USA 1997 · 155 min. · FSK: ab 12 Regie: Clint Eastwood Drehbuch: John Behrendt, John Lee Hancock Kamera: Jack N. Green Darsteller: Kevin Spacey, John Cusack, Jack Thompson, Irma P. Hall u.a. |
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Kevin Spacey als Dandy in the Old South |
Am Anfang fühlt man sich wie in einer Southern Comfort-Reklame. Wir befinden uns in mitten im Old South, in Savannah, Georgia im Jahr 1982. Die Menschen sind entweder weiß und traditionsverhaftet oder schwarz und exotisch, sie trinken harte Getränke aus schweren Gläsern und alles ist in ein goldbraunes Licht getaucht, das im antrainierten Zeichensystem des ausgehenden Jahrhunderts für »Südstaaten« steht. Natürlich mögen die Leute auch keine Yankees. Ein solches Nordlicht ist John Kelso (John Cusack) und ein »Klugschwätzer« obendrein. Eigentlich soll der Journalist nur für ein Gesellschaftsmagazin über die Weihnachtsparty des neureichen Antiquitätenhändlers Jim Williams (Kevin Spacey) berichten. Doch der entpuppt sich als ein schwuler Dandy, und tötet in der gleichen Nacht seinen Lustknaben Billy.
Diese erste Dreiviertelstunde, das geduldige Ausbreiten der Szenerie mit ihrem klammheimlichen Nord-Süd-Konflikt, dem Voodoo-Zauber und ihren merkwürdigen Figuren ist Clint Eastwood ganz gut gelungen. Dann aber wird das Gesellschaftsdrama zum Prozeßfilm, mit ähnlichen Klischees und vorhersehbaren Überraschungen, wie wir sie aus jeder Grisham-Verfilmung kennen. Mitternacht im Garten von Gut und Böse heißt das neueste Werk des Regisseurs Eastwood. So lang und umständlich wie der Titel ist dann auch der Rest des Films. Nichts zu spüren von der Gradlinigkeit von Absolute Power oder den Abgründen aus Perfect World. In beiden Filmen wurden Realität und Ideal des amerikanischen Traums geschickt gegeneinander ausgespielt.
Wie fast immer bei Eastwood geht es auch hier wieder darum, die Grenzen zwischen Gut und Böse verschwimmen zu lassen. »Die Wahrheit liegt im Auge des Betrachters«, so lautet analog zu zeitgenössischen ästhetischen Theorien die Message, die der Zuschauer mit nach Hause nehmen darf. Das ist in unübersichtlichen Zeiten wie den unseren gewiß prinzipiell ein nützliches Doggy-Bag (und nebenbei gemerkt der Grund, warum Eastwoods Film intelligenter ist, als die meisten Grisham-Verfilmungen, bei denen man als Zuschauer immer schon ein Besserwisser ist). Nur, wenn intelligente Ideen dann so lahmarschig und vorhersehbar verfilmt werden, wie eine eine Jack Daniels Reklame, dann rutscht man halt früher oder später im Kino unruhig hin und her.
Solche Unruhe kann auch die nur zart angedeutete Liebesgeschichte John Kelsos mit einer Südstaaten-Schönheit (gespielt von Eastwood properer Tochter Mandy, die aussieht wie Bobby Ewings dritte Frau) nicht mindern. Eher hat man den Eindruck, daß jene Szenen nur gedreht wurden, weil sie eben in der Buchvorlage von John Berendt vorkommen. Oder um klarzustellen, daß unser Held keinfalls etwas mit dem Transvestiten »The Lady Chablis« etwas hat.
Am Ende gibt’s wie gesagt keine Wahrheit aber ein Urteil. Natürlich ist alles irgendwie auch eine Vatersuche, und den Vater schlag nach bei Freud- findet man nur, indem man ihn verliert. Wie das dann genau geschieht, das soll für diejenigen, die sich trotz allem die beiden großartigen Hauptdarsteller nicht entgehen lassen wollen, aber nicht verraten werden.