Monsieur Claude und sein großes Fest

Qu'est-ce qu'on a tous fait au bon Dieu?

Frankreich 2021 · 99 min. · FSK: ab 0
Regie: Philippe de Chauveron
Drehbuch: ,
Kamera: Christian Abomnes
Darsteller: Christian Clavier, Chantal Lauby, Ary Abittan, Alice David, Medi Sadoun u.a.
Filmszene »Monsieur Claude und sein großes Fest«
Alles beim Alten...
(Foto: Neue Visionen)

Wie Rex Gildo im Möbelhaus

Der inzwischen dritte Teil des Urvaters der modernen Culture-Clash-Komödie ist arg angestaubt, aber die französischen Zuschauerzahlen deuten darauf hin, dass das Format für die Seele Frankreichs weiterhin unentbehrlich ist

Viel­leicht wäre die Gelb­wes­ten­be­we­gung ja zu verhin­dern gewesen, hätte die Politik besser auf Monsieur Claude und seine Töchter (2014) gehört. Denn immerhin hat hier ein Film sehr präzise und mit den Waffen der Komödie darauf hinge­wiesen, dass der familiäre Kern des weißen Frank­reich und seiner Provinzen bedroht, gespalten, ja in Aufruhr ist, ja mehr noch, dass der Riss inzwi­schen durch die Familien selbst geht. Komödien wie Mein Stück vom Kuchen oder Ein Becken voller Männer haben die Provinz viel­leicht diffe­ren­zierter auser­zählt, aber auch deutlich aggres­siver und düsterer, denn am Ende der ersten beiden Teile war trotz der fami­liären Verwer­fungen in Claudes Familie – in deren Töchter sich nun mal weder Katho­liken noch Franzosen verliebt hatten – dass der legendäre Gleichmut der fran­zö­si­schen Seele am Ende doch immer siegt und damit Frank­reich in seinen Grund­festen bestehen bleibt.

Im dritten Teil ist das selbst­ver­ständ­lich nicht anders, wird erneut das Culture-Clash-Tohu­wa­bohu durch­de­kli­niert, für das auch die beiden ersten Teile berühmt-berüch­tigt geworden sind. Und auch dieses Mal ist der Plot über­schaubar: zum 40. Hoch­zeitstag von Claude (Christian Clavier), und Marie Verneuil (Chantal Lauby) orga­ni­sieren ihre vier Töchter eine Über­ra­schungs­party. Dafür laden sie die Eltern ihrer Ehemänner nach Chinon ein, wo diese im Haus von Claude und Marie für einige Tage unter­kommen sollen. Dass Fami­li­en­feste sehr oft unan­ge­nehme Wahr­heits­feste sind, wissen wir nicht erst seit Thomas Vinter­bergs Klassiker Das Fest oder erst kürzlich in dem wunder­voll poeti­schen Das Pfau­en­pa­ra­dies, aber mit so unter­schied­li­chen kultu­rellen Grun­die­rungen – in diesem Fall China, Algerien, Israel und die Elfen­bein­küste – bekommt dieses Fest natürlich einen ganz besonders massiven Booster.

Das ist im Grunde nicht neu, ging es ja auch schon in den ersten Teilen immer wieder um kultu­relle Iden­ti­täten und Alt-Claude-Regisseur Philippe de Chauveron liefert auch hier ab, was jeder erwartet.

Mit den auf Besuch kommenden Eltern ist das aller­dings noch ein wenig platter als bisher schon, und zeigt sich auch schon bald, dass das Rezept ein wenig in die Tage gekommen ist. Denn was hier an kultu­rellen Eigen­heiten aus den jewei­ligen Kultur­kreisen aufge­tischt wird, ist so blöd und stereotyp, dass es meist sehr weh tut und einem ein wirklich unkon­trol­liertes Lachen selten gelingen will. Es bleibt, wenn überhaupt, beim Kichern. Das will nicht heißen, dass eine Komödie keine Stereo­typen braucht, machen gerade sie doch die Würze dieses Genres aus. Aber was hier produ­ziert wird, sind keine Stereo­typen, sondern völlig über­kom­mene, kaum mehr exis­tie­rende kultu­relle Attribute der hier aufge­tischten Kulturen. Und das ist dann, in seiner Repro­duk­tion veral­teter »Wahr­heiten«, gerade der heuch­le­ri­sche Rassismus, den das Format ja eigent­lich ins Lächer­liche ziehen will.

Gleich­zeitig merkt man dem Film fast durchweg die ange­zo­gene Hand­bremse an, wird jeder Schlag unter die Gürtel­linie mit einem politisch korrekten Bonmot auch gleich wieder entschärft – das Todes­ur­teil für eine bitter­böse Komödie, die dem Thema und Frank­reich sicher­lich gut getan hätte, aber immerhin genug für eine Feel-Good-Komödie der ganz besonders leichten Art und Weise.

Aber mit bislang 2,5 Millionen Zuschauern scheint dieses Format weiterhin wichtig für die geschun­denen fran­zö­si­schen Seelen zu sein, auch wenn es inzwi­schen bessere und schärfere Komödien zu diesem Thema gibt, wie etwa die in diesem Frühjahr in unsere Kinos gekom­menen Filme Haute Couture, France oder In den besten Händen. Aber auch das lässt sich bei diesem fast schon klas­si­schen Heimat­film schnell vergessen, auch wenn er sich wie ein Schwa­nen­ge­sang anfühlt und ein wenig wie auf Rex Gildos letzten Konzerten in deutschen Möbel­häu­sern (in Kürze in Rosa von Praun­heims Rex-Gildo-Doku­men­ta­tion zu sehen), als das Lied irgendwie noch erkennbar war, vom einstigen integren Star aber kaum mehr etwas übrig war.