Deutschland 2010 · 116 min. · FSK: ab 12 Regie: Dietrich Brüggemann Drehbuch: Anna Brüggemann, Dietrich Brüggemann Kamera: Alexander Sass Darsteller: Robert Gwisdek, Anna Brüggemann, Jacob Matschenz, Amelie Kiefer, Leslie Malton u.a. |
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ABC der Dreicksgeschichte: Annika, Benjamin, Christian |
Benjamin sitzt im Rollstuhl. Er ist intelligent und witzig bis zum Sarkasmus, aber manchmal auch einfach boshaft. So hat er sich in seinem Leben mit der Querschnittslähmung nach einem Autounfall eingerichtet. Diese Haltung einer Mischung aus Resignation und Sarkasmus, und die harte Schale, die er sich angewöhnt hat, sind ist sein persönlicher Schutzschirm gegen die Verzweiflung. Die Liebe kommt für Ben nicht in Frage, behauptet er. Er lebt allein, ihm sind allerdings
Zivildienstleistende zugeteilt, die er alle ziemlich rasch »verschleißt«.
Sein neuer Helfer auf Zeit ist Christian. Auch ihn geht er zunächst hart an. Doch Christian steckt seine Provokationen überraschend schnell weg. Ein halbes Jahr will er bei Benjamin bleiben und danach eine langersehnte große Reise starten. Dann kommt etwas dazwischen: Annika, die manchmal buchstäblich mit ihrem Fahrrad »die Kurve nicht kriegt«. Von seinem exklusiven Fensterplatz schaut Benjamin ihr schon
lange zu und hat sich längst verliebt in die Cello-Studentin, die gerade mal wieder an ihrer vermeintlichen Erfolglosigkeit auf der Bühne verzweifelt. Benjamin, den sie natürlich bald kennenlernt, eröffnet ihr mit seiner dreisten und direkten Art eine neue Welt. Aber Christian gefällt ihr auch, mit seiner träumerischen Verspieltheit an der Benjamins Sarkasmus förmlich abperlt.
So entfaltet Regisseur Dietrich Brüggemann, der mit seiner Schwester, der Schauspielerin Anna Brüggemann (Mitte Ende August) auch gemeinsam das Drehbuch schrieb, in seinem zweiten Spielfilm nach Neun Szenen, eine komplexe Dreiecksgeschichte, bei der die drei Hauptfiguren sich jeweils ihren größten Ängsten stellen müssen. Das ist für die drei oft unbequem. Trotzdem werden sie auch, bei aller Konkurrenz und allen Egotrips, mehr und mehr zu einer Solidargemeinschaft, in der jeder die Schwächen des anderen ausgleicht. Liebe und Freundschaft sind schnell kaum noch voneinander zu unterscheiden. Benjamin (souverän gespielt von Robert Gwisdek) traut sich plötzlich, auch einmal schwach zu sein, und von der auf den ersten Blick »unmöglichen Liebe« zu träumen. Christian (Jacob Matschenz) begreift den Ernst hinter all seinen Späßen. Annika (Anna Brüggemann, der man viel mehr solche Hauptrollen wünscht) bekommt durch die Unterstützung ihrer Freunde den Mut, sich zu bewähren. Und irgendwann sitzen die drei gemeinsam unter den Sternen und fühlen sich unsterblich.
Dem Regisseur gelingt ein guter Ton, der trotz des ernsten Themas viel Humor hat. Ein guter tragikomischer Ton. Mainstreamig in der Herangehensweise, aber anständiges Unterhaltungs-Kino mit Gefühl, aber ohne Kitsch.