USA 2003 · 106 min. · FSK: ab 12 Regie: Carl Franklin Drehbuch: David Collard Kamera: Theo van de Sande Darsteller: Denzel Washington, Eva Mendes, Sanaa Lathan, Dean Cain u.a. |
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Herr Washington hat ein Problem |
Matt ist Polizist in Banyan Key, einer fiktiven, ebenso schönen, wie verschlafenen Küstenstadt in Florida. Die Sonne brennt heftig, der Schweiß rinnt in Strömen, und aus dem Off wiegt Jazz-Musik alles in ruhigen, gleichmäßigen Rhythmus. Als Zuschauer versteht man sofort: Der Mann hat nichts zu tun, und wenn doch, dann wird hier jede Bewegung langsamer, behäbiger, und ruhiger ausgeführt, als anderenorts. Und möglicherweise hat die ständige Sonne auch bereits Matts Urteilskraft in Mitleidenschaft gezogen.
Darauf könnte man schon in den ersten Szenen kommen: Der Polizist wird irgendwann während einer öden Nachtschicht angerufen, um einen Eindringling festzunehmen. Als Matt am Ort des Geschehens eintrifft, entpuppt sich alles als ein sexuelles Rollenspiel zwischen ihm und seiner verheirateten Geliebten Ann. Die hübsche Ann, einst bereits Matts Highschool-Schwarm, entpuppt sich als eine Expertin des Manipulativen, ein modernes Exemplar jener Femme Fatale des Film Noir, die aus ihren männlichen Opfern willfährige Schwächlinge macht, die für die Gunst der Dame zu vielem, manchmal allem bereit sind – und der Zuschauer ahnt, dass hier nicht alles so ist, wie sie sagt. Doch auch Matt scheint so ein Fall zu sein: Als er von Anns Krebskrankheit erfährt, die angeblich eine Therapie in Europa nötig macht, beschafft er ihr aus dem Polizeisafe beschlagnahmte Drogengelder in Höhe einer halben Million Dollar. Schnell wird eine interne Untersuchung angesetzt, und als Ann und ihr Mann ums Leben kommen, gilt Matt auch noch als Hauptverdächtiger in einem Mordfall. Die ermittelnde Beamte ist ausgerechnet Alex, seine Ehefrau, mit der Matt in Scheidung lebt.
Out of Time ist eine Thrillerkomödie. Bei aller Spannung, bei aller Ernsthaftigkeit der Bedrohungen und Bosheit der Bösen tun sich hier keinerlei Abgründe auf, bleibt immer alles aufgehoben von einer Regie, die sich aufs Handwerkliche, auf das »Funktionieren« des Films konzentriert, und an Weltentwürfen durchs Kino so wenig interessiert ist, wie an Doppelbödigkeit, also dem Infragestellen von Gewissheiten des Zuschauers. Carl Franklin spielt mit den Genrekonventionen, ohne sie irgendwo aus den Angeln zu heben. Der Regisseur, seit seinem Debüt One False Move vor und dem Kritikererfolg Devil in a Blue Dress, seiner ersten Zusammenarbeit mit Denzel Washington, als großes Talent gehandelt, hat noch nie einen wirklich schlechten Film gemacht. In One True Thing und High Crimes machte er das Beste aus einem kitschigen bzw. schlechten Drehbuch. Hier nun schrieb er selber mit am Script, und das Ergebnis ist zwar sein bestes Werk, aber wiederum ein Film, der vor allem von seiner Form lebt und davon, dass ein durchschnittlicher Stoff hier etwas besser und klüger inszeniert wird, als sonst – das gewisse Etwas fehlt trotzdem.
Das zugrundeliegende Motiv von Out of Time ist die Zähmung eines Widerspenstigen: Der jungenhafte Matt muss endlich reif und erwachsen werden, zumindest insoweit, als dass er sich seiner Fehler bewusst wird, und anerkennt, dass Alex die Richtige für ihn ist. Dieser Plot ist insoweit konservativ und puritanisch, als dass einmal mehr in Hollywood Untreue nicht gut ausgehen darf, dass die Ehefrau auch hier in jedem Fall »die Richtige« ist. Dies machen die Bilder von der ersten Minute von Alex' gemeinsamen Szenen mit Matt an klar. Ebenso gibt es nie ernsthafte Zweifel an Matts Unschuld; daran, dass hier ein guter Mensch aus eigener Schuld und die Tücke der Umstände heraus plötzlich ziemlich in der Tinte sitzt. Das Kino als charakterliche Vorhölle – aus der Matt, nachdem er und wir mit ihm gehörig gelitten haben, schon wieder herauskommt. Wobei das »Leiden« nicht wirklich eines ist – zu heiter bleibt der Grundton des Films, zu deutlich überwiegen die komödiantischen Elemente, sodass man sich auch hier an Filme der 40er und 50er erinnert fühlt, bei denen der Sieg des »Good Guy« immer gesichert ist.
Der Charme und der große Unterhaltungswert dieses gradlinigen Actionthrillers stecken im Einzelnen: Der Film hat ein durchweg hohes Grundtempo, er ist elegant und witzig, was auch einer Kamera geschuldet ist, die bekannten Szenen originelle und genaue, oft überraschende Bilder abgewinnt. Man erlebt turbulente Verfolgungsjagden, etwa ein kurioses Hin und Her in einem Treppenhaus, die in ihrer Verbindung von Humor und Spannung an beste Zeiten der Traumfabrik erinnern. Wirklich sensationell ist eine Szene, in der Matt gemeinsam mit einem Gangster an einem Hotelbalkon hängt, der sich in schwindelnder Höhe allmählich in seine Bestandteile auflöst.
Reizvoll ist der Film auch unter dem Gesichtspunkt der Karriere Denzel Washingtons. Denn selten hat man den Superstar ähnlich komisch und selbstironisch gesehen. Aller Ernst, der seinen Rollen oft eigen war, ist hier gebrochen. Und so bedeutet Out of Time einen weiteren Schritt im Reifungsprozess eines Darstellers, der hier, ähnlich wie in dem ganz anders gearteten Part in Antoine Fuquas Training Day, neue, nie gesehene Facetten seines Könnens auslotet.