Frankreich/I/B 2009 · 115 min. · FSK: ab 6 Regie: Zabou Breitman Drehbuchvorlage: Anna Gavalda Drehbuch: Zabou Breitman, Agnès de Sacy Kamera: Michel Amathieu Darsteller: Daniel Auteuil, Marie-Josée Croze, Florence Loiret-Caille, Christiane Millet u.a. |
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Verpasstes Leben: Die Geliebte |
Ich habe sie geliebt – Dieser nüchterne Titel steht für ein klares Statement. Und doch hat sich Pierre (Daniel Auteuil), Familienvater und erfolgreicher Geschäftsmann, nie zur Liebe seines Lebens bekannt. Zabou Breitmann, zuletzt vor der Kamera zu sehen als Mutter und Ehefrau in der Midlifecrisis im erfolgreichen französischen Familienfilm C'est la vie, gelingt als Regisseurin ihres dritten Spielfilms ein nicht weniger berührendes Liebesdrama. Genauer gesagt erzählt sie uns in Je l’aimais gleich zwei unglückliche Liebesgeschichten und entführt uns in die tiefen Gefühlswelten unerfüllter Liebe.
Zunächst ist da Chloé (Florence Loiret), Mutter zweier kleiner Mädchen, frisch sitzengelassen vom Ehemann und Vater ihrer Töchter. Ausgerechnet Pierre, der Vater des Untreuen, nimmt sich der traumatisierten Frau an und begleitet sie ins Familienchalet in die Berge, wo sie sich von der Trennung erholen soll. Chloés Kummer und Gefühlsausbrüche rufen in dem sonst wortkargen Mann lange zurückliegende Gefühle hervor und bringen ihn zum Reden. Er erzählt nun erstmals die Geschichte seiner großen Liebe und das Geheimnis seines Lebens. Hier baut Breitman die zweite, den Film dominierende Geschichte auf. Pierre traf einst Mathilde (Marie-Josée Croze), mit der ihn eine leidenschaftliche Liebe verband, für die er aber nicht in der Lage war, sein geordnetes Familien- und Gesellschaftsleben aufzugeben. Anhand der Erzählungen Pierres und in Form von Rückblenden erfährt der Zuschauer die Geschichte der beiden. Eine Liebe in immer anderen Hotelzimmern, an immer anderen Orten der Welt, die nie den Weg in den Alltag gefunden hat.
Kennt nicht jeder diese Geschichten, die gleich zwei Frauen ins Unglück stürzen? Auf der einen Seite die Ehefrau, die verzweifelt versucht, ein geordnetes Familienleben aufrechtzuerhalten, und sei es nur um die Vorteile ihres Lebens im Wohlstand und den guten Ruf nicht zu verlieren. Und auf der anderen Seite die Geliebte, immer in der Hoffnung, der Mann könnte sich doch irgendwann für sie entscheiden und ein normales, öffentliches Leben mit ihr führen. Breitman wertet das Verhalten ihrer Figuren nicht. Sie führt uns ganz objektiv die Vertracktheit solcher Dreiecksgeschichten vor Augen, die, egal wie, immer Verletzte zurücklassen. In diesem Fall bleiben sogar alle drei Beteiligten auf der Strecke.
Chloés Schicksal bildet in Je l’aimais nur die Leinwand, auf der Pierres Geschichte gezeichnet wird. Nur in kurzen Sequenzen kehrt der Film zu ihr zurück. Der Charakter von Pierre allerdings fügt sich über die zwei Zeitebenen letztlich zu keiner Einheit, was man dem Film jedoch nachsieht. Denn er versteht es, den Zuschauer zu bannen und in die immer intensivere Gefühlswelt der Liebe zwischen Pierre und Matilde zu ziehen, die anfangs noch eine Leichtigkeit hat, dann leidenschaftlich und schließlich zerstörerisch wird. Vor allem die junge Frau, mit dem Wunsch nach mehr, scheint an ihr zu Grunde zu gehen. In Szenen, in denen Pierre sie mitten in der Nacht verlässt, um zurück zur Familie zu gehen, wird die Einsamkeit und die unliebsame Rolle nicht nur der Ehefrau, sondern auch die Tragik der Geliebten spürbar.
Pierres Geschichte soll Chloé am Ende helfen, den Glauben an die Liebe nicht zu verlieren. Die Trennung als Chance auf einen Neuanfang, ein besseres Leben. Etwas kitschig wirkt am Ende die Metapher des Lichts am Horizont als Hoffnungsschimmer der verzweifelten Frau – aber das Bild passt in diesen gefühlsintensiven Film: Große Gefühle für diejenigen, die sich mal wieder einen Film lang der Tragik der Liebe hingeben wollen.
Auf dem Filmfest: Mi., 01.07., Cinemaxx 3, 22:30 Uhr