USA 2013 · 133 min. · FSK: ab 12 Regie: J.J. Abrams Drehbuch: Roberto Orci, Alex Kurtzman, Damon Lindelof Kamera: Dan Mindel Darsteller: Chris Pine, Zachary Quinto, Benedict Cumberbatch, Zoe Saldana, Alice Eve u.a. |
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Star Trek – auf fast allen Ebenen in der Gegenwart angelangt |
Als Daniel Craft Ende 2012 nach einer medzinischen Routineuntersuchung mitgeteilt wurde, dass er an einer unheilbaren Krebsart leide und nur noch sechs Wochen leben würde, hatte er nur noch einen Wunsch: wenigstens den Trailer von J.J. Abrams neuer Star Trek Sequel Into Darkness zu sehen. Doch Craft, ein engagierter Filmliebhaber und Mitbegründer des New York Asian Film Festivals hatte dabei wenig Glück. Mit Hilfe von Freunden schleppte sich der stark geschwächte Craft zwar in eine Aufführung von Der Hobbit – Eine unerwartete Reise, doch der neue Star Trek Trailer wurde nicht gezeigt. Crafts Sehnsucht vor seinem Tod nicht nur so viele Filme wie möglich zu sehen, sondern auch noch eine Ahnung von Abrams Star Trek Interpretation zu bekommen, animierte schließlich Crafts Frau Paige einen Hilferuf auf dem legendären Messageboard Reddit zu lancieren. Das Posting wurde hochgepunktet und landete auf etlichen Presseverteilern. Kurz darauf erhielt Paige einen Anruf von J.J. Abrams und schon am nächsten Tag stand einer der Produzenten von Bad Robot vor dem Apartment des Paares, in der Hand eine DVD mit einer Rohfassung des Films. Craft hatte sich den Tag zuvor erholt, um den Film sitzend durchstehen zu können, unterzeichnete die nötigen Geheimhaltungsdokumente, um schließlich den Film sehen zu können. Glücklich, aber völlig erschöpft schleppte sich Craft nach dieser ungewöhnlichen Preview wieder ins Bett, das er nicht mehr verlassen sollte; wenige Tage später verstarb Craft in einem Hospiz, nicht ohne noch einmal gesagt zu haben, dass Into Darkness sein letztes großes Vergnügen im Leben gewesen sei.
Die Kommentare nach einem letzten Dankes-Posting auf Reddit sprechen für sich – J.J. Abrams hat bezüglich Daniel Craft im Geist von Star Trek gehandelt, der im Grunde in einer einfachen Botschaft besteht: der Verbreitung des Prinzips Hoffnung. Und sieht man J.J. Abrams Star Trek: Into Darkness nach diesem Postulat, bildet er keine Ausnahme, ist er ein gelungener Baustein eines der größten und ältesten Film-Franchise- und Glaubensunternehmen, das es je gegeben hat.
Aber auch ohne diese bemerkenswerte Rückkoppelung von Realität und Fantasie dürfte zu diesem Zeitpunkt selbst skeptischen »Trekies« bei dem Gedanken warm geworden sein, dass J.J. Abrams als Regisseur auch für dieses Kapitel Star Trek verantwortlich war. Denn Abrams hatte sich zuvor durch Mission: Impossible III nicht nur als souveräner Sequel-Spezialist, sondern auch ein feines Gespür in Sachen Retro bewiesen, als er 2011 mit Super 8 den Geist »E.T.s« beschwor und ihn dann noch zu zu etwas völlig neuem, zeitgemäßen transformierte. Und immerhin war es schließlich Abrams, dem es 2009 mit dem elften Star Trek-Film gelungen war, auch Star Trek aufregend zu erneuern – und erstmals einen Oscar zu bescheren.
Der Trailer, den Daniel Craft so verzweifelt versucht hatte zu sehen, löst dieses Versprechen tatsächlich auch ein – Star Trek ist über eine Zeifschleife aus der Vergangenheit mit Zwischenstopp in der Zukunft in der Gegenwart angelangt – mit dem unsere Zeit beunruhigend prägenden Thema Terrorismus.
Doch wie oft bei zu guten Trailern kann der eigentliche Film mit den erzeugten Erwartungshaltungen kaum mithalten. Zwar gelingt es Abrams, den jugendlichen Charakteren um Capt. James Tiberius »Jim« Kirk (Chris Pine) einen weiteren Schub an charakterlicher Tiefe zu verleihen, doch erzählerisch floppt der Film fast auf ganzer Linie. Versatzstückartig wird eine Handlung um Abenteuer, Freundschaft, Verblendung und Terror zusammengeflickt, immer mit feinen Anspielungen auf die filmhistorische Vergangenheit versehen, die im erzählerischen Universum natürlich noch weit in der Zukunft liegt. Die Versatzstücke und ihre Anspielungsräume sind dabei jedoch derartig zahlreich, dass in dem knapp bemessenen Zeitrahmen nichts so recht Fuß fassen kann – weder die angelegten Spannungsspiralen noch die emotionalen Verstrickungen der Helden.
Mit einer Ausnahme selbstverständlich. Denn wo es um nicht weniger als um ein alternatives Leben unser aller geht, um so etwas wie eine Vision in einer an sozialen Visionen armen Zeit, liest sich Star Trek gar nicht so viel anders als Ernst Bloch in seinem Vorwort zu »Das Prinzip Hoffnung«:
»Wer sind wir? Wo kommen wir her? Wohin gehen wir? Was erwarten wir? Was erwartet uns? Viele fühlen sich nur als verwirrt. Der Boden wankt, sie wissen nicht warum und von was. Dieser ihr Zustand ist Angst, wird er bestimmter, so ist er Furcht.
Einmal zog einer aus, das Fürchten zu lernen. Das gelang in der eben vergangenen Zeit leichter und näher, diese Kunst ward entsetzlich beherrscht. Doch nun wird, die Urheber der Furcht abgerechnet, ein uns gemäßeres Gefühl fällig.
Es kommt darauf an, das Hoffen zu lernen. Seine Arbeit entsagt nicht, sie ist ins Gelingen verliebt statt ins Scheitern.«
(Ernst Bloch in: Das Prinzip Hoffnung, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1985)