USA 2022 · 108 min. · FSK: ab 12 Regie: Tom Gormican Drehbuch: Kevin Etten, Tom Gormican Kamera: Nigel Bluck Darsteller: Nicolas Cage, Pedro Pascal, Sharon Horgan, Lily Sheen, Tiffany Haddish u.a. |
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Ein Film von Fans für Fans | ||
(Foto: Leonine) |
Kaum taucht er auf der Leinwand auf, ist Nicolas Cage wieder Nicolas Cage. Wie er in seinem Wagen enthusiastisch zu Creedence Clearwater Revival auf dem Lenkrad herumtrommelt, dazu Laute zwischen Schreien und Singen ausstößt und die personifizierte Lust am Overacting darstellt, das kann einfach nur er. Damit erzeugt er seit Jahrzehnten bei den einen Kopfschütteln, bei den anderen Freudenstürme. Für letztere Klientel ist Tom Gormicans Massive Talent dann wohl der heilige Gral. Denn Herr Cage spielt hier die Rolle, die er am meisten beherrscht: buchstäblich sich selbst.
Im Film selbst wäre er dann allerdings doch lieber jemand anderes. Für den ehemaligen Star aus Con Air und Face/Off interessiert sich im gegenwärtigen Hollywood kein Mensch. Dafür hat sich ein Schuldenberg angesammelt und das Verhältnis zum Töchterchen (Lily Mo Sheen) ist mehr als kühl. Dass da wohl Einiges aus dem wahren Privatleben als Vorbild diente, ist wahrscheinlich, wenn man bedenkt, dass der Schauspieler immer wieder gern wegen seines verschwenderischen Lebensstils in den Schlagzeilen stand. Dann jedoch entschließt sich der Film-Cage zu etwas, was der Echte wohl niemals machen würde: Die Karriere an den Nagel hängen. Da kann sein imaginäres Alter Ego (mit Wild at Heart-Shirt und haarsträubender Langhaarfrisur) noch so auf ihn einbrüllen, dieses Kapitel der Filmgeschichte wird geschlossen. Zur finanziellen Entlastung muss ein Auftrag dann aber doch noch sein. Auch wenn der Oscar- und Razzie-Preisträger eher grummelnd zusagt, eine Million-Dollar-Gage für das Erscheinen auf einer Geburtstagsfeier in Mallorca ist noch drin.
Bis zu diesem Punkt von Massive Talent gibt es schon wieder so viele Cage-Momente, wie man sie sonst nur in einem der unzähligen Best of-Videos auf YouTube findet. Nicolas schreit, singt, trinkt, verzweifelt, alles in der üblichen Manier. Und wenn man auch nur ein bisschen etwas mit seinem Schauspiel anfangen kann, ist das Unterhaltung vom Allerfeinsten. Dieser Film versucht überhaupt nicht etwas anderes zu sein als eine Hommage an seinen Hauptdarsteller (und Produzenten). Wie man auch zu ihm steht, er ist ein faszinierendes Kuriosum. IMDB verzeichnet 110 Filme, in denen er als Schauspieler auftrat, darunter wirkliche Perlen (Mandy, Leaving Las Vegas, Bad Lieutenant), zahllose Gurken (die Aufzählung erübrigt sich) und immer wieder diese Werke, bei denen man einfach nicht weiß, wie man sie bewerten soll (Vampire’s Kiss). Wo kann man da nun Massive Talent einordnen?
Auf der spanischen Insel angekommen, entpuppt sich der Gastgeber als Javi Gutierrez (Pedro Pascal), seines Zeichens Multimillionär mit Villa und allem, was dazu gehört. Und was noch wichtiger ist, Nic-Fan und Drehbuch-Debütant. Nach einigen Startschwierigkeiten freunden sich die beiden dennoch an und wollen der Filmidee wirklich Leben einhauchen. Doch der junge Cineast scheint selbst nur ein Schauspiel aufzuführen. Auf einmal findet sich Nicolas Cage umgeben von CIA-Agenten wieder, die ihm auftischen, Javi wäre in eine Entführung verwickelt und auch ansonsten ein Ganove im großen Stil. So muss unser Held also noch eine Rolle annehmen, und zwar die des Spions.
Nun wird es wirklich schwierig. Massive Talent macht wirklich Spaß, vor allem weil das Vergnügen des Dreh- und Angeldarstellers einfach offensichtlich ist. Egal, ob es sich jetzt um Verfolgungsjagden, LSD-Trips oder Familienkonflikte handelt. Auch die Referenzen auf seine bisherige Karriere und die gelegentlichen Ausflüge in die Meta-Ebene sind gewitzt und pointiert. Wenn Cage und Javi über ihr Filmprojekt reden, sprechen sie ganz klar über das, was gerade in Massive Talent geschieht. Trotzdem merkt man durchgehend, dass dieser Film nur und wirklich nur mit Nicolas Cage in der Rolle des Nicolas Cage funktioniert. Würde er nicht sich selbst spielen oder – Gott bewahre! – wäre sogar ein ganz anderer Schauspieler gecastet worden, Tom Gormicans Werk wäre nur ein schneller Comedy/Action-Spaß für zwischendurch. Für mehr fehlt dann doch die Substanz und wenn man realisiert, wie vorhersehbar die Handlung abläuft, geht sie einem fast schon auf die Nerven. Kurz gesagt, es wäre einer der unzähligen B-Filme, die Cage schon zu verantworten hat. Man hat das Gefühl, ein Film gewordenes Stück Fan Fiction auf der Leinwand zu sehen.
So billig es klingt, so kann man Massive Talent auch zusammenfassen: Es ist ein Film von Fans für Fans – und eben für Nic. Wer bei »Not the bees!!« und »Why couldn’t you put the bunny back in the box?« nicht anders kann, als ein breites Grinsen aufzusetzen, bekommt hier alles, was er braucht. Wer schon beim Gedanken daran den Kopf schüttelt, der wird das Kino mit schmerzendem Genick verlassen.