USA/F/J 2006 · 119 min. Regie: Christophe Gans Drehbuch: Roger Avary Kamera: Dan Laustsen Darsteller: Radha Mitchell, Laurie Holden, Sean Bean, Deborah Kara Unger, Tanya Allen u.a. |
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Morbide und furchteinflößend |
Also wieder eine Spielverfilmung, die sich, welch Überraschung, auch noch im Gruseln übt.
Alle Filme aufzuzählen, die in den letzten Jahren mit diesem Konzept ihr Glück an der Kinokasse versucht haben, wäre nicht nur mühselig, sondern auch langweilig. Zumal die meisten der Titel schneller wieder aus dem Gedächtnis der Zuseher verschwanden, als ihr Schrecken anhielt. Ich kann nur hoffen, dass sich der Kinogänger auf Grund dieses Überangebotes an Nullnummern nicht davon abschrecken lässt, dem neuesten Vertreter dieses Horrorspielverfilmungs-Genre wenigstens eine Chance zu geben. Denn eines dürfte klar sein, wie auch immer das persönliche Urteil eines jeden Zuschauers ausfallen wird: Silent Hill hat einen Ehrenplatz unter den Vertretern dieses Genres verdient.
Wir folgen der Mutter Rose Da Silva zusammen mit Ihrer Tochter Sharon in den Ort Silent Hill, dessen Name Sharon in ihren Wahnanfällen immer wieder genannt hatte. Vielleicht lässt sich ja hier der Ursprung dieser Anfälle finden. Kurz vor der Stadtgrenze haben die beiden aber einen Autounfall und nachdem Rose aus der kurzen Ohnmacht erwacht ist, stellt sie fest, dass nicht nur ihre Tochter verschwunden ist, sondern wohl auch sämtliche Bewohner der Stadt, die im ständigen Nebel verborgen liegt und in der es unablässig Asche vom Himmel regnet.
Das Grundgerüst der Geschichte ist schnell aufgebaut und wir folgen im Weiteren der Mutter zusammen mit der Polizistin Cybil, auf der Suche nach ihrer Tochter in immer tiefere und phantastischere Ebenen der Stadt, wobei die Stadt nicht nur im räumlichen Sinne dreidimensional zu sein scheint.
Es ist unübersehbar, dass Christoph Gans vor allem die Fans der Spielreihe ansprechen und sich an deren Urteil messen lassen wollte. Der Film ist so stringent wie der Levelaufbau eines Computerspiels konstruiert, dass man sich als Zuschauer zeitweise nur noch ein Joypad in die Hände wünscht, um die Protagonistin selbst durch die nächsten verrosteten Türen und verbrannten Hinterhöfe zu lenken. Bei Fans der Reihe mag dies erfreuliche (aber vielleicht auch ermüdende) Déjà-vu-Gefühle wecken, der Rest kratzt sich spätestens bei der »Jump'n'Run« Einlage, in der die Heldin durch das Springen von Holzbalken zu Holzbalken über einen tiefen Graben gelangen muss, fragend den Hinterkopf.
Dies bringt zwar die Geschichte weiter, mehr aber auch nicht. Alles läuft zu gezwungen auf den finalen Endgegner hinaus, als dass es zu großen Überraschungen kommen würde. Hierbei haben Nichtkenner der Spielreihe einen entscheidenden Vorteil gegenüber den Zockern.
Dass Silent Hill aber trotz der etwas unmotiviert wirkenden Geschichte, der zu geradlinigen Erzählweise, den zu offen übergangenen Logiklöchern und der teilweise doch sehr infantil wirkenden
Dialoge aus der Masse der Horrorfilme herausragt, liegt an dem schier atemberaubenden Setdesign und Christoph Gans' untrüglichem Gefühl für stimmige Atmosphären, welches er schon in Der Pakt der Wölfe unter Beweis stellte.
Dank diesen Elementen schafft es der Film, eine dermaßen morbid schöne und unglaublich Angst einflößende Welt zu erschaffen, durch die man, dem Lichtkegel der Taschenlampe folgend, getrieben wird, wie man sie im Kino wohl noch nie gesehen hat. Da zerfallen ganze Welten vor den Augen der Heldin zu Asche und es erscheinen Kreaturen aus dem Nichts, die aussehen als hätten Francis Bacon und Edward Munch noch einmal die Wesen aus Hellraiser überarbeitet.
Das Lob für viele dieser Bilder gebührt wohl eher den Machern der Vorlage als den kreativen Köpfen der Verfilmung, wodurch man zwangsweise an Rodriguez Sin City erinnert wird. Doch damit erschöpfen sich auch schon die Gemeinsamkeiten. Denn wo Rodriguez über ein reines Abfilmen der Bilder nicht hinauskam, schafft Gans tatsächlich eine Verfilmung des Spiels.
All dies macht Silent Hill natürlich nicht zu einem Meisterwerk. Es kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass der ein oder andere Schauspieler zu schablonenhaft wirkt (vor allem Sean »Boromir« Bean wirkt etwas verloren) und der Film am Ende das Phantastische und Atmosphärische einer Auflösung opfern muss. Doch zur besten Spielverfilmungen der jüngeren Filmgeschichte reicht es allemal und endlich kommt wieder Hoffnung auf, dass aus dieser Filmecke vielleicht noch wirklich Großes zu erwarten ist.
Zu Recht könnte man einwerfen, dass hier wieder einmal die Optik über die Substanz gesiegt hat. Man könnte auch stundenlang den Film im Sinne der Gender-Studies auf die verschiedenen Rollen der Frauen zerpflücken und darüber lamentieren, dass der Film sein Genre nicht neu erfindet. Aber seien wir doch mal ehrlich: wer möchte dies schon, wenn er sich mit seiner Tüte Popcorn in den Kinosessel zurücklehnt und der Schriftzug Silent Hill auf der Leinwand erscheint? Bilder können nicht für alles entschädigen – in diesem Falle aber doch für vieles. Und vielleicht gönnt sich ja auch ein gewisser Herr Dr. Uwe Boll eine Kinokarte. Er könnte noch viel dazulernen.