USA/GB 2025 · 95 min. · FSK: ab 12 Regie: Alex Garland, Ray Mendoza Drehbuch: Ray Mendoza, Alex Garland Kamera: David J. Thompson Darsteller: Joseph Quinn, Noah Centineo, Will Poulter, D'Pharaoh Woon-A-Tai, Cosmo Jarvis u.a. |
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Konzentrierte Arbeit... | ||
(Foto: Leonine) |
Über den Krieg filmisch zu erzählen ist natürlich eine der Königsdisziplinen des Kinos, sei es der Erste Weltkrieg, der Zweite Weltkrieg, Korea, Vietnam, Somalia oder der Irak, jeder Krieg hat seine Filme, seien es Meisterwerke oder B- und C-Filme. Und jeder Kriegs-Film hat natürlich seine Geschichte, sein Narrativ – mal dem Kriegsgeschehen und dem Überleben gewidmet wie vor drei Jahren der deutsche Oscar-Gewinner Im Westen nichts Neues oder auf den Krieg in den Köpfen fokussiert, den Krieg vor und nach dem Krieg, so wie ein weiterer Oscar-Gewinner und einer der besten Filme aller Zeiten, Michael Cimino und sein The Deer Hunter (1978).
Weiter von Ciminos Meisterwerk über den Vietnamkrieg könnte Alex Garlands Warfare allerdings nicht sein. Erzählt Cimino in epischen Bilder von der Zeit vor und der Zeit nach dem Krieg und zeigt den Krieg selbst nur in einer knappen halben Stunde (von 184 Minuten), gibt es bei Garland kein vor und kein danach, sondern so etwas wie den Kriegsfilm als »No-Frills«-Projekt, als Kammerspiel. Denn was Garland in gerade mal 95 Minuten zeigt, ist nichts als der pure Krieg.
Und zwar der pure Krieg am 19. November 2006 im Irak. Um einen Stadtteil in einem umkämpften Gebiet zu sichern, besetzt ein Platoon der Navy Seals ein Wohnhaus. Anfänglich muss nur observiert werden, doch die Situation im von Al-Qaida dominierten Feindesland eskaliert schnell und heftig, so dass es bald nur noch um einen Rückzug ohne allzu große Verluste geht. Bei diesem Tag und den größtenteils in Echtzeit gedrehten Sequenzen bleibt es. Wir erleben die Angst, die Überraschung, den Schmerz und den Tod; wir hören eine hyperreale, durch geplatzte Trommelfelle ausgelöste Stille und andere markante Wechsel wie die filmische Abstraktion der Drohnenflüge, die im krassen Wechsel zu der Realität auf dem Boden steht. Wir hören Codes, die für Nichtbeteiligte völlig nichtssagend sind, Show-Off-Flüge, die genau das und nicht mehr sind.
Wir wohnen in unseren Kinosesseln einer sachlichen Angelegenheit bei. Krieg als Arbeit. Es gibt nicht ein ideologisch geprägtes Wort, kein Narrativ über den Feind oder den Freund, kein Reflektieren über die Nation oder den Soldaten, das Ich, Familie oder Zweifel. Nur die Angst und der Angstschweiß sind da. Aber das gehört zur Arbeit, die hier verrichtet wird. Und als ob es wirklich nichts anderes als eine ganz normale Arbeit ist, sehen wir nach der Arbeit die eine Seite in ihre sichere Zone fahren und die andere Seite schlendernd aus ihren Verstecken kommen. Auch das ohne große Freude, sondern in einem Zustand der Erschöpfung, so geht nach getaner Arbeit auch die Gegenseite nach Hause.
Dieses Szenario hat durch die engen Räumlichkeiten und die begrenzte Gruppe etwas von einem Kammerspiel, doch eines, das die Hyperrealität nicht beschwört, sondern konsequent in den Raum stellt, eine Realität, die für Alex Garland sicherlich erst durch die Zusammenarbeit bei Regie und Drehbuch mit dem Irak-Kriegsveteranen Ray Mendoza ermöglicht wurde. Eine Zusammenarbeit, die übrigens bereits in Garlands großartigem Vorgängerfilm Civil War begann, bei dem Mendoza als militärischer Berater fungierte.
Doch erzählt Civil War von viel mehr als nur vom Krieg und dem Ende eines Landes, den USA, so wie sie wir heute noch kennen, erzählt Civil War auch von Wahrheit, Film und Fotografie, bleibt dies bei Warfare alles außen vor.
Dennoch ist auch Warfare ein beeindruckender, dichter Film, dessen einziger Subtext aktueller nicht sein könnte. Denn bei allen Kriegen, die um unsere nicht mehr ganz so sichere Festung Europa gerade geführt werden, zeigt uns Garland, wie die Mechanik hinter all der aufgesetzten Moral und den irren Autokraten und slicken Präsidenten aussieht. Er zeigt aber auch, dass das Ganze nicht viel mehr als ein Job wie jeder andere ist.Ein grausamer Job, keine Frage, aber ein Job. Mehr noch wird das deutlich, als im Abspann die wahren Soldaten, jene die überlebt haben, vor der Kamera stehen und an dem Ort reden und lachen, an dem sie vor fast zwanzig Jahren fast gestorben sind. Diese Momente machen den Alltag, der Krieg immer auch ist, noch einmal präsenter. Dabei wird Garlands Film dann auch zum ersten Mal ambivalent. Denn es wird nicht nur klar, dass jeder Krieg auch ein Ende hat, sondern dass in jedem Ende stets auch ein neuer Anfang wohnt.