Sideways

USA 2004 · 127 min. · FSK: ab 6
Regie: Alexander Payne
Drehbuch: ,
Kamera: Phedon Papamichael
Darsteller: Paul Giamatti, Thomas Haden Church, Virginia Madsen, Sandra Oh u.a.
Prost!

Flachgelegt in Kalifornien

Zwei ziemlich unter­schied­liche Männer mittleren Alters fahren gemeinsam für eine Woche ins kali­for­ni­sche Santa Barbara Country – die Wein­ge­gend des Sonnen­staates. Hier wollen sie abends guten Wein trinken, lange ausschlafen, und ein bisschen Golf spielen.

Der eine von ihnen, der über­sen­sible Miles, gibt Lite­ra­tur­klassen an der High-School. Er hat heimlich einen ziemlich dicken Roman geschrieben, ist ein guter Wein­kenner, und seit zwei Jahren unglück­lich geschieden. Der andere, Jack, ist ein unsen­si­bler Schwätzer und wenig erfolg­rei­cher Schau­spieler und wird am kommenden Woche­n­ende heiraten. Vorher will er es mit seinem Trau­zeugen Miles noch einmal richtig krachen lassen. »Das ist unsere Woche, wir wollen die Sau raus lassen, wir beide, Du und ich.« sagt er zu Miles, und weiter: »Du musst flach­ge­legt werden« – und in diesem Moment wissen wir Zuschauer, dass genau das früher oder später passieren wird – genau so, wie wir schon Minuten später, als die Kamera ein paar Zehn­tel­se­kunden zu lange auf der Bedienung Maya hängen bleibt, wissen von wem – genau wie wir, als wir ein paar Minuten zuvor gehört haben, dass Miles seinen Roman an einen renom­mierten Verlag geschickt hat, ahnen, dass er, dem das Versagen ins Gesicht geschrieben steht, auch damit in Alexander Paynes Roadmovie-Komödie Sideways wenig Erfolg haben wird. Überhaupt kennt man den Ton zur Genüge, weiß man sehr schnell, was passiert, auch dass dies kein Happy End geben wird.

Zwei »charmante Versager« – so könnte man Miles und Jack wohl­wol­lend nennen. Aber was ist eigent­lich so charmant an Jack, der Miles nach Strich und Faden ausnutzt, seine Zukünf­tige mit einer daher­ge­lau­fenen Barfrau betrügt, und zuvor einer anderen Baran­ge­stellten, einer allein­er­zie­henden Mutter, die es ernster mit ihm meint, die große Liebe vorgau­kelt, nur um mit ihr ins Bett zu gehen? Und was ist charmant am ewigen Nörgler und Misan­thropen Miles, der heimlich seine Mutter bestiehlt, nachts betrunken bei seiner Exfrau anruft, und bis zum Ende des Films unfähig bleibt, über seine Gefühle zu sprechen? Eigent­lich sind es zwei traurige und eher unan­ge­nehme Gestalten, die Payne, der vor zwei Jahren mit der Begley-Verfil­mung About Schmidt bekannt wurde, in Sideways portrai­tiert. Und ein durch­schau­barer Versuch mit Hilfe des Themas »Wein« dem US-lifestyle etwas alteu­ropäi­sche Kultur und intel­lek­tu­elle Kenner­schaft anzu­schminken, die zwei im Zentrum stehenden, Polo­hemd­t­räger-Durch­schnittler zu etwas Beson­derem zu machen – und sie überdies zugleich zu ironi­sieren. Es stimmt zwar: Spürbar liebt Payne seine Figuren, und die Schau­spieler, vor allem Paul Giamatti als Miles und Virginia Madsen als Maya, sind sehr gut. Und man soll auch nicht mora­li­sieren – aber es geht nicht nur darum, ob einem Figuren und Message in den Kram passen. Auch filmisch hat Sideways aber nicht Erwäh­nens­wertes zu bieten. Das offen­kun­dige New Hollywood-Augen­zwin­kern führt in die Irre, denn die Filme von Cass­a­vettes, Bogda­no­vich, und dem frühen Scorsese schauten gerade dann hin, wenn Payne beginnt, wegzu­gu­cken, sie konsta­tierten kühl, wo Payne weiner­lich wird, und sie meinten nicht, den american dream noch irgendwie retten zu müssen.

Unver­s­tänd­lich ist daher, wieso Sideways ein derart ausge­zeich­neter Ruf voraus­geht. Und die fünf Oscar­no­mi­nie­rungen, die er vorige Woche erhielt – darunter einen als »bester Film« – kann man nur damit erklären, dass Hollywood ein künst­le­risch lausiges Jahr hinter sich hat. Wer hier irgend­etwas Über­durch­schnitt­li­ches erwartet, wird enttäuscht sein: Sideways ist ein netter, ziemlich lahmar­schiger und mäßig witziger, vor allem lang­wei­liger Aller­welts­film. Er verklärt das Selbst­mit­leid und die dumme Soli­da­rität alternder Männer, und webt kräftig mit am Klischee, dass jeder Mann, sei er auch noch so hässlich, herun­ter­ge­kommen und egoman, eine tolle Frau findet, die ihn rettet.