Großbritannien/USA 2006 · 95 min. · FSK: ab 6 Regie: Woody Allen Drehbuch: Woody Allen Kamera: Remi Adefarasin Darsteller: Scarlett Johansson, Hugh Jackman, Ian McShane, Woody Allen, Kevin McNally u.a. |
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Woody Allen und seine Muse: Scarlett Johansson |
Charons Fähre über den Totenfluß Styx wird gesmalltalked und geklatscht, wie in Londons U-Bahn während der Rush-Hour. »Mich traf der Schlag. Wie sind sie den gestorben?« fragt also der soeben verschiedene Starjournalist Joe Strombel (Ian McShane) freundlich desinteressiert die Dame zu seiner Rechten. »Ich wurde ermordet« antwortet sie ein wenig melancholisch, und weil sie nichts mehr zu befürchten hat, erzählt sie auch gleich von wem – ihrem Arbeitgeber, einem jungen Mann aus reicher Familie, den sie als den berühmten »Tarotkarten-Mörder« entlarvt. Da fängt der Investigativ-Journalist professionell Feuer, und setzt alles dran, auch aus dem Jenseits noch einen weiteren Scoop zu landen.
So vielversprechend, so durchgeknallt und schräg, wie Bullets Over Broadway oder Deconstructing Harry, beginnt Scoop Woody Allens neuester Film. Eine leichte, heitere Kriminalgeschichte, angesiedelt in Großbritannien – wie schon zuletzt Match Point, Allens vorangegangener Film. Auch hier schlägt der Regisseur wieder Funken aus dem Kontrast zwischen Amerika und dem alten Kontinent, sowie dessen noch deutlicher existierenden Klassenverhältnissen. Offenkundig ist Allen fasziniert vom Lebensstil der britischen Reichen, von Cocktailpartys auf alten englischen Schlössern, mit Ölgemälden der Vorfahren, und Sammlungen wertvoller Dokumente. All das könnte auch aus einem Agatha-Christie-Krimi stammen, und da Allen diesmal die Bosheit fast völlig fehlt, die Match Point so charmant machte, ähnelt Scoop tatsächlich den ein wenig angestaubten Büchern der großen alten Schriftsteller-Dame mit ihrem Faible für ein verklärtes Bild des »Merry Old England« und ihrem grundsätzlichen Einverständnis mit dessen Verhältnissen. Ein Amerikaner träumt sich in die Kulissen einer vergangenen Welt.
Joe Strombel bedient sich – warum eigentlich? – ausgerechnet einer jungen Studentin aus Amerika : die davon träumt, einmal eine berühmte Journalistin zu werden: Als Sondra Pransky (Scarlett Johansson) die Show des Zauberers Splendini (Woody Allen) besucht, und von ihm auserkoren wird, auf der Bühne die »verschwundene Jungfrau« zu spielen, erscheint ihr, eingesperrt im Koffer, Strombels Geist, und setzt Sondra auf die Spur. Zusammen mit Splendini beginnt sie zu ermitteln, verliebt sich in den Verdächtigen Peter Lyman (Hugh Jackman)
An die Qualität und den subtilen Humor von Allens letzten Filmen Match Point, Melinda and Melinda und Anything Else kann Scoop leider nicht anknüpfen. Vor allem Allens eigene Performance ist
enttäuschend und eitel – wovor ihn auch ein selbstironisches Eingeständnis – und einer der wenigen hübschen Dialogsätze – nicht rettet: »I was born into the Hebrew persuasion, but when I got older, I converted to narcissism.«
Uninspiriert und ein wenig schlampig wirkt der ganze Film, manche Ideen sind nicht gut, und die guten fügen sich nicht zusammen, entwickeln keinen Fluß und Rhythmus. Nur echte Fans werden hier glücklich werden, alle anderen
Kinogänger brauchen vor allem viel Wohlwollen, um diesen Woody-Allen-Film zu mögen.