Großbritannien 2016 · 117 min. · FSK: ab 12 Regie: Danny Boyle Drehbuch: John Hodge Kamera: Anthony Dod Mantle Darsteller: Ewan McGregor, Ewen Bremner, Jonny Lee Miller, Robert Carlyle, Kelly MacDonald u.a. |
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Looks familiar, doesn't it? |
Es lohnt sich auch nach etwas mehr als 20 Jahren immer noch Danny Boyles Trainspotting anzusehen. Zwar wirkt der schwarze Humor und der schmale moralische Grad zwischen Drogengenuss und Drogenabscheu heutzutage bei weitem nicht mehr so innovativ und provokativ wie damals, doch wie ein gut abgehangener Schinken, dessen Fleischqualität in Kern überragend war, hat sich Trainspotting seine Existenz im Amazon Prime Video-Angebot redlich verdient. Mehr noch, als es mit Boyles Fortsetzung T2 Trainspotting nun auch so etwas wie eine Mini-Serie, ein kleines Boyhood, eine fiktionale Variante von Robb Moss ernüchternder Doku THE SAME RIVER TWICE gibt, in der Moss die Freunde wiederaufsucht, die er 25 Jahre zuvor auf einem Raftting-Tripp auf dem Colorado-River getroffen hatte.
Doch anders als bei Moss Freunden, die alle von einem erfüllten, »anderen« Leben träumten und deren Ernüchterung nach 25 Jahren spürbar schmerzt, dürfte klar sein, dass bei Boyle und T2 die Sache anders aussieht. Denn das Leben Jugendlicher im Schottland der 1990er war im Grunde ähnlich desillusionierend wie das der Jugendlichen 2016 in Andrea Arnolds American Honey. Bis auf selbstverständlichen Drogenkonsum und diffuse Wünsche nach familiärer Gruppengeborgenheit gab und gibt es nicht viel und sollte Arnold in 20 Jahren ihren Erzählfaden wieder aufnehmen, dürfte er so aussehen wie in Boyles T2: die Menschen sind gealtert und mit ihnen ihre charakterlichen Schwächen, die aber immer noch stark genug sind, ihr Leben zu bestimmen.
Und da Boyle sich zahlreiche Flashbacks in die Vergangenheit erlaubt, sollte es sogar ohne den ersten Teil möglich sein, den Film und seine tragische Komik zu begreifen. Erstaunlich ist dabei, dass Boyle sogar eine Szene aus der Vergangenheit einspielt, die im ersten Teil nicht inkludiert wurde, in Irvine Welshs literarischer Vorlage aber immerhin den eigentlichen Titel des Films und Francis »Franco« Begbys (Robert Carlyle) moralische Verwahrlosung erklärt.
Doch das ist die Ausnahme, hält sich Boyle an das, was zumindest filmisch gewesen ist. Boyle zeigt mit beißender Ironie, immer noch erfrischend schwarzem Humor und einem Reload der alten Story – die sich lose an Welshs »Trainspotting«-Fortsetzung »Porno« anlehnt – wie Mark »Rent Boy« Renton (Ewan Mcgregor), Daniel »Spud« Murphy (Ewen Bremner), Simon »Sick Boy« Williamson (Johnny Lee Miller) und auch Diane (Kelly Macdonald) wieder zusammentreffen – die einen wie satte Touristen in ihrer eigenen Vergangenheit, die anderen von der eigenen Wiederkehr des ewig Gleichen sichtlich gezeichnet.
Der selbstreferentielle Schwerpunkt von T2 verhindert allerdings auch, dass sich T2 erzählerisch wirklich weiterentwickelt. Zwar versucht Boyle über die Tatsache des Alterungsprozesses aller ehemaliger Protagonisten auch so etwas wie eine aufrichtig tragische Note beizumischen, ohne dabei jedoch das fragile Gleichgewicht einer überzeugenden Tragigkomödie zu erreichen. Und Boyle versucht noch an einem weiteren Rad zu drehen, um bei all den Musikzitaten und Flashbacks nicht ganz in alten Fahrwassern zu ertrinken: dem Personal. Aber die wirklich einzige nennenswerte Erweiterung, Simons Freundin und Geschäftspartnerin Veronika (Anjela Nedyalkova), bringt zwar frischen Wind in die Beziehungen, am Ende unterliegt aber auch sie dem immer wieder beschworenen, etwas aufgesetzten Mantra des Films: »It starts with an opportunity and ends with a betrayal«.
Das ist zwar witzig, komisch und grotesk, aber wirklich weh tut es nicht, wirklich leiden tut trotz Lebensleid in T2 niemand. Denn so sehr die Welt in all den Jahren sich geändert haben mag, die Welt- und Lebenssicht alternder Männer ohne Hoffnung ist sich treu geblieben – braucht es im Leben nicht unbedingt große Träume, an denen man zerbricht, um den Weg ins eigene Grab zu meistern.