitten wurden. Man erinnert sich an sie vor allem deshalb, weil ihn ihnen Hongkongs Actionkönig Bruce Lee den Diener Kato spielte. Seit 1940 gab es zudem auch eine Comicserie, die immerhin bis 1993 erschien.
Vielleicht ist es dieses popkulturelle Durcheinander aus überbordenden, sich überlagernden und widersprechenden Referenzen, die einen Regisseur wie Michel Gondry, der mit ungemein innovativen Musikvideos und Filmen wie Eternal Sunshine of My Spotless Mind und Science of Sleep bisher weißgott für anderes steht, für diesen Stoff interessierten. Bereits Mitte der 90er schrieb Gondry ein Green Hornet-Drehbuch, das dem Studio offenbar zu verrückt war. Der Chinese Stephen Chow, als Darsteller ein legitimer Bruce-Lee-Nachfolger, hätte darin Kato spielen sollen. Inzwischen zum Regisseur gereift, bot Sony Chow vor ein paar Jahren dann die Regie eines von ihnen genehmigten Drehbuchs an, das von Comedian Seth Rogan (Superbad) stammte – der im Film auch die Hauptrolle des Britt Reid/Green Hornet übernimmt. Nach Differenzen mit Sony stieg Chow irgendwann aus, und nun kam wieder Gondry ins Boot.
Dass dies auch für ihn keine leichte Arbeit war, sieht man wie überhaupt das ganze Hin und Her dem fertigen Film in jeder Minute an, auch wenn Gondry nun in Interviews gute Miene zum Spiel macht, und verkündet, bei einem solchen Projekt sei es ein Erfolg, wenn noch »sieben Prozent Gondry« im fertigen Film wären – wozu sich dann jeder den Rest denken kann. The Green Hornet ist ein Film, der sich selbst bis zum Ende nicht über den Weg traut, und irgendwie alles auf einmal sein will: Typisches Hollywood-Spektakelkino, eine Mainstreamfilm-Geldmaschine, aber zugleich auch die hochironische Veralberung aller Superheldenfilme seit Adam und Eva. Einerseits ein Starvehikel für Seth Rogan, also Comedy der eher schlichten Art mit Jungs-Witzen, in deren Zentrum ein Nerd steht, der bei den tollen Mädchen nur mit seinem Geld landen kann, und Angst hat, eigentlich schwul zu sein. Und dann auch wieder ein Gondry-Film, also ein Stück voll übersprudelnder visueller Phantasie, die auch den größten Unsinn so ernst nimmt, dass es am Ende richtig gut wird. So gern man es möchte, lässt sich dies über The Green Hornet leider nicht behaupten. Es gibt vier, fünf sehr schöne Gondry-Momente, es gibt eine atemberaubende Szene, in der die rasante Verbreitung einer Nachricht visualisiert wird, worauf sich die Leinwand in am Ende vierzehn Split-Screens auffaltet, und der Film einmal vorführt, wie originell man alles auch erzählen könnte; es gibt Cameron Diaz als Britts verführerische, aber allen Avancen völlig abgeneigte Sekretärin Leonore Case – und es gibt Christoph Waltz als Bösewicht, der auch in der ansonsten desaströsen, den Film endgültig zerstörenden deutschen Synchronisation seine Rolle spricht. Wer bis zum Abspann durchhält, wird an die Graphic-Novels erinnert, denen letztendlich alle Superhelden entstammen. Und, ja: Nicht nur Kato stellt seinen Boss auch diesmal in den Schatten, auch der taiwanesische Star Jay Chou entfaltet in jeder Szene ein Charisma, von dem Rogan bis ans Ende seines Lebens nur träumen wird.
Darüber hinaus ist der Film ästhetisch ein unausgegorenes Durcheinander, erzählerisch biederes Hollywood jener Art, die schon in den 80ern langweilig und nur ein Ausweis der Ratlosigkeit der Studio-Macher war, die irgendwas wollen, aber nicht wissen, wie. Auch hier muss aus dem verweichlichten Millionenerbe ein »richtiger« Mann, also Vaters Sohn werden, der erkennt, dass der zu Lebzeiten verhasste Erzeuger doch immer der Beste war.
Immerhin weiß man am Ende, warum The Green Hornet in einer 3D-Version ins Kino kommen muss: Damit die neuesten 3D-Mythen endgültig als Lug und Trug entlarvt werden, als Märchen von des Kaisers neuen Kleidern: Selten zuvor war so deutlich, dass bei 3D nichts dreidimensional ist, sondern einfach eine weitere Fläche vor die Leinwand gepappt wird, wie im Pop-Up-Buch. Nur, dass hier ganz und gar nichts poppt.