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Coming Apart |
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Als das Private öffentlich wurde | ||
(Foto: Gemini Films) |
Labor der Emotionen
Man stelle sich eine Folge »Versteckte Kamera« vor, arrangiert von Andy Warhol: dann bekommt man einen ersten Eindruck von Ginsbergs film maudit aus den späten 60er Jahren. Und dieser Vergleich hat durchaus seine Berechtigung, hat Ginsberg doch in den 60ern als Cutter bei der TV-Reihe »Candid Camera« sowie bei den Maysles Brothers, bekannsten Vertretern des amerikanischen cinéma vérité, gearbeitet.
COMING APART wirkt heute wie ein grandioses Museum der Sixties, als Aids noch lange kein Thema war und das Medium noch cool genannt wurde. Der Film erscheint wie die Erinnerung an eine Zeit, die wirklich war, progressiv und waghalsig.
Es geht um Sex und Politik in Ginsbergs persönlichem Film, es geht um Selbstanalyse und Selbstzerfleischung, um das Filmemachen und die Wahrheit. Antonioni und Cassavetes, Freud und Hitchcock stehen Pate für eine filmische Versuchsanordnung. Ein Playboy-Psychiater hat in seinem New Yorker Appartement eine versteckte Kamera installiert. Sie zeigt uns eine große Couch und einen riesigen Spiegel dahinter, in dem ein großer Teil der Wohnung reflektiert wird. Zu einem bizarren Labor der Emotionen, zu einem Workshop für Geschlechterrollen wird dieser Bildraum, wenn der Psychiater Frauen empfängt, Patientinnen, Bekannte und Ex-Ehefrauen. Die Frauen – darunter eine masochistische Nymphomanin, eine Wahlhelferin von Eugene McCarthy und eine verzweifelt-aggressive Geliebte – kommen in typischer Sixties-Wechselstimmung teils wie Playboy-Bunnies daher, teils wie die männerfressenden Schwestern von Valerie Solanas.
Der legendäre Rip Torn, der bis heute zwischen Hollywood und dem Independent-Kino pendelt, spielt den Psychiater: als einen zerrissenen Mann, gewalttätig und verletzlich zugleich, die Freuden und Ängste der Promiskuität voll auslebend. Zu seinen Partnerinnen gehören der Underground-Star Sally Kirkland und die ehemalige Hollywood-Aktrice Viveca Lindfors.
Die Artechock-Redaktion
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