USA 2002 · 125 min. · FSK: ab 12 Regie: Gregory Hoblit Drehbuchvorlage: John Katzenbach Drehbuch: Billy Ray, Terry George Kamera: Alar Kivilo Darsteller: Bruce Willis, Colin Farrell, Terrence Dashon, Howard Cole Hauser u.a. |
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Marcel Iures, Colin Farrell und Bruce Willis |
Dies ist kein Kriegsfilm, sondern ein psychologischer Thriller um Zivilcourage und soziale Einordnung, um militärischen Gehorsam und Gerechtigkeit, über die Rangfolge moralischer Güter, und nicht zuletzt um das oft verschwiegene Thema »Rassismus im US-Militär«.
Historisch und örtlich angesiedelt ist Gregory Hoblits Film allerdings in den letzten Monaten des Zweiten Weltkriegs. Zum Auftakt wird man Zeuge, wie Thomas Hart, ein junger, juristisch ausgebildeter
Stabsoffizier im Hinterland der US-Armee im Zuge der Ardennenoffensive im Winter 44/45 in deutsche Kriegsgefangenschaft gerät, und dort unter schwerer Folter militärische Geheimnisse preisgibt. Ein starker atmosphärisch intensiver Beginn, von Alar Kivilos Kamera in hell-graues Einerlei getaucht, ein prekäres Zwischenlicht, das der psychologischen Situation der Hauptfigur bestens entspricht. Zuerst wird man Zeuge einiger Kampfszenen und dem Fluchtversuch eines Zuges
von US-Gefangenen, die wohl vor allem den dramaturgischen Zweck haben, in diesem Rededrama für ein wenig »Action« zu sorgen, und nebenbei Tapferkeit und Widerstandswillen der Amerikaner zu demonstrieren.
An beidem könnten manche Zuschauer nämlich im Folgenden ins Zweifeln geraten. Hart wird in einem Lager in Süddeutschland interniert. Unter den Gefangenen gibt der ranghöchste Offizier McNamara den Ton an. Einmal mehr erlebt man hier wie in Edward Zwicks Ausnahmezustand Bruce Willis überzeugend als zwischen Gut und Böse schillernde Figur, deren moralischer Charakter mehr und mehr fragwürdig
wird, ohne eindeutig durchschaubar zu sein. Hoblit nimmt sich viel Zeit, um das Lagerleben und die innere Hierarchie unter den Gefangenen zu beschreiben. Ganz unten in dieser Hierarchie sind die schwarzen Soldaten der US-Armee angesiedelt, ganz unabhängig davon. Dass es sich um Offiziere handelt, spielt genauso wenig eine Rolle, wie individuelle Tapferkeit. Recht offen, zumindest für einen Mainstream-US-Film werden die Schattenseiten und Abgründe jenseits des offiziell
behaupteten Heroismus beschrieben: Das Tribunal zeigt Korruption und Verrat, zeigt das gegenseitige Mißtrauen und die Rivalitäten unter den Soldaten, er schildert vor allem gewalttätiges und rassistisches Verhalten in einer US-Armee, die zumindest idealtypisch betrachtet die Gleichheit aller zum Ziel ihres Kampfes gegen den deutschen Faschismus gemacht hat. Und der erklärt auch, ohne dabei zu entschuldigen, wie all dies einerseits auf charakterlichen
Zufällen, aber auch auf der Situation des Lagerlebens beruht. All dies ist atmophärisch stimmig, dicht und spannend inszeniert. Viel versprechend.
Demgegenüber wirkt die Zeichnung der deutschen Wachmannschaft, der SS und des deutschen Lagerkommandanten allerdings arg verniedlichend. Hoblit gesteht ihnen zum Teil sogar augenzwinkernde Ironie zu, die angesichts der Ereignisse, die auch sein Film schildert nur unangemessen wirkt – ein Zugeständnis an
Unterhaltungsbedürfnisse, aber fehl am Platz.
Als der schlimmste Rassist unter den weißen US-Soldaten ermordet wird, fällt der Verdacht auf den schwarzen Offizier Scott. Als ihn die SS einfach erschießen will, gelingt es McNamara, den Lagerkommandanten Visser dazu zu überreden, den Gefangenen ein Kriegsgerichtsverfahren gegen Scott zu erlauben. Hart, der zuvor mehrfach gegen Rassismen unter seinen Kameraden eintrat, wird zu seinem Verteidiger ernannt, und der Film verändert sich in ein Court-Room-Drama, das dem Film seinen deutschen Titel gibt. Ungeachtet der historischen Frage, ob ein derartiger amerikanischer Prozeß innerhalb der deutschen Gefangenenschaft überhaupt möglich war, und ob er so möglich war, ist auch die Darstellung Vissers, des deutschen Offiziers fragwürdig: Er wird zur komplexesten und damit interessantesten Figur des Films: ein Mörder aus Nazi-Überzeugung und zugleich klammheimlicher Fan von schwarzer Jazz-Musik, ein Zyniker, der doch mehr als viele Amerikaner an Gerechtigkeit glaubt, und Hart heimlich wichtiges Verteidigungsmaterial zusteckt. Dies schürt ganz gewaltig am abgenudelten Klischee vom kultiviert-snobistischen Nazi, ohne freilich – wie etwa die entsprechende Figur des Amon Göth in Spielbergs Schindlers Liste – deren andere dämonische Seite ausreichend deutlich werden zu lassen. Zudem wird Visser als ehemaliger Jurastudent der US-Uni Yale vorgestellt, an der auch Hart studierte – männerbündische Solidarität unter Universitätsangehörigen überwindet, so behauptet das sogar den Faschismus.
Je länger der Film dauert, um so schwächer wird er. Am Ende entpuppen sich fast alle US-Soldaten, noch die unsympathischsten als aufrechte Charaktere und geradezu fanatische Patrioten, die allein darüber uneins sind, wer als erster den Heldentod sterben darf. Mit solch plumpen Macho-Posen zerstört der Film selbst seine anfängliche Sensibilität, verwandelt sich aus einem differenzierten, abgewogenen und interessanten Drama in ein simplifizierendes und insofern ideologisches Pamphlet.