Iran/Irak/Ö/F 2006 · 113 min. · FSK: ab 12 Regie: Bahman Ghobadi Drehbuch: Bahman Ghobadi, Behnam Behzadi Musik: Hossein Alizadeh Kamera: Nigel Bluck, Crighton Bone Darsteller: Ismail Ghaffari, Allah Morad Rashtiani, Hedye Tehrani, Hassan Poorshirazi, Golshifteh Fa u.a. |
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Plädoyer für die Freiheit der Kunst |
Spätestens, seit er 2004 beim Festival von San Sebastian mit Schildkröten können fliegen gewann, gehört Bahman Ghobadi zu den bekanntesten Filmemachern des Iran. Wie die Makhmalbaf-Familie und Abbas Kiarostami – dessen Assistent er eine Weile war – hat der 1969 Geborene zunehmend Schwierigkeiten mit dem Teheraner Regime, zumal Ghobadi zum Teil kurdischer Herkunft ist. Wie seine Regiekollegen muss er sich einer indirekten Bildsprache bedienen, um seine Filme durch die Zensur zu schleusen, werden politische, soziale und moralische Themen hinter poetischen Bildern und einem märchenhaften Grundton verschleiert. Hat man diese Voraussetzungen im Kopf, ist Half Moon erstaunlich offen und direkt. Ghobadis neuer Film, mit dem er 2006 wiederum in San Sebastian gewann, sich den Preis allerdings mit dem Franzosen Martial Fougeron teilen musste, ist im Grunde nichts anderes, als eine poetisch verbrämte Reflexion über das Dasein als Künstler im Iran der Gegenwart.
Half Moon ist ein Road-Movie, der den Betrachter durch den Norden des Iran nach Kurdistan führt. Erzählt wird von einer Gruppe alter, ausschließlich männlicher Musiker, die für ein großes Konzert, dass zur Feier des Sturzes von Saddam Hussein im Irak stattfinden soll, eine Sängerin sucht. Gespielt werden soll kurdische Musik, die im Irak lange unterdrückt war. Sologesang jedoch ist wiederum Frauen von den Mullahherrschern des Iran verboten.
Es beginnt fast heiter: In einem alten Schulbus bricht der alte, kranke Mamo (Ismail Ghaffari) auf, begleitet von seinen zehn Söhnen, die zusammen das Orchester bilden. Ihr Weg führt sie durch eine wunderschöne einsame Berglandschaft, und eine Weile kann man den in prächtigem Cinemascope gefilmten Half Moon beinahe auch als Dokumentarfilm genießen. So begegnet man unter anderem auch einem abgelegenen (von Ghobadi erfundenen) Bergdorf, in das über 1300 Sängerinnen vor den Verfolgungen geflohen sind. Dort holen die Musiker die einst gefeierte junge Sängerin Hesho (Hedye Tehrani) ab. Ihre Stimme soll das Konzert vervollkommnen. Doch von nun an ist die Reise illegal, Hesho muss im Bus versteckt werden. Die Schwierigkeiten häufen sich; das Regime zeigt seine bedrohlichen Seiten: Beklemmend sind die Kontrollen des Militärs, erschütternd eine Szene in der Soldaten einen Großteil der Instrumente zerstören. Doch der alte Mamo bleibt stur. Zunehmend führt ihn diese Reise durch Grenzgebiete und über Grenzen auch an eigene Limits in ein traumhaftes Schattenreich.
Half Moon ist ein trickreiches Spiel, das von seinen eindrucksvollen, fremdartig-faszinierenden Bildern bestimmt wird, und dem westlichen Zuschauer viel Ungesehenes zeigt. Im Iran wurde Half Moon kaum überraschend kurz nach seiner Uraufführung verboten.