USA 1998 · 93 min. Regie: Abel Ferrara Drehbuch: Abel Ferrara, Chris Zois Kamera: Ken Kelsch Darsteller: Christopher Walken, Willem Dafoe, Asia Argento, Yoshitaka Amano u.a. |
Bilder können trügerisch sein. Die Geschichte des Kinos ist nicht zuletzt eine Geschichte der Entzauberung, des zerstörten Scheins, und damit natürlich auch der Ent-Täuschung seiner eigenen Zuschauer.
Ein Meister des literarischen Spiels mit Schein und Sein, Entzauberung und Wiederverzauberung der Welt ist William Gibson. Von ihm stammt »Newromancer«, ein Kult-Roman aus den 80er Jahren, den man aber erst nach der multimedialen Revolution in den 90ern ganz verstehen
konnte. Gibson erfand das Wort »Cyberspace«, das heute jeder kennt, und den »Cyborg« die Kreuzung zwischen Mensch und Maschine, die man im kommenden Jahrhundert noch gründlich kennenlernen wird. Von künstlichen Räumen, Cyborgs und Maschinen handelt auch jene Erzählung von Gibson, auf die New Rose Hotel, der neue Film von Abel Ferrara, zurückgeht.
Dabei erscheint die Welt zuerst noch ganz vertraut: Graue Menschen in grauen Anzügen machen dunkle Geschäfte.
Globale Trusts beherrschen alles, die Regierungen übernehmen allenfalls noch die Verkehrskontrolle auf den Wirtschaftshighways – eine schwarze Utopie des Neoliberalismus malt der Film, zeigt ein urbanes Reich, das keine Werte und Gesetze mehr kennt, sondern nur noch Profit.
Zwei Industriespione, Fox (Christopher Walken) und X (Willem Dafoe), planen den Coup ihres Lebens. Doch dazu brauchen sie eine Frau, Sandii (Asia Argento). Sie ist einerseits ein buntes frisches Stück echtes Leben, andererseits noch abgebrühter als die beiden zusammen, eine fleischgewordene Waffe, eine Meisterin der Täuschung. Als trojanisches Pferd wird sie bei einem Wirtschaftsmagnaten eingeschleust, doch je mehr der Plan gelingt, umso mehr wendet sich der Betrug auch gegen ihre Auftraggeber...
Harte Gemüter und femmes fatales, Liebe und Verrat, Verbrechen und die Melancholie einer mißglückten Befreiung – nicht nur auf den ersten Blick spricht New Rose Hotel, der fast ausschließlich in dunklen Räumen und des Nachts spielt, die Sprache des Film-Noir. Doch noch mehr als ein Film-Existentialist ist der aus dem italo-katholischen New York des Martin Scorsese stammende Regisseur Ferrara ein Undergroundkünstler, dessen Kompromisslosigkeit man dem Film jede Minute anmerkt. Nach Bad Lieutenant geht es auch New Rose Hotel darum, seine Zuschauer in ihrer Sicherheit zu erschüttern. Fragen sind hier wichtiger als Antworten, was man mitnimmt am Schluß ist nur die Gewißheit, dass sich hinter jeder heruntergerissenen Maske eine weitere verbirgt. Ein einzigartiger Film, rätselhaft, verstörend, schonungslos und unbedingt sehenswert.