Deutschland 1997 · 89 min. · FSK: ab 12 Regie: Elfi Mikesch Drehbuch: Elfi Mikesch Kamera: Elfi Mikesch Schnitt: Heide Breitel |
Torsten Engelholz (31) ist eine Art moderner Kaspar Hauser. Mitten in Berlin ist er in einer dunklen Besenkammer aufgewachsen. »Acht Jahre lang habe ich in der Dunkelheit vegetiert, meine Kindheit war die wahre Hölle.« Seine Eltern behandelten ihn wie ein Tier. Wenn er sich erbrach, mußte er das Erbrochene aufessen. Aus Angst, zur Toilette zu gehen, trank er seinen eigenen Urin. An positives kann ich mich nicht erinnern, erzählt Torsten. Mit acht Jahren kam er in ein psychiatrisches Kinderheim. Dort ging das Martyrium weiter. Er wurde vergewaltigt, er weinte ständig, weil ihn seine Eltern nicht besuchten. Seine Mutter versprach ihm, er dürfe wieder nach Hause, aber das waren nur leere Versprechungen. »Da habe ich den Glauben an die Menschen verloren.« Mit der Hilfe von verständnisvollen Betreuern ist es Torsten gelungen, trotz dieser schaurigen Kindheit, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Er hat eine eigene Wohnung, spielt zusammen mit anderen Behinderten Theater, malt farbenfrohe Bilder, und geht seiner großen Leidenschaft nach: U-Bahnfahren.
Elfi Mikesch ist es gelungen, das Porträt eines geistig Behinderten zu zeichnen, ohne ins Genre des betulichen Problemfilms abzugleiten. Torstens dunkle Vergangenheit wird nur am Rande in die Geschichte eingeflochten, in der ein lebensfroher, witziger junger Mann die Hauptrolle spielt. Torsten überrascht immer wieder durch die Originalität seines Denkens und durch seinen Optimismus: Seine Probleme können seiner ungebrochenen Lebensfreude nichts anhaben. Er hat sich vorgenommen, bis zum Jahr 2075 zu leben. Obwohl er oft mit Vorurteilen konfrontiert wird. Sein Kommentar dazu: »Wer sich lustig macht über Behinderte, ist selbst behindert, weil er nicht weiß, was ein Behinderter alles kann.«