USA/GB 1997 · 103 min. · FSK: ab 12 Regie: William Nicholson Drehbuch: William Nicholson Kamera: Nic Morris Darsteller: Sophie Marceau, Stephen Dillane, Kevin Anderson, Lia Williams u.a. |
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Drehbuchautoren sind beim Film die Deppen. Man haßt sie, nimmt sie nicht ernst, streicht und verändert permanent in ihrem Script herum, und streitet sich noch mit ihnen darüber, in welcher Form sie im Nachspann auftauchen. Sie schauen in der Regel mißmutig, haben Magengeschwüre und sterben früh.
Es sei denn, sie drehen den Spieß um, und machen selber Filme. Ha, da können sie es mal so richtig beweisen, die Autoren-Sau rauslassen, und alles richtig machen. Was unter solchen
Vorausetzungen entsteht, sind dann langatmige, dialoglastige Filme, die keiner sehen will.
Ein Glück, daß William Nicholson zwar Drehbuchautor ist, aber offenbar schon immer ein klammheimlicher Regisseur war. Denn Firelight, (für dessen deutschen Schwachsinnstitel Verborgenes Feuer man ihn nicht verantwortlich machen darf) ist, das gleich vorweg, ein sehenswerter Film.
Dabei fürchtet man bei dieser Story, die im 19.Jahrhundert spielt, ohne daß diesmal ein Roman zugrundeliegt, Konventionelles: Wieder eine starke
Frau, die um ihre Rechte kämpft, in bekannt frauenfeindlicher Gesellschaft. Es geht um Elisabeth, eine junge Arme, die von einem Landadeligen, dessen Frau als lebende Tote vor sich hinvegetiert, als Gebärmaschiene benutzt wird: »Keiner von uns ist zum Vergnügen hier, also kann das, was wir tun, nicht ganz falsch sein.« Und sie schließt die Augen, und denkt an England. Ihr Kind bekommt sie nach der Geburt nie zu Gesicht. Eines Tages wird sie zehn Jahre später wider alle Logik
Gouvernante bei ihrer Tochter, bringt die Störrische auf den rechten Weg, und das zarte Liebespflänzlein, das in jenen drei zwanghaften Zeugungsnächten einst gesät wurde, gedeiht üppig. Zugegeben, das klingt schlimm, und ist auch tatsächlich satte Kolportage mit einem Hauch von Melo.
Aber, aber: Das Wie ist entscheidend, die zarte Differenz: Firelight ist gefühlvoll, aber nie kitschig. Sparsam, angenehm bescheiden, filmt und erzählt Nicholson. Er läßt sich Zeit, erzählt gemächlich, aber nie langweilig. Verwaschene Aufnahmen erzeugen manchmal geradezu abstrakte Bilder. Sein 19.Jahrhundert hat gedeckte Farben, fast schwarz-weiß, ist grau, kalt und düster, ohne alle Ang Lee-Sinnlichkeit, die nur in ironischer Anspielung Schafherde-
auftaucht.
Und die Charaktere dieser Story über zunehmend verarmenden Landadel, mit einem Hauch von Untergang des Hauses Usher sind durchweg glaubwürdig. Was am meisten erstaunt, ist die hervorragende Performance von Sophie Marceau. Sie steht im Mittelpunkt, und hier merkt man endlich, daß sie tatsächlich einfach eine richtig gute Schauspielerin ist. (Obwohl sie sich natürlich auch in jedem ihrer Filme mindestens einmal ausziehen muß, und stöhnen. Aber sie stöhnt halt auch
so schön). Wer den Film in Englisch hört, wird entzückt sein von Sophies Franglais.
Und zeitgemäß ist das alles auch noch: Denn die eigentliche Geschichte ist die vom Untergang des alten Europa. Aristokratische Tugenden zählen genausowenig wie bürgerliche Buchhalterei in Moralfragen. Die Wahrheit sagt der amerikanische Gast: »Die Zukunft hängt von uns ab«.
London 1837. Der Aristrokrat Godwin (Stephen Dillane) wünscht sich ein Kind für sein Erbe. Da seine Frau seit einem Unfall gelähmt ist, läßt er sich mit der Gouvernante Elisabeth (wundervoll: Sophie Marceau)auf ein delikates Geschäft ein: sie soll ihm unter strengster Geheimhaltung ein Kind gebären, wofür er die Schulden ihres Vaters tilgt. Was zunächst als geschäftliche Beziehung beginnt, entwickelt sich rasch zu einer Beziehung, die aber keinerlei Zukunft haben kann.
Den Schmerz der Trennung und den Verlust des Kindes mit sich herumtragend, vergehen sieben Jahre, bis sich Elisabeth entschließt, ihr Kind aufzusuchen. Sie nimmt eine Stelle als Erzieherin für die schwierige Louisa an, der sie sich allerdings nicht als Mutter offenbaren darf. Dort trifft sie wieder auf Godwin und ihre Gefühle für einander entflammen erneut, doch so einfach ist die Situation nicht, drohende Verarmung und das Verlangen anderer Personen steht zwischen den beiden...
Der englische Debütant Nicholson, der bisher nur als Drehbuchautor u.a. für Shadowlands und Nell gearbeitet hatte, erzählt hier ein feinfühliges Drama zur Mitte des letzten Jahrhunderts. Firelight schwelgt voller Schwermut in seinen Bildern, die wie eine Sammlung melancholischer Gemälde eines Romantikers aussehen. Dennoch stockt der
Handlungsfluß nicht und liefert immer wieder noch schönere, noch anmutigere Eindrücke, die in einem malerischen Scope dargeboten werden.
Filigrane Oberflächen und sensible Farben, die von tragende-schwerer Musik untermalt sind, stehen weit mehr im Vordergrund als eine extravagante Kostümaufbietung, die sich an der Zeitgeschichte orientiert.
Selten wurden so tiefgreifende Emotionen freigelegt, wie sie Sophie Marceau und Stephen Dillane in diesem stillem Liebesfilm mit ihrem Spiel zu transportieren verstehen – kleine Gesten, romantsiche Augenblicke sorgen für ihre angemessene Wirkung. Sie schlagen beim Betrachter eine Saite an, die sehrwohl zum Taschentuchgebrauch anregt und sich somit jedem, der auf Ergeifendes steht, von selber empfehlen.
Besonders der Unterschied der kargen Winterlandschaft im britischen Sussex zu den wärmenden Farben des Feuers verleihen Firelight einen nahezu mystischen Märcheneindruck, den Marceau in der titelgebenden Szene unterstreicht: Vor dem alleinigen Schein des Kaminfeuers in einem Raum sei die Mitteilung aller Gefühlsnuancen erlaubt. Gerade der wolkenverhangene Himmel voller frostiger Einsamkeit verlangt danach, von emotionaler Wärme abgelöst zu werden. Und daß dieser Wunsch in Erfüllung geht, ist neben den Darstellern auch der elegant zurückhaltenden Regie zu verdanken, die genug Spielraum zur vollen Entfaltung der unterdrückten Liebesgeschichte bietet.