USA 2008 · 108 min. · FSK: ab 16 Regie: Frank Miller Drehbuch: Frank Miller Kamera: Bill Pope Darsteller: Gabriel Macht, Eva Mendes, Sarah Paulson, Dan Lauria, Paz Vega u.a. |
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In Deutschland leider unbekannt: der Spirit |
Wieder eine Comic-Verfilmung. Und diesmal eine Geschichte, deren Helden man in Deutschland gar nicht richtig kennt. Dabei gelten die Abenteuer um den maskierten Spirit von Will Eisner aus den Jahren 1940 bis 1952 als Meisterwerk des amerikanischen Comics. Eisner nutzte damals die Möglichkeiten des Mediums erstmals in neu-innovativer Form und wird als Erfinder der Grammatik der Comics verehrt. Seine gestalterischen Experimente mit ungewöhnlichen Blickwinkeln oder Panel-Formaten und unkonventionellen Montagetechniken gelten heute als legendär. Sein Stil erinnert an Werke des Film Noir oder des deutschen Expressionismus. Will Eisners Blick auf den Durchschnittsbürger und die sozialen Umstände, aus denen Kriminalität entstehen kann, ließen seine Protagonisten viel menschlicher erscheinen als bei anderen Comics seiner Zeit. Bei der Verfilmung des Stoffes sind allerdings nicht viele Aspekte von Eisners Pionierarbeit übrig geblieben und die meisten davon beschränken sich auf den (zugegeben teilweise großartigen) visuellen Stil des Films. Der Rest ist emotionslose Künstlichkeit.
Doch ganz von vorn: Danny Colt, der Spirit, fragt sich verheißungsvoll »Bin ich ein Mensch?« und erkennt im Laufe des Films mit Hilfe seines verrückten Gegners Octopus, dass er dem Tod bereits mehrere Male viel zu nah war. Er hat eine betörende Wirkung auf alle Frauen und versucht eigentlich nur, sich selbst zu finden. Und dann ist da noch die Liebe zu seiner Stadt, Central City, in der er nach seinem ganz eigenen Motto Verbrechen bekämpft: »Meine Stadt schreit, sie braucht mich!«
Frank Miller, einer der kreativen Köpfe hinter Filmen wie 300 – Der Film und Sin City und selbst Comic-Ikone, erprobt sich bei The Spirit erstmals als Regisseur und lässt seiner Kreativität in ausufernden optischen Spektakeln einen so ungehaltenen freien Lauf, dass der Film am Ende eher einer grellen, aber langweiligen und pseudoskurrilen Clip-Abfolge bei Youtube ähnelt, als dem Ursprungscomic Tribut zu zollen. Natürlich ist Millers Handschrift auch hier ganz deutlich zu erkennen und verleiht dem Film seinen typischen Ausdruck. Doch während »Spirit«-Erfinder Will Eisner jeder Szene im Comic immer so viel Raum gegeben hat, wie sie innerhalb der Erzählung benötigt, scheitert Miller bei dem Versuch, dies auch filmisch umzusetzen. Er verliert sich in absichtlich inszenierten Stilbrüchen innerhalb einzelner Szenen, billig wirkender Künstlichkeit grellroter Hintergründe und visuell hochpolierter Geschwätzigkeit, die im Laufe der insgesamt 102 Filmminuten in völlig belanglosem Gefasel und unnötiger Vulgärsprache untergeht. Gepaart mit den scheinbar tiefgründigen, aber langweiligen Selbstgesprächen und Ausführungen des Helden über sein eigenes Dasein steht Millers Inszenierung ganz ungewollt immer ganz gefährlich nah an der Grenze zur Parodie und gibt sich und seine Figuren damit der Lächerlichkeit preis.
Die wichtigsten Charaktere im Film sind mit einer Reihe hochkarätiger Hollywood-Stars besetzt. Dem bisher weniger bekanntem Gabriel Macht als Spirit wird der immercoole Samuel L. Jackson als Erzfeind und Sprücheklopfer Octopus zur Seite gestellt. Aus Jacksons Mund können nämlich selbst sinnfreie Sätze wie »Die Lady ist ganz heiß auf Glitzerscheiß« oder »Toiletten sind immer witzig!« beim Publikum noch Lacher erzeugen, auch wenn das nicht wirklich nachvollziehbar ist. Außerdem darf Jackson sich in vielen klamaukartigen Kampfszenen mit dem Spirit austoben, die so überzogen inszeniert sind, dass die Gewalt im Film tatsächlich wie aus einem Comic zu stammen scheint.
Die weiblichen Hauptrollen übernehmen Scarlett Johansson als unterkühlte Silken Floss und Eva Mendes als aufreizende Sand Saref. Während Johansson in der für sie ungewohnten Rolle viel zu übertrieben agiert, ist Mendes tatsächlich die perfekte Besetzung für eine moderne femme fatale und scheint auch viel Freude daran gefunden zu haben, sich einmal mehr mit einer Rolle auf ihr Äußeres reduzieren zu lassen. In einer Szene des Films lichtet sie nämlich auf einem Kopierer sitzend, selbstverliebt ihr Hinterteil ab und benutzt diese Kopie dann als eine Art Visitenkarte. In Will Eisners Comics kommt genau diesem Frauentyp der verschlagenen und erotischen femme fatale eine wichtige Bedeutung zu. Eisner hat sie bewusst aus einer einfachen Gut-Böse-Darstellung entfernt und ihnen ihre eigene Geschichte gegeben. Dies gelingt auch im Film, denn in Rückblicken wird die Vorgeschichte von Danny und Sand mit erstaunlich viel Sensibilität erzählt. In diesen Momenten huscht ein Hauch von Leben durch die sonst eher blutleere Künstlichkeit der von Computereffekten dominierten Optik.
Miller bleibt auf der visuellen Ebene trotz aller anderen Kritikpunkte sehr genau an der Comicvorlage von Eisner, denn die ähnelt seinem eigenen Stil. Silhouetten, grelle Töne (zum Beispiel die knallrote Krawatte des Helden), die Licht- und Schatten-Effekte sowie unzählige Weißblenden beherrschen das Geschehen und sind meistens auch richtig platziert. Die weißen Augäpfel von Samuel L. Jackson leuchten teilweise in einer Intensität, wie man es selten im Kino gesehen hat. Das alles hat natürlich seine Berechtigung, schließlich ist The Spirit eine Comic-Verfilmung. Nur der dauerhaft eingesetzte computeranimierte Schneeregen wirkt ab einem gewissen Punkt einfach nur noch aufdringlich. Doch wenn man das bemerkt, hat der Film sein wohlverdientes Ende glücklicherweise auch bald erreicht.