USA 2000 · 105 min. · FSK: ab 16 Regie: John Frankenheimer Drehbuch: Ehren Kruger Kamera: Alan Caso Darsteller: Ben Affleck, Charlize Theron, Gary Sinise, James Frain u.a. |
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Ben Affleck als Weihnachtsmann |
Am Anfang steht die Bescherung: Ein Weihnachtsmann nach dem anderen liegt in putziger roter Verkleidung im frischen Schnee – ein jeder in unterschiedlicher Weise grausam verstümmelt, und offensichtlich alle tot. Ein Schnitt folgt: 6 Tage früher.
Im Grunde geht es Regisseur John Frankenheimer in den folgenden 90 Minuten ausschließlich darum, dieses Anfangsbild wiederherzustellen – das heißt zu erklären, wie es dazu kam, zugleich aber auch, die stumme Intensität dieses ersten Eindrucks wieder einzuholen. Wild Christmas, wie sein neuer Film unverständlicherweise in Deutschland heißt – der Originaltitel Reindeer Games (Rentier-Spiele) war dem Verleih offenbar
zu subtil –, ist ein zunächst gradliniger Thriller, der sich zunehmend als komplexes Vexierspiel im Film Noir Stil entpuppt.
Dass so etwas auch in weißer Winterkulisse hervorragend funktionieren kann, bewiesen Filme wie Fargo oder A Simple Plan. Dort wirkt der Schnee bedrohlich, geisterhaft,
verwandelt den Raum von einer Umgebung in einen eigenen Akteur, der ins Geschehen eingreift, einen eigenen Charakter entwickelt. In Wild Christmas ist das alles anders.
Kurz vor Weihnachten wird Rudy (Ben Afleck) aus dem Gefängnis entlassen. Vor dem Tor trifft er Ashley (Charlize Theron), die Brieffreundin seines toten Zellengenossen Nick. Fasziniert von dem hübschen Mädchen gibt sich Rudy für Nick aus, und verbringt mit ihr eine Nacht. Doch schnell kippt das Glück, aus dem Nichts taucht Ashleys brutaler Bruder Gabriel (Gary Sinise) auf. Mit einer Gruppe von Gangstern will er an Heiligabend ein Spielcasino überfallen, das vermeintliche Insiderwissen des ehemaligen Wachmanns soll dabei helfen.
Die arg konstruierte, im Folgenden durch mehr oder weniger unwahrscheinliche Zufälle vorangetriebene Geschichte hängt vor allem an der Verwechslung von Rudy und Nick und an der dubiosen Rolle Ashleys. Charlize Theron spielt diese Provinz-Femme-Fatale mit der nötigen Dosis Vulgarität, ihr Auftritt lohnt den Besuch des Films mehr als jeder andere Schauspieler. Zudem bemüht sich Frankenheimer um den Charme älterer Gangsterfilme, und füllt Wild Christmas mit Anspielungen auf sein früheres Werk: die Gefängnisszenen zu Beginn erinnern an The Birdman of Alcatraz, die Vorbereitungen auf die Überfall karikieren Ronin. Doch all das genügt genauso wenig wie Frankenheimers unbestrittenes Stilgefühl und die Poesie der weißen Schneelandschaft, um Wild Christmas zu einem guten Film zu machen. Zu dünn ist das Drehbuch, zu vieles wirkt unglaubwürdig. Und die »überraschenden« Wendungen am Schluß ziehen der Story endgültig allen Boden weg.