USA 2003 · 117 min. · FSK: ab 16 Regie: Clark Johnson Drehbuch: David Ayer, David McKenna Kamera: Gabriel Beristain Darsteller: Samuel L. Jackson, Colin Farrell, Michelle Rodriguez, LL Cool J u.a. |
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Gruppenbild mit Dame |
US-Serien älteren Kalibers dienen schon seit Ende der 90er-Jahre der Hollywood-Wiederverwurstungswut: egal ob Lost in Space, The Saint oder Charlie’s Angels – Produzenten sind stets auf der Suche nach leicht aufzubereitenden Stoffen. Diesmal hat es S.W.A.T. erwischt, und zwar 80 Mio. Dollar schwer. In der Neuauflage der Serie (welche nur kurz im deutschen TV zu sehen war), spielt Colin Farrell Jim Street, einen Polizisten, der es in die Creme de la Creme der Polizeitruppen – das SWAT Kommando – geschafft hat. Unglücklicherweise gerät er innerhalb des Teams an einen Partner, welcher es nicht so sehr mit Gehorsam und Disziplin hat: Bei einer Geiselnahme in einer Bank (welche die Filmmacher offensichtlich an der berühmten North Hollywood Schießerei 1997 anlehnten) ignoriert Brian Gamble (Jeremy Renner) ausdrücklich den Haltebefehl und schreitet zu Tat – durch puren Zufall bleibt der Schaden minimal. Die internen Folgen jedoch sind fatal: Gamble verliert seinen Job, Street akzeptiert seine Strafversetzung in den sogenannten »Gun Cage«, wo er – unterfordert und unzufrieden als Zeugwart für seine Kollegen fungiert. Darüber hinaus überwerfen sich die Ex-Partner und trennen sich in Streit.
Während dessen reist ein gewisser Alex Montel (gespielt von Oliver Martinez) in die Vereinigten Staaten ein. Montel gibt sich als skrupelloser, jähzorniger Verbrecher, der sofort seinem Onkel einen todbringenden Besuch abstattet, scheint ihm dieser doch Geld entwendet zu haben. Wenig später wird Montel jedoch von einer Polizeistreife festgenommen. Vor laufenden Kameras verspricht Montel während seiner Überstellung ins Gefängnis – ganz im Sinne von »Kopfgeld« – 100 Mio. Dollar Preisgeld für diejenigen, welche ihn befreien: die Unterwelt von Los Angeles steht Kopf! Zurück zu Street – mittlerweile hatte man ein Einsehen. Unter dem erfahrenen Haudegen Sgt. Hondo (Samuel L. Jackson) wird ein neues, junges SWAT Team aufgestellt, zu welchem neben Street u.a. auch noch LL Cool J als Deke Kay oder Michelle Rodriguez als Chris Sanchez gehören. Wie nicht anders zu erwarten, werden nun diese beiden Handlungsstränge zusammengeführt: das neue Team soll den üblen Burschen Montel in ein anderes Gefängnis überführen. Der Gefangenentransport wird zum Klimax des Streifens: nicht nur stellt sich heraus, dass einer der eigenen Leute das SWAT Team verkauft, sondern Streets Ex-Partner will sich auch noch einmal zu Wort melden. Die Odyssee von einem Gefängnis zum anderen ist ein pyrotechnischer Marathon voller Schweiß und Tränen, welche aber, man darf es vorwegnehmen, biblisch-gerecht endet.
Unterstellte man 1986 Top Gun, ein einziges Werbefilmchen für die US-Streitkräfte zu sein, sollte man dieses Attribut erst recht S.W.A.T. anheften. Cooler wurden »Counter Strike«-Spieler noch nie bedient. In Zeiten der post-deutsch-Identifikationsflächen in Filmform wie Das Wunder von Bern sollte doch einer GSG-9 Verfilmung nichts mehr im Wege stehen.
Durch zwei Dinge besticht dieser Streifen: Zum einen sind die Darsteller hoffnungslos unterfordert, und zum anderen ist das Drehbuch eine einzige riesige Fallgruben-Landschaft. Funktional lautet das Zauberwort: zunächst einmal treffen wir auf Weiße, Schwarze und Latinos, zu Beginn darf ein Asiate zumindest eine Heldentat vollbringen – voila: United Colors of Benneton-Casting in Reinform. Jackson darf die coolen One-Liner fallen lassen, Rodriguez schaut fies, LL Cool J hält alles für einen Videodreh und zeigt seine Six-Pack Garnitur überhalb des Gürtels. Farrell hat eine gelungene Frisur.
Mag sein, dass in letzter Sekunde einfach diverse Skripts ausgetauscht wurden, denn anders ist es schwerlich zu erklären, weshalb so viele Handlungsstränge angetastet, aber nicht zu Ende geführt werden. Nehmen wir als Beispiel den Protagonisten Jim Street: zu Beginn sehen wir seine Freundin aus der gemeinsamen Wohnung ausziehen. Warum genau, bleibt im 35mm-Nebel. Über seinen Teamkollegen, deren Schwester Streets Ex-Freundin ist, erfährt er ab und zu irgendwas. Irgendwann. Folgen? Irgendwelche. Welche, die sich dem Zuseher nicht erschließen. Zweiter Anlauf: Jim (die Produzenten sahen ursprünglich Mark Wahlberg für die Rolle vor) und seine Kollegin Michelle Rodriguez: Barbesuch, flirten, Hausbesuch. Folgen? Nötig für Erzählverlauf? Nein. Nein. Nein. Der Bösewicht. Nationale Bedrohung. Als solche soll er dargestellt werden. Aber, im Endeffekt wird der Franzose (HALLO, RATET MAL, WER GEGEN DEN IRAK-FELDZUG WAR? SEHT IHR. DAS IST DIE RECHNUNG.) als unrechtsstaatlicher Rüpel charakterisiert. Nein, wer auf diese Art Morde begeht, wird sicherlich nicht die Nummer Eins im Ganovengeschäft. Der Gangangriff der Unterwelt auf den Gefangenentransport, um an die 100 Mio. Dollar zu kommen, verkommt zur teuersten Lachnummer des Filmes. Vielleicht wird gerade hier deutlich, dass eher im TV-Serienmuster gedacht wurde, einen Wochentag später hätte man ältere Handlungsfäden wieder aufnehmen können. Immerhin wird in bester Videospiel-Dramaturgie der Endgegner des Filmes schon zu Beginn vorgestellt. Leider macht es dieser Kniff für den Zuseher schwieriger, eine klare Projektionsfläche für Werte – in diesem Fall »das Böse« – zu entdecken. Zu viele Bösewichte verderben nämlich den (Einheits-)brei.